0424 - Verpfiffen und mit Blei bezahlt
können.«
»Und ich starre mir die Augen aus, ohne etwas zu erkennen. Die nächste Brücke jetzt.«
Ich schloss die Augen und dachte nach.
»Wir sind jetzt unter dem Garden State Highway«, meldete Phil. »Kaum noch Betrieb. Der Fahrplan stimmt haargenau. In dreieinhalb Meilen macht die Strecke den scharfen Knick. Ben nimmt jetzt schon Geschwindigkeit weg, weil die scharfe Kurve nicht so schnell durchfahren werden darf.«
Ich spürte ganz deutlich, wie der Zug langsamer fuhr. Plötzlich lief es mir siedendheiß über den Rücken.
Die Kurve!
Wenn Larry einen Überfall auf den Postzug plante, kannte er die Strecke wie im Schlaf. Er hatte bestimmt auf allen Brücken gestanden und die Uhrzeiten kontrolliert.
In der Kurve verlangsamte der Zug seine Geschwindigkeit erheblich. Da bot sich die ideale Chance.
»Halt die Augen auf, Phil. In der Kurve haben die Gangster die beste Chance.«
»Manchmal glaube ich, wir haben falsch kombiniert, Jerry«, sagte Phil leise.
»Mir wäre es ganz lieb, wenn unsere Kombinationen über Larry und das Verschwinden von Miss Purdy nicht stimmten und wir eine Spazierfahrt nach…«
Weiter kam mein Freund nicht. Eine Explosion verschlang seine Worte.
Der Zug wurde wie von einer Geisterhand geschüttelt. Ich rechnete jeden Augenblick damit, dass wir aus den Schienen sprangen.
Die Druckwelle war aber nicht stark genug. Sogar die blinden Scheiben unseres rollenden Gefängnisses hielten ihr stand.
»Hallo, Phil!«, brüllte ich in den Hörer.
Zwei Sekunden lang keine Antwort. Ich hörte nur das Quietschen der Bremsen.
»Hallo, Phil!«, brüllte ich ein zweites Mal.
Fuhren wir überhaupt noch oder rollten wir auf der leicht abschüssigen Strecke ohne Lok weiter, genau in die Arme der Gangster? Ich hatte jedes Gefühl für Geschwindigkeit verloren.
Endlich meldete sich mein Freund.
»Jerry, verdammt, die Burschen haben die Brücke… Nein, die Brücke steht noch. Sie haben die Schienen gesprengt.«
»Weiterfahren, auf keinen Fall hier stehen bleiben«, schrie ich.
»Wie viel Yards sind es noch bis zur Brücke?«
»Wir sind bereits in der Kurve. Noch zweihundert Yards.«
»Was siehst du sonst noch?«
»Nichts.«
»Was ist mit dem Bahndamm?«
»Die Schienen stehen hoch. Ich sehe es ganz deutlich im Licht der Lokscheinwerfer. Jetzt steht ein Mann auf den Gleisen und schwenkt eine rote Lampe.«
»Also doch die Kurve. Verlier nicht die Nerven, Phil. Ben soll so bremsen, dass er erst kurz vor dem Mann zum Stehen kommt.«
Ich hörte, wie Phil meinen Befehl an den Lokführer weitergab. Wieder zogen sich die Bremsen quietschend an. Sie schienen sich an die Radfelgen zu fressen. Die Bahnstrecke musste starkes Gefälle haben.
Es war ein unangenehmes Gefühl. Nur wenige Yards von uns entfernt standen die Gangster, und wir durften nichts unternehmen.
»Was ist los?«, brüllte der Lokführer durchs geöffnete Fenster.
»Die Strecke ist unterbrochen«, antwortete eine junge Stimme.
»Sie müssen anhalten und aussteigen.«
»Wieso aussteigen?«, brüllte Ben zurück.
»Weil die Gefahr besteht, dass noch weitere Ladungen hochgehen.«
»Wer bist du überhaupt?«
»Ich mache die Streckenkontrollen«, erwiderte der andere, »ein bisschen schnell, ehe etwas passiert.«
»Was soll schon passieren«, erwiderte Ben, »ich steige nicht gern aus.«
»Dann werden wir dir Beine machen«, hörte ich plötzlich eine raue Männerstimme. Die Tür der Lok wurde aufgerissen.
»Hände hoch!«, bellte die Stimme, »und keine falsche Bewegung, sonst gibt es Tote, verstanden?«
An den Geräuschen hörte ich, wie die Gangster zufassten und den Lokführer und Phil vom Fahrerstand herunterzerrten.
Die weitere Unterhaltung spielte sich unmittelbar vor der offenen Loktür ab, sodass ich genau verstehen konnte, wie das Frage- und Antwortspiel lief.
»In welchem Wagen befinden sich die Bucks?«, fragte die heisere Stimme.
»Welche Bucks?«, fragte Phil scheinbar erstaunt.
»Frag nicht so dumm. Ich werd es dir sagen. Diese Lady hat es uns verraten. Die Bucks befinden sich im zweiten Wagen, stimmt es?«
Die Gangster hatten Miss Purdy also mitgeschleppt. Das machte unsere Situation nicht einfacher.
»Ja, im zweiten Wagen«, gab Phil zu.
»Los, rück die Schlüssel heraus!«, bellte der Gangster, »wir wissen genau, dass die Waggons nur von außen zu öffnen sind und dass der zweite Mann vom Fahrpersonal die Schlüssel in der Tasche hat.«
Phil musste die Schlüssel herausgerückt haben, denn der
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