0430 - Die Hexe mit der blauen Kobra

plätscherte.
    Danach war alles wieder still.
    Ich tastete mich schnell zum Eingang des Schuppens, wo sich der Lichtschalter befand. Ich fand ihn und drehte den Porzellanknebel herum.
    Die Lampe flammte auf.
    Toff Golson war verschwunden.
    ***
    »Was ist los?« hörte ich Sandra Golson rufen. Sie tauchte vor dem Werftschuppen auf. »Ich hörte einen Schuß, Mr. Cotton.«
    Hinter ihr erschien einer von Rodgers Männern.
    Ich starrte nachdenklich auf die Stelle, wo Toff Golson eben noch gestanden hatte. Dann blickte ich in den Stichkanal, dessen Wasserspiegel schwarz, glatt und ruhig war.
    Für Sekunden glaubte ich, einen Traum gehabt zu haben. Im Wasser war nichts zu sehen.
    »Was war los?« rief der Kollege von der Mordkommission.
    Jetzt kam Rodgers.
    »Bill«, sagte ich, »ich verstehe es nicht. Eben stand Golson noch da, dann fiel ein Schuß, das Licht ging aus, eine Gestalt flog durch die Luft, Wasser plätscherte, und als es wieder hell wurde, war Golson verschwunden.« Ich sah zu Sandra hinüber. Sie sah ängstlich aus.
    »Jemand hat ihn erschossen«, sagte sie leise.
    Wir liefen zum Ende des Schuppens, wo lange Bootshaken an der Wand hingen. Rodgers, unser Kollege und ich griffen die Stangen, teilten uns auf und suchten Stück für Stück den Stichkanal ab. Er war etwa acht Fuß tief. Rodgers machte sich sogar die Mühe und stocherte noch an der Betonmauer des Hafens herum, doch auch dort hatte er keinen Erfolg.
    »Er muß aber in dem Kanal liegen«, knurrte Bill. »Noch einmal dasselbe«, sagte ich, »diesmal in umgekehrter Richtung.«
    Wir suchten sorgfältiger als beim ersten Durchgang.
    Aber Toff Golson blieb verschwunden.
    ***
    Rodgers hing die Bootsstange an den Wandhaken zurück. »Noch eine Arbeit mehr«, brummte er und starrte nachdenklich auf die schwarze Wasserfläche.
    »Wir müssen hundertprozentige Gewißheit über Golsons Schicksal haben«, sagte ich.
    »Wie?«
    »Den Kanal leerpumpen. Komm mit, ich habe vorhin etwas entdeckt.«
    Wir gingen zum Eingang des Werftschuppens. Ich sah mich um und suchte nach Sandra Golson. Sie war nicht mehr zu sehen. Ich traute mir zu, auch ohne sie klarzukommen. Vielleicht konnte sie mir auch sowieso nichts über den Mechanismus sagen, den ich in Gang bringen wollte.
    »Sieh dir das an«, sagte ich zu Bill Rodgers und deutete auf zwei kleine Schleusentore am Anfang des Kanals. »Und dort hinten befindet sich eine Kreiselpumpe. Der Kanal wird auch als Trockendock zur Instandsetzung der Bootsrümpfe verwendet.«
    Wir gingen zu dem schwarzen Schaltkasten. Hinter der Klapptür lagen die mit Schildern markierten elektrischen Schalter. Ich rastete den Hebel mit der Aufschrift »Tore« in die Messingbuchsen ein. Leises Brummen ertönte. Langsam schlossen sich die beiden Schleusentore. Als sie dicht waren, betätigte ich den Hebel für die Pumpe. Der Motor lief an. Die Kreiselpumpe saugte das Wasser aus dem Kanal und spuckte es durch eine unterirdische Röhrenleitung in das Hafenbecken aus.
    Rodgers und ich traten an den Beckenrand und sahen zu, wie sich der Wasserspiegel senkte. Die Pumpe hatte eine große Hubleistung, sie saugte das Becken schnell leer. Die grünlich bemoosten Mauerwände traten immer mehr hervor. Rodgers und ich patrouillierten am Kanal entlang und suchten.
    Ich zupfte Bill am Mantelärmel und sah über das Hafenbecken. Mir fiel etwas ein. »Vielleicht ist er gar nicht angeschossen worden, Bill. Vielleicht ist er ins Wasser gesprungen, bis zum Hafenbecken getaucht und dort seelenruhig an Land gegangen«, sagte ich.
    »Er kann sich doch nicht einfach in Luft aufgelöst haben«, gab Rodgers seinen mißmutigen Kommentar. »Er ist ins Wasser gefallen, also muß er wieder auftauchen oder zumindest zu finden sein.«
    Noch einmal warfen wir einen Blick auf den leeren Kanal.
    Die letzten Liter Wasser wurden aus dem Trockendock befördert. Zurück blieb am Schluß nur ein schmales Rinnsal.
    Der Saugkopf schmatzte und gurgelte.
    Ich lief zum Schaltkasten und stellte die Pumpe ab. Rodgers kam hinter mir her.
    Toff Golson war nicht zu sehen.
    »Die Idee ist nicht schlecht. Dann müßte er aber Spuren hinterlassen haben.«
    »Das ist auch meine Meinung. Los, suchen wir. Du in der Richtung, ich in dieser.« Ich wanderte zu der Seite hinüber, von der aus auf den Chinesen Billy Corner geschossen worden war. Dabei leüchtete ich mit der Lampe den Boden ab.
    Ich stieß auf eine schmale eiserne Treppe, die in die Betonmauer eingelassen war. Sie zeigte deutlich