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0426 - Palast der Schattenwürger

0426 - Palast der Schattenwürger

Titel: 0426 - Palast der Schattenwürger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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Feuer. Auf der Platte stand ein Wasserkessel. Die drei Grazien, die ich schon als Skelette gesehen hatte, umschwebten den, der vor dem Tisch auf einem Thron aus Kissen saß und es sich gutgehen ließ.
    Es war Selim!
    Ein Schatten und doch ein Mensch!
    Er wirkte sehr breit, seine Umrisse blieben nie klar. Ich sah sehr deutlich die blauen Augen, die kalt auf mich gerichtet waren.
    Die Mädchen brachten ihm Obst und Getränke. Sie bewegten sich lautlos, als wären sie selbst nur Schatten.
    Ich war stehengeblieben und nahm die Szene, die mir so unwirklich vorkam, auf. Sie war Realität, kein Märchen, und ich spürte deutlich die böse Aura, die mich traf, denn das vor meiner Brust hängende Kreuz nahm eine andere Farbe an.
    Das Silber bekam Schatten…
    Wurde es manipuliert?
    Daran wollte ich nicht glauben, denn die Magie war zwar sehr mächtig, aber das Kreuz stand dagegen. Beide Kräfte taten sich praktisch nichts.
    Eine andere Sorge blieb.
    Max Culver war verschwunden!
    Sosehr ich auch die Umgebung erforschte, ich konnte von ihm keine Spur entdecken.
    Der Marabut fühlte sich als der Herr im Hause. Er wurde auch weiterhin bedient, doch er aß und trank nichts. Als Schatten war dies auch schlecht möglich, so blieb er hocken und hielt seinen Blick direkt auf mich gerichtet.
    »Komm näher…«
    Die Stimme war ein einziger Hall, als hätte jemand gegen einen Gong geschlagen.
    Ich dachte daran, daß Angriff oft die beste Verteidigung ist, und schritt auf ihn zu.
    Der Tisch rückte näher.
    Wahre Obstberge türmten sich auf der Platte. Sie sahen aus wie ein Gemälde. Man bekam Hunger beim Zuschauen.
    Selim gab sich jovial. Wenn er sich bewegte, zitterte der Schatten mit. Er deutete auf den Tisch, während seine drei Grazien im Hintergrund warteten.
    Ich hatte immer stärker das Gefühl, ein Darsteller in einem miesen Film zu sein. Leider war es nicht so, ich steckte in der Realität und vernahm auch seine Worte.
    »Ich habe mich entschlossen, dir das Gastrecht anzubieten. Bitte, nimm Platz und iß.«
    »Ich verzichte!«
    Die Augen wurden für einen Moment noch kälter. »Du weist mich tatsächlich zurück?«
    »Mit Mördern speise ich nicht.«
    »Ich sehe es anders. Mörder, das gibt es nicht. Wir alle haben unsere Aufgabe zu erfüllen. Du stehst auf der anderen Seite, ich gehöre ebenfalls nicht mehr zur Hölle, sondern schwebe dazwischen. Ich fülle mein Reich aus, ich folge einem alten Zauber, der mich als Erben eingesetzt hat. Ich besitze die Flöte und kann die Schatten tanzen lassen. Alles, was du hier siehst, sind Schatten.«
    »Und mein Begleiter?« fragte ich.
    »Willst du ihn sehen?«
    »Ja.«
    »Moment.«
    Er bewegte sich abermals, und ich sah wieder die geheimnisvolle Flöte, die plötzlich in die Höhe stieg. Schattenhafte Hände griffen zu und hielten sie fest.
    Einen Augenblick später erklang die Melodie. Völlig anders, als ich sie beim erstenmal vernommen hatte.
    Befehlender, härter…
    Und ich hörte Schritte.
    Den Kopf mußte ich nach links drehen, denn dort erschien die Gestalt aus dem Dunkel.
    Sie trat in den Lichtschein, ich sah sie deutlicher, und mir fiel ein Stein vom Herzen.
    Max Culver stand vor mir!
    ***
    Er ging noch zwei Schritte, knipste sein Grinsen an und nickte mir zu.
    »Hi, John.«
    Ich blickte auf Selim, dann auf Max. Irgend etwas stimmte nicht. Einen Beweis für meine Theorie hatte ich nicht, aber Culver kam mir verändert vor.
    War es das Gesicht? Nein, auch nicht die Augen. Nach wie vor blickten sie ziemlich kühl. Das änderte sich auch nicht, wenn er lächelte. Plötzlich wußte ich Bescheid.
    Es war die Haltung.
    Sie hatte sich verändert. Culver war nicht mehr so locker, er stand steifer, gleichzeitig gespannter und auch lauernder, als würde er einen Befehl erwarten.
    Selim kontrollierte ihn, und er hatte ihn nicht zu einem Schatten werden lassen.
    Weshalb?
    Ich holte durch die Nase Luft. Da ich nun Bescheid wußte, fühlte ich mich auch besser und sprach ihn an, wobei ich versuchte, meiner Stimme einen neutralen Klang zu geben.
    »Hallo, Max!«
    »Ich finde es gut, John, daß auch du gekommen bist. Hast du dich endlich aufgerafft?«
    »Wozu?«
    »Hier bei uns zu bleiben?«
    Das waren völlig neue Töne. Ich lachte ihn an. »Sorry, Max, aber wie käme ich dazu, mein Leben in diesem Palast zu fristen?«
    Culver überlegte.
    Dafür mischte sich Selim ein. »Er will nicht mein treuer Diener sein. Denke daran, daß ich dir das Leben gerettet habe. Du hättest auch ein Schatten

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