0438 - Der Drachenturm
größer als mein Kopf… Der komische Vogel kann sich doch nur gebückt oder kriechend fortbewegen, aber kann sich praktisch überall verstecken, wo es dunkel ist… Wir müssen den Keller systematisch absuchen.«
Nicole seufzte.
»Oder seinen Spuren folgen«, sagte sie.
»Ja, richtig«, erkannte Zamorra. »Weiß der Himmel. Irgendwie hakt es heute bei mir aus. Das ist jetzt nicht das erste Mal, daß ich etwas übersehe… Und dafür, wie unser riesenhafter Freund in unseren Keller gekommen ist, finde ich auch keine Erklärung. Denn der weißmagische Abwehrschirm wirkt doch auch in die Tiefe.«
»Vielleicht ist er durchbrochen worden, defekt… wie auch immer. Er hat dir das Amulett abgenommen? Hast du mal versucht, es noch einmal zu rufen ?«
Zamorra starrte Nicole verdutzt an. Dann schlug er sich vor die Stirn, daß es klatschte, und verzog sofort schmerzhaft das Gesicht. »Au… aber das habe ich verdient. Wieso bin ich darauf eigentlich nicht gekommen? Ich hab’s doch gerufen, um es einsetzen zu können… warum nicht jetzt wieder? Das dürfte den Dieb gewaltig überraschen.«
Leicht hob er die Hand und konzentrierte sich auf den Ruf.
Im nächsten Moment lag das Amulett in seiner Hand.
***
Für La-Soor war es ein ernüchternder Schock. Gerade noch war er völlig sicher gewesen, seinen Auftrag erfüllt zu haben - und jetzt…?
Das Medaillon war fort?
Er wußte, daß er es nicht verloren hatte auf dem Weg hierher. Er hatte es sorgsam festgehalten. Und erst in diesem Moment war es zwischen den geschlossenen Fingern seiner Hand einfach verschwunden, hatte sich in Luft aufgelöst!
Wie war das möglich?
Gar so leicht verdient man sich die Hilfe eines Zauberers anscheinend doch nicht…
Er war wieder an dem Punkt, an dem er vorhin schon einmal war - als er diese Welt betrat.
Langsam ließ er sich auf den staubigen Boden niedersinken. Er überlegte. Er hatte das Medaillon der Macht jenem Zwerg abgenommen. Schlicht und ergreifend war das Diebstahl. Vielleicht hatte dieser Zwerg, selbst des Zauberns kundig, eine Art Diebstahlsicherung eingebaut, die verhinderte, daß das Medaillon in eine andere Welt entführt wurde. Oder er war wieder bei Bewußtsein, hatte irgendwie festgestellt, wo genau sich der Medaillondieb befand, und die kleine Scheibe zu sich zurückgehext…
Wie auch immer - er war jetzt gewarnt. Ein zweiter Versuch, das Medaillon zu stehlen, würde nicht mehr so einfach sein. La-Soor spielte mit dem Gedanken, unverrichteter Dinge zurückzukehren. Aber er war gar nicht sicher, ob sich Gonethos das gefallen lassen würde. Und Gonethos war ein Zauberer. Er konnte La-Soor erheblichen Schaden zufügen…
La-Soor war ein Drachentöter, kein Dieb…
Er befand sich in einer Zwickmühle. Was sollte er tun? Wenn der Zwerg wirklich über Zauberkraft verfügte, saß La-Soor zwischen zwei Stühlen. Einer von beiden würde auf jeden Fall versuchen, sich an ihm zu rächen.
Er überlegte und wägte ab. Wenn er sofort umkehrte, ohne das Medaillon bei sich zu haben, würde ihn der Zorn des Zauberers Gonethos sofort treffen.
Versuchte er aber noch einmal, das Medaillon zu entwenden und dann so rasch wie möglich zu entkommen, besaß er eine Chance. Vielleicht war der Zwerg ähnlich gehandicapt und würde seine magische Kraft verlieren, sobald er die Barriere zwischen den Welten durchbrach…
La-Soor kam zu der Überlegung, daß er den Hauch einer Chance hatte, heil davonzukommen.
Also erhob er sich und setzte sich wieder in Bewegung, mit gezogenem Schwert. Es leitete ihn wieder wie ein Kompaß. Er hatte gelernt, auf die Nuancen der Schwertbewegungen genau zu achten, und es wunderte ihn nicht, daß die verzauberte Klinge ihn genau den Weg entlang führte, den er schon einmal hin und zurück benutzt hatte.
Um so besser konnte er ihn sich einprägen…
***
Zamorra pfiff durch die Zähne. Daß das Amulett zu ihm zurückgekehrt war, bedeutete möglicherweise, daß der Dieb außerordentlich verwirrt war. Wenn er sich schon in seinem Erfolg gesonnt hatte, würde ihn der Verlust seiner Beute völlig aus dem Konzept bringen.
Wo auch immer er sich gerade befand…
Zamorra war sicher, daß der Dieb sich noch im Weinkeller befand. Es konnte keine geheimen Ausgänge geben; an diese Theorie glaubte er nicht so recht. Leonardo deMontagne, der heutige Fürst der Finsternis, hatte in seinem ersten Leben als Erbauer und Herr von Château Montagne diesen Keller dazu benutzt, Gefangene darin einzusperren - ohne sie in
Weitere Kostenlose Bücher