0435 - Das Hexentor
gibt keine andere Möglichkeit.«
»Das weiß ich auch.«
Scharf fuhr der Reporter herum. »Und weshalb bist du nicht hineingegangen?«
»John wollte es nicht.«
»Klar, klar, bei dir nicht. Aber mir hat er nichts davon gesagt. Ich hole ihn da raus, wenn…«
»Vergiß das Hexentor nicht, Bill!«
»Davon sehe ich nichts.«
Jane gab ihm keine Antwort mehr. Statt dessen ging sie zwei, drei Schritte auf das Haus zu. Sie sprach gegen den Wind, der ihre geflüsterten Worte aufsaugte. Bill vernahm sie trotzdem. »Ich spüre das Tor bereits. Es wirft unsichtbar seine Schatten voraus. Es öffnet sich, jemand stößt es weit auf, er rüttelt an den Flügeln. Nein, nein, wir können es nicht mehr aufhalten. Jetzt nicht mehr!«
Als hätte sie schon zuviel gesagt, warf sie sich zurück. Dabei schleuderte sie ihre Arme in die Höhe und konnte sich gerade noch fangen, sonst wäre sie zu Boden gefallen.
Bill hatte keinen Blick mehr für sie, denn die Umgebung veränderte sich.
Zwar standen beide noch im Garten, aber sie hatten trotzdem das Gefühl, sich in einer anderen Welt und einer fremden Zeit zu befinden.
Weit aufgerissen, ähnlich wie der Rachen eines vorsintflutlichen Ungeheuers, öffnete sich der Eingang des Hexentors…
***
Auch Shao und Suko befanden sich auf dem Weg zu den beiden Conllys. Der Inspektor fuhr. Er lag flach auf seiner Maschine. Mit dem Helm auf dem Kopf sah er aus wie eine Gestalt aus fremden Dimensionen, die schattengleich durch Londons Straßen huschte und vom Dröhnen der Maschine begleitet wurde.
Shao hockte hinter ihrem Partner und klammerte sich an ihm fest. Sie hatte den Kopf schräg gelegt und gegen Sukos breiten Rücken gedrückt.
Ihr roter Helm saß wie ein großer, zu Eis erstarrter Blutstropfen auf dem Kopf.
Beide fuhren nm auf Verdacht ihrem Ziel entgegen. Aber wie oft hatte sich ein Verdacht bestätigt. Noch befanden sie sich diesseits der Themse, überholten jedoch alle Wagen und begingen einige Geschwindigkeitsübertretungen.
Vor einer Ampel stoppten sie.
Suko richtete sich auf. Er schob auch das Sichtvisier hoch. Die kühle Luft strich über seine Wangen. Er nahm bereits den Geruch des Wassers war. Vor ihnen funkelten die Bogenlichter einer Brücke, über die sie mußten, um den Londoner Süden zu erreichen.
Es war die Chelsea Bridge, die nicht so stark befahren wurde wie die bekannten Themse-Brücken in der City of London.
Endlich ging es weiter.
Suko legte einen Raketenstart hin. Die Harley schien dabei über den Asphalt zu fliegen, als hätte man ihr Flügel angeschweißt. Die Strecke kannte Suko im Schlaf. Zusammen mit einigen anderen Fahrzeugen fuhr er sie. Auch ein Sportwagen befand sich darunter. Der Typ in dem Fahrzeug wollte natürlich mithalten und »prügelte« seinen Jaguar. Suko verzichtete auf ein Rennen und ließ ihm die Fahrt.
Minuten später hatten sie das Gebiet erreicht, wo die Conollys wohnten.
Die zahlreichen kleinen Seitenstraßen, die ein Wirrwarr zwischen den Häusern und großzügig angelegten Gärten bildeten. Manchmal kurvig, hin und Wieder auch gerade verlaufend, aber nie so lang, als daß Suko hätte länger beschleunigen können.
Von einem Augenblick zum anderen änderte sich alles. Was vor einer halben Sekunde noch normal gewesen war, die Dunkelheit, die Häuser, die Umgebung, das blieb zwar noch, aber in die Gebäude, die Gärten, die Straßen und Wege hinein stach eine breite Schneise.
Eine Straße.
Geschwungen wie ein Regenbogen, halbrund, grau und rötlich schimmernd. Letzteres aber nur dort, wo sie mündete, und das war vor einem gewaltigen Tor mit zwei himmelhohen Säulen, die es flankierten und an ihren oberen Seiten turmartig spitz zuliefen.
Ein Tor, in dem Feuer loderte und ein gewaltiges Gesicht erschien, das ein so großes Maul besaß, um die Breite des Tores ausfüllen zu können.
Suko und Shao waren geschockt. Damit hätten sie in ihren kühnsten Träumen nicht gerechnet, aber es kam noch schlimmer, denn als Suko abbremsen wollte, spürte er, daß andere Kräfte die Regie über seine Harley übernommen hatten.
Sie gehorchte ihm nicht mehr.
Dafür stieg sie höher, gelangte auf die gekrümmte Straße und wurde ebenso Wie die beiden Menschen - von einem gewaltigen Sog erfaßt, der alles auf das weit aufgerissene Maul zuriß…
***
Auch ich sah das Tor!
Ein gewaltiges Bauwerk, möglicherweise durch die Hand eines Dämons geschaffen.
Unheimlich, grau, gefährlich und dabei drohend wirkend. Von ihm gingen Kälte und
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