0431 - Grauen der Lüfte
erreichen, wenn sie das Blut der Lebenden Trank.
Sie war zur Vampirin geworden.
Und Galathea ahnte etwas. Die Priesterin hatte zwar nichts weiter unternommen, aber gewiß dachte sie bereits darüber nach, wie sie Taniquel unschädlich machen konnte. Immerhin standen ihr genug Zaubermittel zur Verfügung, die Adepten mochten ihr dabei behilflich sein - und darüber hinaus gab es die Mönche, die durchaus zu kämpfen verstanden.
Aber vermutlich würden sie Taniquel nur mit Magie bekämpfen können. Denn mit normalen Waffen konnte sie doch nicht mehr getötet werden.
Sie ihrerseits grübelte, ob es eine Möglichkeit gab, das Heer der fliegenden Vampire hierher zu locken. Der Tempel der Ankunft war eine gefährliche Bastion, die zuerst fallen mußte. Solange es den Tempel und die Mönche und den Zauber gab, existierte eine Bedrohung für die Vampir-Ungeheuer, die Taniquel gar nicht mehr als so ungeheuerlich empfand. Sie dachte und fühlte mit ihnen. Sie begann allmählich zu empfinden wie sie. In ihr gab es keine Trauer, kein Bedauern mehr über Watahs Tod. Watah hatte sterben müssen, damit einer der Blutsauger oder gar beide ihren Durst stillen konnten.
Allerdings empfand Taniquel auch kein Bedauern darüber, daß sie die zwei Blutsauger erschlagen hatte. Alle Empfindungen in ihr waren abgestorben, seit ihr Herz nicht mehr schlug. Sie war gleichgültig dem Schicksal anderer gegenüber, so wie es die fügenden Vampire waren.
Sie ahnte lediglich, daß hinter alldem eine Bestimmung stand, daß da etwas war, das befahl und dem sie alle verpflichtet waren. Doch was das war, wußte sie nicht.
Es hatte sie auch nicht zu interessieren…
Und sie sann darüber nach, wie sie Galathea töten und die Macht über den Tempel an sich reißen konnte. Galathea würde nur schwer zu töten sein. Mit ihren seltsamen Sinnen, die ihr das Augenlicht ersetzten, würde sie wissen, daß Taniquel ihr nach dem Leben trachtete, und ihre Gegenmaßnahmen treffen.
Dennoch mußte es einen Weg geben.
***
Der erste der Götter war aus dem Schrein getreten. Galathea spürte seine Anwesenheit. Er war plötzlich einfach da. Er stand vor ihr. Aber seltsamerweise empfand sie in seiner Gegenwart nicht das, was sie erträumt hatte.
Nichts Göttliches war an ihm.
Schon kam der zweite. Und dann der dritte. Doch diesmal war es eine Göttin.
Galathea lag auf den Knien. Sie hatte das Haupt vor den Göttern geneigt. Doch da waren die Zweifel in ihr, die plötzlich übergroß wurden. Waren das wirklich Götter?
Sie versuchte sie zu sehen. Sie brauchte dazu den Kopf nicht zu heben, denn sie sah mit dem Herzen.
Sie waren sehr menschlich, die drei. Sie waren nicht göttlich, aber da war auch etwas in ihnen, das sie anders sein ließ, das sie aus der Menge hervorhob. Da war ein starker Zauber, den sie bei jedem der drei spürte, doch bei jenem, der zuerst aus dem Schrein getreten war, war diese Magie am allerstärksten. Er trug etwas bei sich, das ein starkes Kraftfeld aussandte. Galathea glaubte, von den Strahlen einer Sonne berührt zu werden.
Langsam erhob sie sich. Vor Geschöpfen, die nicht viel Göttliches an sich hatten, brauchte sie nicht im Staub zu liegen.
»Seid willkommen«, sagte sie. »Seid ihr wirklich die, die wir erwartet haben seit undenklicher Zeit?«
»Ich glaube nicht, daß wir es sind«, sagte die Frau. »Denn wir sind Menschen, keine Götter.«
»Woher wißt ihr dann, daß wir die Rückkehr der Götter erwarten hier im Tempel der Ankunft?«
Die Frau lächelte; Galathea hörte es an der Art, wie sie sprach. »Ich las es in deinen Gedanken, weise Priesterin. Verrate uns, wo wir uns befinden.«
»Im Land, im Tempel, hoch über dem Dorf und weit entfernt von den Städten und dem Palast des Königs«, sagte Galathea wahrheitsgemäß. »Woher kommt ihr?«
»Von einer Welt, die man Erde nennt«, sagte der Fremde, der zuerst aus dem Schrein getreten war, wie es eigentlich nur von den Göttern zu erwarten war.
»Erde? Das ist aber ein sehr seltsamer Name«, sagte Galathea.
»Nicht seltsamer als ›Land‹, glaube ich«, erwiderte der Fremde mit der starken Zauberkraft. »Oder hat euer Land noch einen weiteren Namen?«
Jetzt war die Priesterin erstaunt. »Warum sollte es einen anderen Namen haben?«
»Um es von anderen Ländern zu unterscheiden. Auf jeder Welt gibt es viele Länder.«
»Hier nicht«, sagte die Priesterin überzeugt.
Da mischte sich der zweite Mann ein, der bislang noch nicht gesprochen hatte.
»Ich glaube nicht,
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