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0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
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»Geld. Zweihunderttausend Dollar.«
    »Phantastisch! Wie ist Hank nur an das Geld gekommen?«
    »Es stammt aus dem Bankraub.«- »Hank war also ein Bankräuber — oder ein Mörder?«
    »Beides«, nickte ich.
    »Ich gewöhne mich allmählich an den Gedanken. Seltsamerweise tut es nicht einmal weh. Es ist nur merkwürdig. Und deprimierend. Deprimierend, weil man plötzlich erkennt, wie wenig man von seinen Mitmenschen weiß.«
    Der Wirt trat an den Tisch und steckte die Kerze an, die in einer Chiantiflasche steckte. Er murmelte ein paar Liebenswürdigkeiten und verschwand wieder. Kerzenlicht macht die Gesichter weich, doch bei Miß Gwynn traf das nicht zu. Ihre Züge wirkten auf einmal härter und eckiger; die Augen waren groß und kühl. Ich entdeckte in ihnen nichts von der Furcht, die sie angeblich gefangen hielt. Miß Gwynn rauchte in langen, tiefen Zügen. Sie ließ mich keine Sekunde aus den Augen. »Sie sind einer von den Männern, die Frauen leicht gefährlich werden«, meinte sie.
    »Inwiefern?«
    »Sie haben das gewisse Etwas. Härte gepaart mit Herz. Darauf fliegen die meisten Mädchen. Ihr Gesicht ist gutgeschnitten, klar und sympathisch.«
    »Vielen Dank. Glauben Sie, daß ich Ihnen gefährlich werden könnte?«
    »Schon möglich«, sagte sie leise. »Warum nicht?«
    Ich grinste matt. »Ganz bestimmt sogar.«
    »Sie sind sich Ihrer Sache anscheinend sehr sicher«, meinte sie spöttisch.
    »Sehr«, nickte ich bestätigend. »Allerdings denke ich an eine ganz bestimmte Art von Gefahr. Ich überlege gerade, wie Sie sich in Zuchthauskleidung ausnehmen werden.«
    Miß Gwynn verkrampfte die freie Hand in das weiche Saffianleder der großen, auf dem Tisch liegenden Handtasche. Ihre Augen verengten sich etwas. »Was sagen Sie da?«
    »Es ist hier so ruhig, so intim, so nett«, sagte ich. »Viel hübscher als in der nüchternen Atmosphäre eines Büros. Warum legen Sie kein Geständnis ab?«
    »Was soll ich denn gestehen?«
    »Den Mord natürlich.«
    Miß Gwynn schluckte. Sie inhalierte tief und stieß den Rauch aus, ohne daß ihre Blicke von meinem Gesicht wichen. Ich sah in ihren Zügen kein Erschrecken, nicht einmal Anzeichen von Alarm oder Terror, nur eine tiefe Konzentration, die Ausstrahlung einer fast eisigen Ruhe, flie sie in diesem Moment erfüllte.
    »Einen Mord?« fragte sie gelassen.
    »Sie haben Hank Fryland getötet«, erklärte ich und schob die Chiantiflasche ein wenig zur Seite. Sie war über und über mit Wachs bedeckt.
    »Ich finde, wir sollten das Spiel an diesem Punkt abbrechen«, meinte sie. »Ich finde makabre Witze in Magazinen zuweilen ganz amüsant. In der von Ihnen präsentierten Form kann ich ihnen keinen Geschmack abgewinnen.«
    »Ich bin weit davon entfernt, Witze zu machen.«
    »Weshalb hätte ich Hank umbringen sollen?« fragte sie. »Weshalb, um Himmels willen?«
    »Wegen des Geldes natürlich. Ihm war das Geld anvertraut. Sie brachten den größten Teil davon an sich.«
    »Das Geld aus dem Bankraub — davon sprechen Sie doch, nicht wahr?«
    »Davon spreche ich.«
    »Es gab nur dieses eine Paket in meiner Wohnung, das gleiche, das man heute zu stehlen versuchte!«
    »Ich will Ihnen sagen, wie es war«, sagte ich gelassen. »Gestern, als Hank zu Ihnen kam, hatten Sie Ihren Entschluß längst gefaßt. Sie wollten mit dem Geld verschwinden. Hank erzählte Ihnen, daß er Razer getötet hatte. Das war günstig für Sie, denn nun hatten Sie von dieser Seite keine Nachstellungen zu erwarten. Sie brauchten nur noch eine Hürde zu nehmen: Hank. Sie verloren keine Zeit, diese Aufgabe zu lösen.«
    Sie starrte mich an. »Das alles meinen Sie im Ernst?«
    »Vielleicht hätte ich mit der Anklage bis nach dem Essen warten sollen«, sagte ich. »Jetzt wird Ihnen das Menü sicherlich nicht mehr schmecken. Es ist Ihre Henkersmahlzeit, denn Sie werden mich anschließend begleiten müssen.«
    »Sie haben kein Recht, mich zu verhaften!« stieß sie hervor. »Ich bin mir meiner Rechte als amerikanische Bürgerin sehr wohl bewußt!« In ihren Augen entzündete sich etwas. Es war ein kaltes, gefährliches Feuer.
    »Stimmt. Ich habe keinen Haftbebefehl«, sagte ich, »aber mir steht das Recht zu, Sie zur Vernehmung vorzuführen. Ich bin überzeugt davon, daß die Vernehmung die Grundlage für die Erwirkung des Haftbefehls erbringen wird.«
    »Was macht Sie so sicher, daß ich in Ihrem Sinne aussagen werde?«
    »Nichts. Von Ihrer Geständnisfreudigkeit verspreche ich mir herzlich wenig. Sie gehören zu

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