0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl
lärmten im Flur, und einige auf volle Lautstärke gedrehte Radios, bemühten sich, teilweise erfolg reich, dagegen anzukommen.
Mr. Burrough öffnete mir. Er war hemdsärmelig und in Hausschuhen. In der Rechten hielt er eine Zeitung. »Der arme, arme Mr. Reading!« sagte er erschüttert und gab mir die Hand, nachdem er die Zeitung in die Linke genommen hatte. »Gerade lese ich, daß man ihn gefunden hat.«
In den Morgenzeitungen stand noch nicht viel. Lediglich eine Kurznotiz darüber, daß man in einem verlassenen Bürogebäude das Opfer eines Mordes gefunden hatte — Mr. Reading., Burrough führte mich ins Wohnzimmer. Es war nicht sehr groß und atmete die spießige Geschmacksrichtung von Menschen, die nie gelernt haben, sich von den Klischeevorstellungen ihrer Eltern zu lösen. Plüsch und Häkeldeckchen, gerahmte Fotografien, bestickte Kissen und bunte Nippessachen bestimmten das Bild.
Aber vielleicht tat ich den Burroughs unrecht, vielleicht hatte die schwere Krankheit der Frau einen großen Teil seines Einkommens verschlungen und für andere Ausgaben keinen Platz gelassen.
Burrough rückte mir einen Armlehnstuhl zurecht, aus dem ein leicht modriger Geruch aufstieg. Er legte die Zeitung auf den Tisch, und nahm ebenfalls Platz. »Sie waren in der Firma?« fragte er.
»Woher wissen Sie das?«
»Nur dort konnten Sie erfahren, daß ich heute zu Hause geblieben bin. Meiner Frau geht es miserabel.« Er wischte sich mit dem Handrücken über die Augen. »Der Arzt sagt, daß —« Seine Stimme brach. Er konnte nicht weitersprechen. Es dauerte einige Sekunden, bevor er sich beruhigt hatte. »Ihr bleiben nur noch wenige Wochen, vielleicht bloß noch einige Tage.«
»Weiß sie es?«
»Sie ahnt es.« Er blickte mich an. »Warum gibt es soviel Leid auf dieser Welt?« fragte er mich. »Warum? Meine arme Frau. Sie hat im Leben immer nur das Beste gewollt, immer nur Gutes getan — und jetzt muß sie sterben! Mit fünfzig Jahren! Oder nehmen Sie den beklagenswerten Mr. Reading! Ein gütiger, verständnisvoller Mensch und Familienvater — ermordet!«
Er zwang sich zu einem Lächeln. »Ich langweile Sie vermutlich mit diesen deprimierenden Feststellungen. Sie sind noch jung, Sie stecken voller Energien. Für Sie sind meine Worte nur das Klagelied eines alten Mannes.«
Ich sagte nichts. Ich sahn ihn nur an. Er, hatte sich noch nicht rasiert. Seine Augen wirkten entzündet, als hätte er nicht viel geschlafen. Er wurde sich meiner prüfenden Blicke bewußt und griff mit einer verlegenen Geste an sein Kinn. »Ich konnte nicht ahnen, daß ich zu so früher Stunde besucht werde«, meinte er entschuldigend. »Sie haben noch einige Fragen wegen des armen Mr. Reading?«
»Nicht nur seinetwegen«, sagte ich. »Wie gut kennen Sie seine Frau?«
»Ich habe sie nur zweimal gesehen«, erwiderte er. »Vor einigen Monaten, und gestern —«
»Sagten Sie nicht, daß Sie sie gestern zum erstenmal zu Gesicht bekommen hätten?«
»Nein, nein, das müssen Sie mißverstanden haben!« protestierte er. »So habe ich es nicht formuliert. Es ist allerdings richtig, daß ich sie zum erstenmal aus der Nähe sah. Vor Monaten sah ich die beiden zufällig im Central Park, beim Entenfüttern. Ich wollte sie begrüßen, aber dann hielt mich irgend etwas zurück —«
»Wie erklärt sich das? Ich denke, Sie waren mit Mr. Reading gut befreundet?«
»Ja, das ist richtig — aber ich kannte seine Frau nicht und bin immer etwas scheu, sobald ich in Damengesellschaft Konversation machen muß. Davor versuchte ich mich zu drücken. Das ist die ganze Story!«
»Es ist nicht einmal die Hälfte«, sagte ich.
Er blickte mich erstaunt an. »Wie bitte?«
»Sie haben noch eine Menge zu sagen, Mr. Burrough. Warum bringen Sie es nicht gleich hinter sich?«
Er schluckte. »Was soll ich denn sagen?«
»Daß Sie ein Mörder sind — nichts weiter!«
Er schluckte abermals. »Mit diesen Dingen treibt man keinen Scherz«, meinte er. Seine Stimme war so brüchig wie mehrmals benutztes Packpapier. »Wen soll ich denn umgebracht haben?«
»Mr. Reading natürlich!«
Er atmete schwer. »Natürlich nennen 'Sie das?« fragte er keuchend. »Mr. Reading war mein Freund — der einzige Mensch, zu dem ich mich hingezogen fühlte!«
»Stimmt'— aber noch mehr fühlten Sie sich zu seinem Geld hingezogen, nicht wahr?«
»Wie hätte ich es in meinen Besitz bringen sollen?«
»Indem Sie Mrs. Reading, die trauernde Hinterbliebene, heirateten!«
»Das ist eine infame
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