0432 - Die Rache der Kobra
fragte Zamorra. »Was sollte das alles? Und was habt ihr mit unserem Gefährten angestellt?«
»Mit dem Silberteufel?«
Zamorra blieb dicht vor dem Sauroiden stehen. »Wann endlich begreifst du, daß keiner von uns ein sogenannter Silberteufel ist? Daß wir deren Gegner sind?«
»Ihm ist ein anderes Schicksal zugedacht als euch«, sagte der Echsenmann, ohne auf Zamorras Worte zu achten. »Euch will ich bei eurem Vorhaben helfen, indem ich…«
Nicole kam heran. »Zamorra hat dich gefragt, was mit unserem Gefährten ist!« sagte sie schroff. »Was ist das für ein Schicksal, das ihm zugedacht ist? Von wem? Wer ist dafür verantwortlich? Du, Rarrek?«
»Ich werde euch sagen, wo ihr den Palast der Silberteufel findet«, sagte Rarrek. Er erhob sich von seinem Ruhelager und ging zwischen Zamorra und Nicole hindurch. Mit einer unglaublichen Kraft schob er sie dabei beide zur Seite, um sich Platz zu schaffen. Er ging in den helleren Bereich des Raumes, in dem das Licht des Morgengrauens bereits durch ein Fenster schimmerte. Aber Rarrek setzte eine Öllampe in Brand. Dann breitete er eine große pergamentartige Rolle auf einem Tisch aus. Es handelte sich um eine Landkarte.
Zu Zamorras Überraschung war sie überaus detailliert gezeichnet. Gar nicht so primitiv und barbarisch, wie er es zuerst angenommen hatte. Normalerweise besaßen Kulturen, die sich auf Schwert und Armbrust als Waffen stützten und keine Möglichkeit der Beobachtung aus der Luft besaßen, meist nur recht ungenaues Kartenwerk. Aber hier waren Maßstäbe eingezeichnet, waren Details eingetragen, die ihn verblüfften. Straßen und Wege mit exakten Entfernungsangaben, die sich an keiner Stelle der Karte widersprachen, sogar eine Art Gradmesser-Netz war eingezeichnet.
»Hier sind wir«, sagte Rarrek. »Dort die roten Berge. Wenn ihr Faronar sucht, findet ihr ihre Stadtmauern in jener Ebene. Und der Palast, in dem die Silberteufel hausen, ist dort.« Jedesmal berührte einer seiner Finger mit ausgestreckter Kralle einen Punkt auf der Karte.
Zamorra prägte sich den entsprechenden Abschnitt der Karte so sorgfältig wie möglich ein. Er konnte nicht darauf hoffen, daß der Eschsenmann ihm die Karte mitgeben würde. Jetzt, da er die Fixpunkte gezeigt bekommen hatte, sah er, daß der Palast der Ewigen und die Stadt Faronar relativ nahe beieinander lagen. Kein Wunder, daß Sara Moon des öfteren beim König von Faronar zu Gast war…
»Wer garantiert uns, daß deine Angaben stimmen, Rarrek?« fragte Nicole kühl. »Diese Schriftzeichen können wir nicht lesen. Du kannst uns alles Mögliche erzählen. Vielleicht ist dies gar keine Landkarte, sondern der Bauplan für einen Getreidespeicher.«
»Ihr wollt mir nicht vertrauen«, klagte der Echsenmann. »Wie soll ich euch helfen, wenn ihr euch nicht helfen lassen wollt? Ihr habt keine andere Wahl, als mir zu vertrauen.«
»Das stimmt - leider«, knurrte Zamorra. »Wie lang ist auf dieser Karte eine Tagesreise, wenn man zu Fuß unterwegs ist?«
Der Echsenmann steckte mit zwei Krallen nach kurzem Überlegen eine Strecke ab. »Sofern ihr so schnell geht wie ich und wie die Menschen dieses Dorfes«, erklärte er.
Zamorra nickte. Er hatte auf der Karte jenen Bereich entdeckt, in dem er seinerzeit zusammen mit Wang Lee Chan gewesen war, im Auftrag des Königs von Faronar. [2]
Die Entfernung stimmte, die der Sauroide anzeigte. Für Zamorra der Beweis, daß Rarrek nicht log, denn er konnte von Zamorras damaliger Aktion nichts wissen. Zwar waren zwei Echsenmänner im Königspalast gewesen, und um ein Haar wäre Zamorra ihrer Intrige zum Opfer gefallen. Aber wenn Rarrek Zamorra anhand einer Beschreibung wiedererkannt hätte, wäre das Nicole längst aufgefallen.
Die trat jetzt direkt neben Rarrek und sah ihn durchdringend an. »Und wo befindet sich unser Gefährte jetzt?«
»Vermutlich am Ort seiner Bestimmung«, sagte Rarrek.
»Du hast ihn fortgeschafft?« fragte Zamorra.
»Er hat ihn aus dem Dorf wegbringen lassen«, sagte Nicole. »Er will Ted als Schlüsselfigur in irgend einem Intrigenspiel benutzen, das ich nicht ganz durchschaue. Leider sind seine Gedanken so fremdartig, daß ich sie nur vage deuten kann…«
Sie hatte lateinisch gesprochen, in der Hoffnung, Rarrek könne sie dann nicht verstehen. Aber ihre Hoffnung trog. Das seltsame Phänomen Ash’Cants, das auf unerklärliche Weise dafür sorgte, daß jeder die Sprache jedes anderen verstand, wurde auch mit dieser antiken Sprache
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