0432 - Sein Todfeind war ein flottes Girl
Konstruktion?«
»Ganz einfach: er ist bestochen worden!«
»Von Mrs. Reading?«
»Warum nicht? Sie brauchte ein Alibi. Es sollte im übrigen so aussehen, als wäre der Mann getürmt.«
»Wir wissen, daß Mr. Reading nicht in der Fabrik ermordet wurde.«
»Eben!« fiel mir Gruber ins Wort. »Setzen Sie einmal den Fall, daß Mrs. Reading den Alten in ihrer Wohnung umgebracht hat. Dort konnte und wollte sie ihn nicht lassen. Also transportierte sie ihn in die leerstehende Fabrik. Einen Mord dieses Kalibers begeht man nicht im Affekt. Er wird geplant, über Wochen und Monate hinweg. Vermutlich hat die Frau viele Tage und Stunden damit verbracht, ein Versteck für den Leichnam zu finden.«
»Das hört sich ganz hübsch und plausibel an, aber in der Praxis sehen die Dinge ein wenig anders aus. Haben Sie Mrs. Reading schon einmal gesehen? Sie ist hager, knochig, ausgelaugt.«
»Ach, Sie meinen, es könnte ihr die Kraft gefehlt haben, den Leichnam aus der Wohnung zu transportieren? Wir wissen doch, daß gerade die Hageren oft ungeahnte Kraftreserven entwickeln!«
»Es ist nicht nur eine Frage der Kräfte. Wie sollte sie den Leichnam aus dem Haus getragen haben?«
»Sie konnte ihn in einen Teppich rollen, oder in einen alten Reisekorb packen — da gibt es doch Dutzende von Möglichkeiten!« meinte Gruber.
»Sie mußte damit rechnen, gesehen zu werden.«
»Na und? Vielleicht hat ihr sogar jemand geholfen —«
»Okay, ich gebe ihnen recht — so hätte es natürlich sein können. Aber wir sind noch nicht am Ende. Wie ist sie in die Fabrik gekommen? Das Grundstück wird unter Verschluß gehalten. So steht es jedenfalls in dem Bericht.«
»Das sind nur einfache Schlösser«, winkte Gruber ab und stopfte mit dem Pfeifenbesteck den Tabak nach. »Ich habe sie mir angesehen. Die schafft jeder mit einem Stückchen Draht und einer Zange.«
»Jeder, der etwas davon versteht«, schränkte ich ein. »Vergessen Sie nicht, daß Mrs. Reading bloß eine einfache Hausfrau ist.«
»Sie kann Helfer gehabt haben.«
»Wen denn zum Beispiel?«
»Woher soll ich das wissen?«
»Ihre Theorie stinkt«, sagte ich freundlich. Gruber lachte.
»Vielleicht haben Sie recht. Im übrigen stammt das Gedankengut nicht von mir. Es ist Harris' Baby. Eines von vielen, wie ich hinzufügen möchte. Er versteift sich nicht darauf.«
Ich rieb mir das Kinn. »Ihre Theorie stinkt«, murmelte ich, »aber sie hat auch gewisse Meriten. Sie bringen mich nämlich auf eine Idee.«
Er beugte sich interessiert nach vorn. »Darf man erfahren, auf welche?«
»Dazu ist es noch zu früh«, sagte ich. »Haben Sie übrigens schon herausfinden können, wer Zutritt zu dem Fabrikgrundstück hatte — wer also im Besitz von Schlüsseln ist?«
»Da wäre einmal der Vater des Jungen, dem wir 'den Leichenfund verdanken, Mr. Gwendolyn. Er ist der Ex-Fabrikbesitzer. Ein zweites Schlüsselpaar befindet sich bei den Käufern, der Treubau-Gesellschaft. Die Treubau-Gesellschaft bewahrt die Schlüssel in ihrem. Safe auf, bei Mr. Gwendolyn lagen sie im Schreibtisch — deshalb konnte der Junge mühelos ran.«
»Weitere Schlüsselpaare existieren nicht?«
»Nein. Ich darf hinzufügen, daß weder Mr. Gwendolyn noch die Treubau-Gesellschaft zu dem Ermordeten in irgendwelchen Beziehungen standen. Zumindest ließ sich das bis jetzt weder erkennen noch aufdecken.«
»Wann erfolgte der Verkauf?«
»Schon vor zwei Wochen.«
»Wer erbt Mr. Readings Vermögen?«
»Natürlich die Frau.«
»Danke, Sergeant«, sagte ich und erhob mich.
»Wollen Sie nicht auf Leutnant Harris warten?« fragte er mich erstaunt.
»Ich lasse mich im Laufe des Tages noch einmal blicken«, sagte ich und ging zur Tür.
Er grinste matt. »Werden Sie uns dann schon den Mörder präsentieren?« fragte er.
»Das ist gar nicht ausgeschlossen«, erwiderte ich ernst.
***
Mr. French stützte die Ellenbogen auf die Schreibtischplatte und legte die Fingerspitzen unter dem Kinn gegeneinander. Er betrachtete mich mit höflichem Emst. Mr. French war Prokurist und Personalchef der Firma Erskine & Erskine. Seine äußere Eleganz und seine glatte, gewählte Sprechweise ließen ihn genauso feminin erscheinen wie der Name, den er trug — aber ich spürte, daß sich hinter dieser Fassade viel Wille, Energie und Klugheit verbarg.
»Tja«, meinte er. »Sie möchten etwas über unseren langjährigen Mitarbeiter Mr. Burrough hören. Viel gibt es da nicht zu sagen. Wir schätzen ihn als pflichteifrigen und bescheidenen
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