044 - Der Teufelseid
erinnern wollte, log er ihr etwas vor, indem er ihr durch verschiedene Andeutungen zu verstehen gab, dass sie eine stürmische Liebesnacht hinter sich hatten.
Davon konnte zu Dorians Bedauern natürlich keine Rede sein.
»Los, raus aus den Federn, Mädchen«, rief er ihr fröhlich zu und zog ihr die Bettdecke weg. »In einer Stunde geht mein Schiff nach Dafni. Und ich möchte es nicht verpassen.«
»Ich fühle mich wie tot«, sagte sie benommen. »Was war denn nur mit mir los? Ich kann mich an nichts erinnern.«
»Na, bei solchen Begleiterscheinungen solltest du den Sex lieber bleiben lassen.«
Sie nickte schwach, stand auf und ging wie eine Schlafwandlerin ins Bad. Sekunden später steckte sie den Kopf wieder heraus.
»Willst du wirklich nach Athos?«, fragte sie.
»Natürlich. Deshalb muss ich das Boot um neun unbedingt erwischen. Wenn du dich zu zerschlagen fühlst, um mich zum Hafen zu begleiten, dann musst du es nicht tun.«
»Ich komme mit«, sagte sie. »In fünf Minuten bin ich soweit.«
Eine Viertelstunde später bestiegen sie vor dem Hotel ein Taxi.
Eine Weile fuhren sie schweigend durch die Straßen von Saloniki, dann ergriff Aphrodite endlich das Wort.
»Einige meiner Gedächtnislücken haben sich inzwischen gefüllt«, sagte sie. »Aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern, dass ich mit dir … Sag, hast du irgendwas mit mir gemacht?«
»Du meinst, ich hätte dir was in den Whisky geschüttet?«, fragte er zurück.
»Ich weiß, es ist dumm …« Sie hakte sich bei ihm unter und presste sich an ihn. »Sprechen wir nicht mehr davon. Wirst du bei deiner Rückreise von Athos bei mir vorbeischauen? Wenn du wieder bei mir bist, möchte ich wenigstens etwas davon haben und mich daran erinnern können.«
»Mal sehen …«
Als Dorian merkte, dass sie sich an nichts mehr erinnerte, atmete er auf. Er konnte sich wieder mit seinen eigenen Problemen beschäftigen.
In wessen Auftrag hatte Aphrodite gehandelt, als sie ihn zu ermorden versuchte? Aber eigentlich war es gar kein richtiger Mordanschlag gewesen. Denn als Aphrodite glaubte, dass er das Bewusstsein verloren hatte, zog sie ihn aus der Badewanne.
Was also dann? Wollte man ihm nur einen Denkzettel geben? Die Rothaarige konnte es sich erlauben, mit ihm zu spielen. Sie schien über jeden seiner Schritte unterrichtet zu sein. Während er selbst noch immer im Dunkeln tappte. Aber vielleicht fand er auf Athos des Rätsels Lösung. Warum eigentlich ausgerechnet bei den asketisch lebenden Mönchen?
»Ich erinnere mich, dass du mir ein Foto gezeigt hast«, drang Aphrodites Stimme in seine Gedanken. »Dürfte ich es noch einmal sehen?«
Er gab ihr beide Fotos, aber das mit der Rothaarigen schob sie zurück. Dann starrte sie auf das andere, das Dorian zusammen mit Coco vor dem Kloster Simonos Petra zeigte.
»Ist das deine Frau?«, fragte sie nach einer Weile.
»Ich war mal mit ihr gut befreundet.«
»Ich könnte schwören, dass ich sie gesehen habe.«
»Wo? Wann?«
»Gestern. In der Bar deines Hotels.«
Das traf Dorian wie ein Blitz.
»Warum hast du mir das nicht früher gesagt?«
»Ich weiß nicht«, sagte sie hilflos. »Ich erinnere mich nicht mehr.«
»Schon gut.«
Coco in Griechenland? In Saloniki? Konnte das Zufall sein? Jedenfalls war er jetzt ziemlich sicher, dass Coco die Stewardess verhext hatte. Und Coco hatte es nicht einmal der Mühe wert gefunden, in ihrer Verkleidung als Unbekannte aufzutreten.
»Dorian?«
»Ja?«
»Würdest du mir einen Gefallen tun?«
»Wenn es in meiner Macht steht.«
»Es kostet dich nicht viel. Nur einen kleinen Umweg. Würdest du, wenn du auf Athos bist, meinen Vater besuchen? Du findest seine Eremitage bestimmt ganz leicht. Du brauchst nur nach dem Einsiedler Christophoros zu fragen. Sage ihm, dass ich dich geschickt habe, und er wird dich freundlich aufnehmen. Von Simonos Petra ist es nur ein zweistündiger Marsch. Und da du sowieso zum Regierungssitz in der Stadt Karyäs musst, um die Aufenthaltsbewilligung zu bekommen, könntest du auf dem Rückweg …«
»Das kann ich dir mit ruhigem Gewissen versprechen.«
Dorian wusste noch nicht, wie lange er auf Athos bleiben würde. Aber bestimmt fand er Zeit, den Einsiedler irgendwann aufzusuchen.
Sie kamen in den Hafen. Aphrodite bat den Taxifahrer, auf sie zu warten. Sie schrieb Dorian ihre Adresse auf und sagte, dass sie dort in den nächsten sieben Tagen anzutreffen sei oder dann wieder nach vierzehn Tagen. Wenn er keine Zeit für einen Besuch
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