0432 - Magico
jedoch hatte Yakup zurückstellen müssen, nachdem ihn der Anruf aus London erreicht hatte.
Der Türke war wie in Trance verfallen, als er die Tür öffnete, in den Gang trat und die Treppe zur Klostermauer hochging.
Dort wollte er nachdenken. Niemand störte ihn. Er öffnete eine letzte Tür, mußte über eine Leiter steigen und blieb auf der Mauer stehen, die Hände auf den Sims gelegt.
Er starrte in die Weite der Bergwelt und merkte kaum, daß ein warmer Frühlingswind sein Gesicht umschmeichelte.
Seine Gedanken waren woanders. Bei einer Frau.
Jane Collins hieß sie, und sie hatte noch bis vor kurzem bei ihm im Kloster gewohnt.
Yakup kannte jeden Schritt ihres Lebens- und Leidenswegs. Oft genug hatten sie zusammengesessen und darüber geredet. Er wußte, daß in ihrer Brust ein Kunstherz schlug, und er hatte im Laufe der Zeit mehr als Sympathie für diese Frau empfunden.
Sie mochte ihn auch, aber der Drang, wieder in ihre Heimat zurückzukehren, wurde übermächtig, und so hatte Yakup sie nach London fahren lassen. Es widersprach einfach seiner Mentalität, sich das zu nehmen, was ihm nicht gehörte, oder was ihm der andere nicht freiwillig gab.
Natürlich hatte Jane auch über die Gefahren Bescheid gewußt, die sie in London erwarteten, doch all das konnte sie nicht davon abhalten, wieder nach England zu ziehen.
Einige Wochen waren verstrichen. Yakup hatte bisher nichts von ihr gehört. Sie wollte auch in der ersten Zeit der Umgewöhnung nicht anrufen, doch vor wenigen Minuten war ein Gespräch aus London eingetroffen. Nicht Jane hatte mit Yakup telefoniert, sondern Suko, der Inspektor und Freund John Sinclairs.
Er hatte die Hiobsbotschaft übermittelt!
Deshalb war Yakup so erschreckt gewesen, deshalb mußte er allein sein und nachdenken.
Jane Collins war entführt worden!
Nicht vom Satan, sondern von einer Person, die sich manchmal teufelsgleich gab, aber auf den Namen Vincent van Akkeren hörte und sich ansonsten Baphomet nennen ließ.
Vincent van Akkeren!
Diesen Namen würde Yakup nie mehr vergessen, aber er wußte nicht, wo er anfangen sollte, denn ein van Akkeren war ihm bisher nicht über den Weg gelaufen.
Der gehörte nicht zum Kreis des Dämons Shimada. Er mußte einer anderen Mythologie oder einer anderen Welt entstammen, mit der Yakup bisher noch nicht konfrontiert worden war.
Weshalb hatte Suko angerufen?
Darüber dachte er nach, denn eine Bitte hatte der Chinese nicht an Yakup gerichtet. Er hatte den Türken nur informieren wollen. Dabei hätte er doch wissen müssen, daß Yakup so etwas nicht leicht hinnahm.
Anrufe dieser Art wühlten ihn auf. Erst recht, wenn es um Jane Collins ging. Äußerlich war dem Ninja nichts anzumerken, aber in seinem Innern brodelte ein Vulkan, dessen Feuer bis zu den Augen des Mannes hinstrahlte, die einen düsteren, aber entschlossenen Blick angenommen hatten.
Er wollte und würde diese ruchlose Tat nicht so einfach hinnehmen.
Seine Freunde in London schienen ratlos zu sein. Sukos Anruf mußte schon einen anderen Grund gehabt haben. Es war nicht nur als eine Information gedacht.
Und Yakup hatte sich schon längst entschlossen. Äußerlich zeigte er es durch das Ballen seiner Hände an. Abrupt drehte er sich um. Einen letzten Blick warf er gegen den kalifornischen Frühlingshimmel. Es tat ihm leid, das Kloster schutzlos lassen zu müssen, aber für Jane nahm er viele Opfer auf sich.
Auf dem Weg zurück traf er diejenige Person, die ebenfalls im Kloster lebte und unbedingt Bescheid wissen mußte.
Es war Ali, ein halbwüchsiger Junge. Er war Waise, stammte aus Marokko und war in Yakups Obhut gegeben worden, damit der Ninja ihn aufzog. Er würde ihn für das Leben fit machen und auch für den Kampf gegen schwarzmagische Kräfte, die Ali kennengelernt hatte.
Der Junge war durch die Schulung etwas ernster geworden. Seine unbeschwerte Frische hatte er zum Teil verloren. Vielleicht deshalb, weil er wesentlich mehr über einige Dinge wußte, von denen andere in seinem Alter nicht einmal etwas ahnten.
Dieses Wissen ließ Spuren zurück!
Yakup und Ali waren einander auf der Treppe begegnet, und beide stoppten, als sie sich sahen. In der Nähe leuchtete eine Wandlampe und warf ihren Schein gegen die Gesichter der beiden unterschiedlichen Personen.
Ali sah sofort, daß etwas nicht stimmte. »Dich bedrückt etwas, mein Freund«, sagte er.
»Es stimmt.«
»Darf ich erfahren, was geschehen ist?«
Yakup nickte. »Ich werde euch verlassen.«
Diesmal erschrak
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