0438 - Der Drachenturm
waffenlos«, widersprach Nicole. Sie wischte sich klebende Spinnfäden von der Haut. »Auf ein paar Minuten wird es wohl nicht ankommen. Wir müssen Raffael von der veränderten Lage informieren, wir müssen uns noch mit den Resten ausrüsten, die wir an magischen Dingen haben… und ich will diese Klebefäden nicht mehr auf der Haut spüren. Wer weiß, was uns drüben erwartet, jenseits des Weltentores… ich will nicht blind in Fallen laufen…«
»Vielleicht hast du recht«, gestand Zamorra. »Aber beeilen werden wir uns trotzdem…«
***
Der Drachentöter trat aus der Gruppe von bunten großen Blüten hervor. Er sah die sieben nackten Mädchen, die ihn verlangend anlächelten, und er sah Gonethos, den Zauberer, der grüßend die Hand hob.
»Du hast es erstaunlich rasch geschafft, Drachentöter«, sagte er. »Und du bringst mehr mit, als ich erwartet habe.«
La-Soor preßte die Lippen zusammen. Gonethos’ Worte konnten nur bedeuten, daß der Zauberer von dem Dhyarra-Kristall wußte! Aber woher?
Etwas in ihm verkrampfte sich. Er fühlte sich ausgenutzt und hereingelegt. »Ihr spracht von dem Medaillon der Macht«, sagte er grimmig. »Das sollte ich Euch beschaffen, und ich habe es getan. Alles andere geht Euch nichts an.«
Gonethos schüttelte den Kopf.
»Es ist eine Zauberwaffe«, sagte er. »Und Magie - ist doch nichts für dich. Du bist ein Mann des Schwertes und der Muskeln, auch des Verstandes. Du würdest mit dem blauen Sternenstein niemals glücklich werden.«
»Ihr habt keinen Anspruch darauf! Er gehört mir«, beharrte La-Soor. »Ich habe ihn mir erkämpft, als kleine Belohnung für die Schwierigkeiten, die ich zu überwinden hatte.«
»Schwierigkeiten?« Gonethos lachte. »Mein Bester, was für Schwierigkeiten? Du hast den anderen Zauberer niedergeschlagen, meinen Feind, und du hast ihm das Medaillon abgenommen. Was war daran schwierig, Fausthiebe auszuteilen und Schwächere zusammenbrechen zu sehen? Nein… erzähle mir keine Märchen, La-Soor. Gib mir das Medaillon und den Sternenstein, und dein Teil des Geschäftes ist erfüllt. Danach werde ich dich gegen den Drachen stählen.«
»Ha!« machte La-Soor. »Was ist, wenn ich die Herausgabe der Dinge einfach verweigere? Ich weiß jetzt, was dieses Medaillon vermag. Es kann mich auch gegen Euren Zauber schützen.«
Gonethos lachte abermals. »Täusche dich nicht«, sagte er. »Mein Zauber ist anders, ganz anders… auf eine Art, die du niemals verstehen kannst, vor der du erschrecken würdest. Selbst Merlin hat sie niemals verstanden…«
»Merlin?« echote La-Soor. »Wer ist Merlin?«
Gonethos winkte ab. Sekundenlang war sein Gesicht zu einer Puppenmaske erstarrt, mit glatten, nichtssagenden Zügen. Aber dann weichte es wieder auf. »Glaube mir, der Sternenstein würde dich töten, wenn du ihn benutzt. Und das Medaillon ist nur in meiner Hand eine wirksame Waffe, nicht in deiner. Gib es mir.«
La-Soor verkrampfte sich. Aber dann streckte er zögernd die Hand aus, hielt dem Zauberer die Silberscheibe entgegen. Sie war merklich größer geworden als drüben in der anderen Welt, füllte nunmehr fast seine ganze Hand aus.
Der Zauberer nahm sie ihm ab. Ein zufriedenes Grinsen überflog sein Gesicht. »Ah, es tut gut, das verteufelte Ding in der Hand zu halten. FLAMMENSCHWERT, nie wieder…«
»Wovon redet Ihr?« fragte La-Soor. »Was für ein Flammenschwert?«
»Schweig!« fauchte Gonethos kalt. »Gib mir den Sternenstein! Sofort!«
Ein seltsamer Zwang erfaßte La-Soor, gegen den er sich nicht wehren konnte. Abermals streckte er die Hand aus, und der Zauberer ergriff den Dhyarra-Kristall.
»Ich habe meinen Teil erfüllt«, keuchte La-Soor. »Nun seid Ihr dran. Ihr habt mir etwas versprochen, Gonethos!«
»Ich weiß«, sagte der Zauberer. »Sorge dich nicht. Du mußt dich entspannen. Die Mädchen werden dir dabei helfen. Schau… geh mit ihnen. Sind sie nicht wunderschön? Genieße es, wenn sie mit dir spielen… sie haben dich gern, weißt du? Zum Fressen gern…«
Er lächelte. »Ich sehe deine Ungeduld, Drachentöter. Doch befolge meinen Rat. Entspanne dich. Sie werden dir dabei helfen. Je lockerer du bist, desto leichter wird es für mich sein, dich zu stählen.«
Er wies auf die sieben Mädchen. Zwei von ihnen gingen bereits voraus auf eine Tür zu, fort von dem Innenhof und den Blumen.
La-Soor schüttelte den Kopf.
Die Mädchen waren eine Verlockung. Sie waren sündhaft schön und verführerisch, und er konnte sich kaum etwas
Weitere Kostenlose Bücher