0438 - Der Drachenturm
Macht, von Merlin geschaffen…
Ein zweites Mal durfte das FLAMMENSCHWERT ihn nicht berühren.
Deshalb zog er sich zurück.
Seine Bestien würden ein gutes Empfangskomitee abgeben. Zamorra, seiner magischen Waffen beraubt, würde nicht rechtzeitig mißtrauisch werden. Und wenn er etwas merkte, war es zu spät.
Wie für La-Soor, den Drachentöter. Diesen armseligen Narren…
Und wenn Zamorra und seine Begleiterin von den Raubtieren verspeist waren, konnte er sich um Merlin kümmern.
Seinen alten Feind.
***
Eine andere Umgebung…
Wieder befand Zamorra sich mitten zwischen Regenbogenblumen, aber nicht mehr in jenem Kuppeldom, sondern unter freiem Himmel. Und ringsum war ein wild bewachsener Innenhof einer Art Burg.
Der Himmel zeigte Dämmerung an. Ob Morgen oder Abend, konnte Zamorra nicht sofort unterscheiden, weil ihm Bezugspunkte fehlten, aber seinem Gefühl nach mußte es Abend sein.
Da traf sich’s gut, daß sie beide ihre Taschenlampen dabei hatten…
»Dein ›Siehste ich hab’s dir doch gleich gesagt‹-Gesicht kannst du ruhig wieder zuklappen, Chef«, sagte Nicole trocken. »Okay, es sind Transmitterblumen oder was auch immer. Ein künstliches Weltentor. Und jetzt? Wie kommen wir wieder zurück?«
»Mußt du immer so unverschämt praktisch denken?« Ihn beschäftigten andere Überlegungen viel mehr. Wo befanden sie sich? War dies die Lösung für das rätselhafte Eindringen des Riesen in den Keller? Wo sollten sie den Amulett-Dieb nun suchen? Wie sicherten sie sich künftig gegen unbefugtes Eindringen? War es möglich, vom Château Montagne aus vermittels der Blumen auch Ted Ewigks Villa in Rom zu erreichen?
Nicole wollte etwas sagen, verstummte aber schon nach dem ersten Wort.
Aus den Schatten der Abenddämmerung lösten sich drei Gestalten und traten zwischen den Sträuchern hervor.
Zamorra holte tief Luft.
Drei Mächen kamen mit wiegenden Hüften auf die beiden Ankömmlinge zu. Bildschöne Mädchen, die sich mit geradezu raubtierhafter Eleganz bewegten und die völlig unbekleidet waren.
Ihre Nacktheit berührte Zamorra nicht so sehr. Die Druidin Teri Rheken hielt nicht besonders viel von Kleidung, und die telepathischen Zwillinge Monica und Uschi Peters hatte Zamorra häufiger nackt als bekleidet gesehen. Und Nicole war auch alles andere als prüde und zugeknöpft.
Aber irgend etwas an diesen drei Nackten zog Zamorra in ihren Bann.
Nicole stieß ihn an. »Paß bloß auf, daß dir keine Stielaugen wachsen«, warnte sie und wunderte sich, weil sie zwar wußte, daß Zamorra weibliche Schönheit bewunderte - sie selbst genoß das ja und gönnte ihm gern auch den Anblick anderer hübscher Mädchen - aber daß er diese drei Mädchen so unverbrämt anstarrte, kannte sie von ihm nun doch nicht.
Sie strahlten ihn an wie Südseeschönheiten, die den ersten weißen Weltumseglern zur Begrüßung auf ihrer einsamen Insel Blumenkränze um den Hals legen wollten.
Zamorra zuckte zusammen, gab aber kein Wort der Erklärung. Aber daß seine rechte Hand in Schulterhöhe schwebte, nahe dem Schwertgriff, gab ihr plötzlich zu denken.
»Was ist los?«
»Vielleicht können uns die drei Schönheiten verraten, wo wir sind und wie wir wieder nach Hause kommen«, sagte Zamorra.
Nicole hatte andere Sorgen. Sie dachte an den Riesen und das Amulett, und wenn dieser Riese sich wirklich in dieser Welt befand - sofern es nicht irgend ein ihnen unbekannter Ort auf der Erde war -, mußte das Amulett doch jetzt erreichbar sein!
Nicole rief es!
Aber es kam nicht.
»Das gibt’s doch nicht«, flüsterte sie. »Sollten wir an einen falschen Ort umgeleitet worden sein?«
Zamorra nahm ihre geflüsterten Worte wahr, achtete aber nicht darauf. Er ließ die drei Schönheiten nicht aus den Augen, die jetzt schon ganz nahe heran gekommen waren. Nicole war fast schon überzeugt, daß sie in eine falsche Richtung transportiert worden waren, als sie den Ruf sicherheitshalber noch einmal wiederholte und diesmal einen flüchtigen Kontakt fand.
Aber das Amulett folgte dem Ruf trotzdem nicht.
Das war neu.
Bei der Begegnung mit dem eisenfressenden Monster in Patrik LaGranges Keller hatte das Amulett sich zwar geweigert, dem Monster zu nahe zu kommen, und es hatte von sich aus sogar die Flucht ergriffen - aber Nicole glaubte einfach nicht daran, es hier abermals mit einer Kreatur dieser Art zu tun zu haben, vor der sich Merlins Stern fürchtete und deshalb den Gehorsam verweigerte. Abgeschaltet worden war es aber auch nicht,
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