Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0439 - Todesspiel in Samt und Seide

0439 - Todesspiel in Samt und Seide

Titel: 0439 - Todesspiel in Samt und Seide Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren:
Vom Netzwerk:
nicht nach Hause, sondern in den südlichen Teil Manhattans. Es war bereits kurz vor zehn Uhr abends, als ich das Haus Betrat, in dem Miß Gwynn wohnte. Ich fuhr mit dem Lift nach oben. Gerade als ich klingeln wollte, öffnete sich die Tür. Miß Gwynn schrak zusammen, als sie mich sah. »Lieber Himmel!« sagte sie leichenblaß und preßte die Hand auf die Brust. »Haben Sie mich erschreckt! Seit der Geschichte von heute nachmittag bin ich mit den Nerven völlig am Ende!«
    Sie trug ein samtenes Kleid, dessen Ärmel in hauchdünner Seide abgesetzt waren. Sie sah sehr attraktiv und adrett aus. Das Make-up war sorgfältig und geschickt aufgelegt, aber es war nicht in der Lage, die fahle Blässe zu vertuschen. »Tut mir leid, daß mein Anblick Sie so schockierte, aber…«
    Sie unterbrach mich. »Es ist nicht Ihr Anblick«, sagte sie. »Sie standen so plötzlich vor mir! Ehe ich Sie erkannte, war der Schock schon komplett.«
    »Nehmen Sie einen Kognak«, riet ich ihr.
    Sie lächelte unsicher. »Davon habe ich mir schon ein halbes Dutzend genehmigt. Es ist besser, ich mache damit allmählich Schluß.«
    »Sie sind doch noch stocknüchtern, oder?«
    »Ich kenne mich. Bis zu einem bestimmten Glas geht alles gut, dann reißt es mir plötzlich den Boden unter den Füßen weg. Darf ich fragen, weshalb Sie.wiedergekommen sind? Haben Sie etwas vergessen?«
    »Ja, einige Fragen.«
    »Betreffen sie Hank? Sie wissen doch, daß ich ihn kaum kannte. Ich bin zwar zweimal wöchentlich mit ihm weggewesen, aber ich hätte schwören mögen, daß er im Grunde nicht mehr ist als ein cleverer Geschäftsmann und ein temperamentvoller Liebhaber.«
    »Wollten Sie noch ausgehen?« fragte ich und deutete auf ihre Handtasche, die auf dem Tisch lag.
    »Ja, in der Wohnung werde ich verrückt. Die Geschehnisse haben mich stärker mitgenommen, als ich zugeben möchte. Ich werde irgendwo einen Happen essen.«
    »Würde es Ihnen etwas ausmachen, wenn ich Sie begleite?«
    »Bitte — ich bin froh, wenn mir jemand Gesellschaft leistet«, meinte sie, aber ich hatte das Gefühl, als wären diese Worte nicht ganz ernst zu nehmen.
    Wir fuhren mit dem Lift nach unten. »Mein Wagen steht in der Kellergarage«, meinte sie.
    Es war ein Chevrolet-Corvair, Baujahr 63. Wir setzten uns hinein und fuhren los. »Ich kenne ein hübsches Lokal in der 23. Straße«, meinte sie. »Es wird von einem Italiener geleitet. Die Küche ist wirklich gut. Ist Ihnen die Wahl des Lokales recht?«
    »Paßt mir ausgezeichnet«, sagte ich. Eine, Viertelstunde später saßen wir in dem mäßig besuchten Speiserestaurant an einem Tisch. Miß Gwynn stellte sich ein kleines Abendmenü zusammen, ich begnügte mich damit, eine Pizza und ein Bier zu bestellen. Wir saßen einander gegenüber. Während wir auf das Essen warteten, meinte das Mädchen: »Vielleicht halten Sie mich für einen Angsthasen. Sie sind FBI-Agent. Ich wette, für Sie gehören Vorfälle des Kalibers, wie ich heute einen miterlebte, zum täglichen Programm. Ich würde bei einem solchen Leben schon nach einer Woche zusammenklappen. Ich bin schreckhaft. Ich kann Aufregungen nicht vertragen.«
    »Dafür sind Sie eine Frau«, sagte ich lächelnd und klopfte meinen Anzug ab. »Typisch!« sagte ich.
    »Was ist typisch?«
    »Immer, wenn ich im Wagen sitze, rutschen mir die Zigaretten und das Feuerzeug aus der Hosentasche. Ich wette, sie liegen auf dem Beifahrersitz.« Ich erhob mich. »Ist der Wagen abgeschlossen?«
    »Nein, die Türen sind offen.«
    »Ich bin sofort zurück.«
    Drei Minuten später saß ich dem Mädchen in der kleinen Nische wieder gegenüber. »Nicht zu'finden«, sagte ich. »Wahrscheinlich habe ich die Sachen im Office liegengelassen.«
    »Wollen Sie rauchen? Ich habe Zigaretten dabei.«
    Als sie die Handtasche öffnete, drehte sie sie so, daß ich nicht hineinblicken konnte. Sie holte ein Feuerzeug und ein Päckchen Luckys heraus. »Bitte«, sagte sie. »Bedienen Sie sich.«
    »Vielen Dank. Halten Sie mit?« Sie klaubte sich eine Zigarette aus der Packung. Ich sah, daß ihre Hand leicht zitterte. Dann gab ich ihr Feuer. Anschließend steckte ich mir eine Zigarette an. Wir rauchten eine Minute schweigend, jeder mit seinen Gedanken beschäftigt.
    Dann sagte sie plötzlich: »Ich habe ganz vergessen, mich zu erkundigen, was aus den Verhafteten geworden ist. Haben sie gestanden?«
    »Teil, teils«, sagte ich. »Aber ganz einfach ist es nicht.«
    »Was war mit dem Paket?«
    »Was ich dachte«, erwiderte ich.

Weitere Kostenlose Bücher