Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
Telefonhörer. »Verbinden Sie mich mit Zimmer 118«, sagte er. Er mußte einige Minuten warten, dann sagte er: »Hallo, Mr. Craig! Hier spricht Dr. Ballin. Wie geht es Ihnen? Gut? Das freut mich zu hören! Ich hoffe, der Besucher hat Sie nicht zu sehr angestrengt?« Ich beobachtete Dr. Ballins schmales, klar profiliertes Gesicht und hörte, wie er halblaut fortfuhr: »Niemand ist bei Ihnen gewesen? Ich verstehe. Offenbar bin ich falsch unterrichtet worden. Wir sehen uns bei der Abendvisite!« Er legte auf. »Da haben wir es!« meinte er.
    Ich blickte die Schwester an. »Hat der Besucher sich ausgewiesen?«
    »Nein, Sir. Das ist bei uns nicht üblich.«
    »Wozu dann das Besucherjournal?« fragte ich.
    »Es dient zur Kontrolle, Sir. Für manche Patienten gilt ein Besuchslimit. Wir müssen darauf achten, daß diese Beschränkungen genau eingehalten werden.«
    »Wie sah der Mann aus?« fragte ich. »Können Sie ihn beschreiben?«
    »Er war ungefähr fünfunddreißig Jahre alt und gut gekleidet«, sagte die Schwester. »Er trug eine ungewöhnlich große Sonnenbrille, ein Pilotenmodell. Ich konnte seine Augen also nicht erkennen. Mir fielen vor allem seine Lippen auf. Sie waren blaß, schmal und beinahe farblos. Er hatte ziemlich großporige Haut und eine schmale Nase. Seine Stimme war etwas heiser, aber sie klang nicht unangenehm. Es war eine interessante Stimme. Der Mann wirkte selbstsicher und kühl, er war ein fesselnder Typ…« Die Schwester unterbrach sich und wurde rot. Ihr war klargeworden, daß die Beschreibung einen von persönlichen Sympathien gefärbten Akzent bekommen hatte. »Größe?« fragte ich.
    »Knappe sechs Fuß, Sir. Er hatte schmale Hüften und breite Schultern. Ich würde sagen, daß er viel Sport treibt.«
    »Hatte er etwas bei sich? Ein Paket, eine Tasche?«
    »Nichts, Sir. Nicht einmal Blumen.«
    »Trug er Handschuhe?«
    »Ja, dünne gelbe Lederhandschuhe. Ich wunderte mich, daß er die Handschuhe nicht abstreifte, als er den Namen in das Journal eintrug.«
    »Wie lautete der Name?«
    »Kenneth.«
    »Würden Sie ihn wiedererkennen?«
    »Ganz bestimmt.«
    »Auch ohne Sonnenbrille?«
    Die Schwester zögerte mit der Antwort. »Das hängt davon ab, was er auf dem Kopf haben wird. Er trug einen hellen Hut, dessen Krempe er tief in die Stirn gezogen hatte. Vielleicht, wenn ich die Stimme wiederhöre…«
    Dr. Ballin räusperte sich. Er schaute mich an. »Kommen Sie da mit?« fragte er. »Die Gangster töten Swift, um einen Tatzeugen aus dem Weg zu räumen. Gleichzeitig machen sie die Existenz eines anderen Tatzeugen möglich! Die Schwester gibt doch eine sehr präzise Beschreibung des Burschen, nicht wahr?«
    Die Schwester wurde um einige Nuancen blasser. »Glauben Sie, das ich gefährdet bin?« fragte sie.
    »Nein«, erwiderte ich überzeugt.
    Dr. Ballin stülpte skeptisch die Unterlippe nach vorn. »Natürlich liegt es mir fern, der Schwester Angst einzuflößen«, meinte er dann, »aber ich muß doch zugeben, daß ich in Sorge bin. Das bisherige Verhalten der Gangster läßt auf eine Bande äußerst brutaler und skrupelloser Verbrecher schließen.«
    »Das sind sie ohne Zweifel. Trotzdem halte ich die Schwester für nicht gefährdet, zumindest nicht im Moment. Zwischen den beiden Tatzeugen besteht meiner Ansicht nach ein grundlegender Unterschied.«
    »Allerdings«, warf Dr. Ballin ein. »Der eine ist nämlich schon tot!« Er zuckte leicht zusammen, als ihm bewußt wurde, daß diese Feststellung im Beisein der Schwester zumindest unnötig war. Er suchte nach einigen abschwächenden Worten.
    Ich kam ihm zuvor und sagte: »Das meinte ich nicht. Ich glaube eher, daß Swift sterben mußte, weil er den Gangster erkannt hat. Das erklärt auch, daß Swift vor der Bank niedergeschossen wurde.«
    Dr. Ballin hob die Augenbrauen. »Sie vermuten, es könnte sich um einen Bankkunden gehandelt haben?«
    »Vielleicht ja, vielleicht nein. Haben Sie nach der Operation mit Swift gesprochen?«
    »Selbstverständlich. Es war nur eine kurze Unterhaltung, die sich im wesentlichen auf die Nachwirkungen der Operation bezog.«
    »Den Bankraub haben Sie mit Swift nicht erörtert?« fragte ich.
    »Lieber Himmel, nein!« sagte Dr. Ballin. »Ich sah nicht- den geringsten Grund, bei Swift den kaum ausgestandenen Schock nochmals aufleben zu lassen.«
    »Äußerte Swift irgend etwas, das meine Vermutung bestätigen könnte?«
    »Er war schwach, entkräftet und apathisch«, erklärte der Arzt. »Seine körperliche Verfassung war

Weitere Kostenlose Bücher