0432 - Magico
Ali. Er mußte zweimal schlucken, ging einen halben Schritt zurück und stützte sich an der Wand ab. Die Worte wollten ihm kaum über die Lippen dringen. »Für immer?«
»Nein. Die Zeit wird, so hoffe ich, ziemlich kurz sein.«
Ali fuhr durch sein Haar. »Wo willst du denn hin?«
»Nach London.«
»Zu John und Bill?«
»Und zu Jane - vielleicht.«
»Ist sie nicht mehr da?«
Yakup hatte die Antwort mit einem so ungewöhnlichen Tonfall in der Stimme gegeben, daß Ali stutzte. »Was soll das heißen?« fragte er. »Ist sie wieder weggezogen?«
»Nein, man hat sie entführt!«
Ali schwieg. Er hob nur langsam seinen Arm und preßte den Handballen gegen die Lippen. Dabei blickte er Yakup an, dessen Gesichsausdruck im Schein der Lampe etwas Dämonisches angenommen hatte. Erst nach einer Weile war der Junge wieder in der Lage, einige Worte zu sagen.
»Dann willst du nach London, um sie zu suchen?«
»So istes.«
»Soll ich mitfahren?«
Yakup schüttelte den Kopf. »Du wirst hier im Kloster bei den anderen bleiben. Es ist eine Aufgabe, die ich ganz allein durchführen muß. Dabei kann mir niemand helfen, außerdem ist sie sehr gefährlich.« Er wurde plötzlich gesprächiger. »Suko hat mich nicht ohne Grund angerufen. Er scheint hilflos zu sein. Zudem ist John nicht da, weil er sich um andere Dinge kümmern muß.«
»Dann mußt du fahren.«
»Das denke ich auch.« Yakup verabschiedete sich von seinem Schützling und bat ihn, achtzugeben. Dann ging er in sein spartanisch eingerichtetes Zimmer, um den Koffer zu packen.
Er faßte zahlreiche seiner Kampfwaffen, aber die wichtigste würde er aufsetzen, um durch die Zollkontrollen zu gelangen.
Es war die Krone der Ninja, durch die ein Mensch unsichtbar wurde…
***
Als Suko den Hörer, aufgelegt hatte und seinen Chef Sir James anblickte, sah er in dessen besorgtes Gesicht, und auch seine Frage klang kaum optimistischer. »Glauben Sie, richtig gehandelt zu haben, Suko?«
»Ja.«
»Wird Yakup kommen?«
Der Chinese lächelte. »Ich habe ihn zwar nicht ausdrücklich darum gebeten, aber wie ich ihn kenne, ist er innerhalb kürzester Zeit bei uns. Das muß so sein:«
Sir James hob die Schultern und nahm wieder einen Schluck von seinem kohlensäurefreien Wasser. Diese Marotte besaß er seit Jahren. »Ich kann nicht so recht daran glauben, daß Yakup mehr Erfolg haben soll als wir durch unsere intensiven Bemühungen.«
»Manchmal sind Menschen doch besser als Computer.«
»Man muß sie nur mit den entsprechenden Informationen füttern«, bemerkte der Superintendent.
»Die wir aber nicht haben.«
»Noch nicht.«
Suko schüttelte den Kopf. »Ihre Hoffnung in allen Ehren, Sir, aber ich kann sie einfach nicht teilen.«
»Weshalb nicht?«
»Van Akkeren hat es lange Zeit verstanden, seine dämonischen Aktivitäten zu verbergen, deshalb wird er auch jetzt nicht aus seiner Höhle kommen.«
»Dann müssen wir ihn locken, Suko.«
»Sehr richtig, Sir, aber wie?«
»Das ist Ihre Aufgabe.«
»Oder die eines Yakup Yalcinkaya.«
Der Superintendent gestattete sich ein sparsames Lächeln. »Ich will Ihnen ja nicht hineinreden, Suko, aber ich bin davon nicht so sehr überzeugt.«
»Jeder denkt wohl anders.«
Sir James legte seine Hände aufeinander. »Jedenfalls wünsche ich Ihnen einen Erfolg.«
»Ich mir auch.«
»Haben Sie sonst noch etwas auf dem Herzen?« Sir James gab sich an diesem Tag väterlich.
»Ja, es geht um John.«
Der Alte atmete stöhnend. »Sie kennen seinen eigenen Kopf. Er mußte der Spur des Siegels und seiner Existenz als Richard Löwenherz folgen. Wahrscheinlich befindet er sich noch in Alet-les-Bains.«
»Ich hätte ihn ebenso gut begleiten können.«
»Wer weiß das alles vorher?«
»Aber eine Nachricht haben Sie nicht zwischenzeitlich erhalten -oder?«
»Nein.«
»Das wollte ich nur wissen.« Suko stand auf und verabschiedete sich von seinem Chef.
Er ließ einen sehr nachdenklichen Sir James zurück. Auch Suko war nachdenklich geworden, als er über den Flur schritt. Er dachte über die allgemeine Lage nach, und das Ergebnis war nicht berauschend, wie er selbst zugeben mußte.
Durch die neuen Erkenntnisse, die mit den Templern zusammenhingen, wurde er das Gefühl nicht los, daß es der anderen Seite gelungen war, das Team auseinanderzureißen.
John war in der letzten Zeit zu oft seine eigenen Wege gegangen. Er hatte seine Meinung mit einer Verbissenheit vertreten, die fast schon an Fanatismus grenzte. Diese Entwicklung gefiel dem
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