0438 - Schlangenhand
Gästen.«
»Dann gehen wir auch!« erklärte Jorge entschlossen. »Ich will ihn endlich sehen.«
»So meine ich das ebenfalls.« Der Wirt lächelte. »Ich werde euch nicht nur den Weg zeigen, sondern euch auch begleiten, sonst seid ihr womöglich verloren.« Er drehte sich um und winkte. »Kommt mit, die Kavernen von Lissabon warten.«
Auch Nina hatte seine Worte gehört. Sie hielt ihren Begleiter fest.
»Müssen wir wirklich mit?« hauchte sie. »Ist nicht schon genug Schreckliches passiert?«
»Das schon, aber du kommst hier nicht mehr raus.«
Sie lachte auf. »Wie bitter wird das Ende sein?«
»Ich hoffe, daß es nicht bitter ist.«
»Das sagst du nur so.«
Der Wirt hatte seinen Platz hinter der Theke verlassen und wartete bereits. »Laßt euch nicht zu lange Zeit. Die Sekunden werden allmählich kostbar.«
Jorge ging vor. Schon drei Schritte später blieb er stehen und starrte den Wirt an. »Ich will noch von dir wissen, was dort unten alles geschieht.«
»Du mußt es selbst sehen und erleben.«
»Ja, das werde ich.«
Der Wirt beugte sich vor. »Nur du, Junge, kannst ihn erlösen. Nur du. Er pendelt zwischen den Zeiten. Er ist ein Verbannter, der keine Ruhe findet. Mal taucht er in der Gegenwart auf, mal macht er die Vergangenheit zur Gegenwart. Dieser Zustand muß beendet werden. Und er kann auch beendet werden. Durch deine Hilfe.«
Jorge hatte mittlerweile bemerkt, welch eine Belastung auf ihm lag.
Seine Hände begannen zu zittern, mit der Ruhe war es vorbei. Er stand dicht vor dem Ziel und hatte praktisch eine Joker-Funktion zu erfüllen.
Konnte er das durchhalten? Zudem war er nicht allein. Er hatte das Mädchen mitgenommen. Wegschicken konnte er sie nicht mehr, er fühlte sich für Nina verantwortlich.
Der Kaschemmen-Wirt stand bereits an einer Tür, die aus dem Schankraum führte. Es war der zweite Ausgang, und als sich die beiden jungen Menschen in Bewegung setzten, drückte er die in den Angeln knarrende Tür nach außen.
Doch Jorge blieb stehen. Die letzten Erklärungen des Mannes strömten noch durch seinen Kopf und verursachten einen rasanten Wirbel. »Eine Frage habe ich noch. In welch einer Zeit befinden wir uns?«
Der Mann hob die Schultern. »Das kann ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Die Zeiten wechseln hier schnell. Manchmal befinden wir uns in der Vergangenheit, dann wieder in der Gegenwart.«
»Hier ist Vergangenheit?«
»Ich weiß es nicht.«
»Aber die Lampen, die hier brennen. Es gibt wohl keinen Strom. Also können wir uns nur in der Vergangenheit befinden.«
Der Wirt hob die Schultern. »Wenn du meinst, möchte ich dir nicht widersprechen.«
Sie hielten sich nicht mehr länger in der Gaststätte auf. Auch Jorge wollte endlich Bescheid wissen, so folgten sie dem Wirt durch die Tür und betraten einen Gang, der düster war und an dessen Ende eine weitere Tür offenstand.
Dahinter lag eine breite, geschwungene Treppe, die in die Tiefe führte.
Über die Stufen huschte das rötlichschwarze Licht mehrerer Fackeln, so daß die alten Steine durch die tanzenden Reflexe aussahen, als würden sie sich bewegen.
Nina hielt sich dicht bei ihrem Begleiter. Sie hatte Angst, sie zitterte, das war zu spüren, und der junge Mann beruhigte sie mit wenigen Worten.
Er sprach davon, daß sie keine Furcht zu haben brauchte. Es würde alles klappen.
»Das Amulett schützt uns, glaub mir. Außerdem sind wir gekommen, um den anderen zu erlösen.«
»Ich kann es nicht glauben.«
»Laß dich überraschen.«
Der Wirt wartete bereits auf der dritten Stufe. Im Fackellicht wirkte er wie eine düstere Gestalt aus einem Horrorfilm. Und Horror konnte man auch hier empfinden.
Beide betraten sehr vorsichtig die Stufen. Nina hielt sich an Jorges Hand fest, während sie in die Tiefe stiegen.
Beide lauschten, hörten aber nur den kratzenden Klang ihrer eigenen Schritte.
Die Treppe war länger, als sie erwartet hatten. Je tiefer sie kamen, um so schlechter wurde die Luft. Sie schmeckte alt und modrig.
An der Steindecke über ihnen hatte sich die Feuchtigkeit zu Wassertropfen verdichtet, die sich nicht mehr halten konnten, nach unten fielen und auch sie trafen.
Bis der Wirt plötzlich stehenblieb, nach vorn deutete und wisperte: »Da sind sie!«
Beide blieben stehen, und beide staunten wie kleine Kinder, die vor dem Weihnachtsmann stehen.
Doch bei ihnen kam noch etwas hinzu. Es war das Gefühl der Angst, das den Rücken hochkroch…
***
Asmodis und Vasco!
Auf der einen Seite der
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