044 - Die Blutsauger von Tahiti
Agenten.
Da drehte
Larry sich zur Seite. Sofort tauchte der Kopf wieder unter. In der Dunkelheit
nahm Larry die leichte Bewegung der sich kräuselnden Wasseroberfläche nicht
wahr. Er ging um das Haus herum, erreichte den vorderen Eingang und klopfte an.
» Solier ?«
Er lauschte
auf die Geräusche im Innern.
Treppenstufen
knarrten. Ein Riegel wurde zurückgeschoben. Hinter dem winzigen, mit einem
scharfen Gegenstand herausgearbeiteten Guckloch der massiven Holztür tauchte
ein Auge auf. Dunkel, groß.
Das war nicht Solier .
»Was wollen
Sie mitten in der Nacht ?« Die Stimme einer Frau.
Unsicher und spröde. Eine Alkoholfahne schlug Larry entgegen.
»Ich muß
Emile Solier sprechen. Es ist wichtig !«
Die Tahitianerin war seine Frau. »Moment«, murrte sie. Mit
schlurfenden Schritten entfernte sie sich von der Tür. Der Lichtschein wurde
schwächer.
Auf halbem
Weg drehte Madame Solier sich um. Eines ihres dunklen Augen zeigte sich wieder hinter dem Guckloch.
»Wie ist
eigentlich Ihr Name ?« fragte sie lallend.
»Larry Brent.
Emile kennt mich .«
»Larry Brent...«,
murmelte sie im Davongehen vor sich hin.
X-RAY-3
hörte, wie im Haus eine Tür geöffnet wurde. Quietschend bewegte sie sich in den
Angeln.
Abwartend
stand der Amerikaner vor der Tür.
●
»Da ist
einer, der will dich sprechen .«
Madame Solier stand auf der Schwelle und starrte mit gläsernen
Augen auf den Mann, der nur mit Shorts bekleidet an dem klobigen Tisch hockte.
Solier blickte
nicht auf. Der Boden um ihn herum war naß, als wäre er eben erst aus dem Wasser
gekommen. Naß war auch die Hose, die er trug.
Sein nasses
Haar klebte wie eine Perücke auf seinem knochigen Schädel. »Ich habe gesagt, da
will dich einer sprechen. Brent heißt er .«
»Ich hab’s
gehört...«, murmelte er und winkte ab. »Ich bin nicht da .«
»Scheinbar
weiß er aber, daß du da bist. Was hast du wieder angestellt? Der Fremde macht
einen seriösen Eindruck .«
Solier schob die
schwach brennende Petroleumlampe zum anderen Tischende. Unbeirrt kaute er seine
Mangrove.
Dann erhob er
sich und zog einen einfachen Stoffetzen vor das schmutzige Fenster. Über ihm an
der Decke hing ein altes durchlöchertes Fischernetz. In der Ecke auf einem
selbstgezimmerten Möbelstück stand eine kunstvoll gebastelte Kogge. Ein
präparierter Haifischkopf zierte den Eingang über der Hintertür, vor der ein
schwerer Holzriegel lag.
»Brent heißt
er...«
»Ja, ich weiß .« Er fuhr sich durch das nasse Haar. Der Blick der Tahiti-
Frau wanderte über den feuchten Boden.
»Du hast
wieder alles naßgemacht«, sagte sie vorwurfsvoll.
»Ich hatte
keine Zeit mehr, mich abzutrocknen. Ich habe ihn kommen sehen. Er - ich wollte
nicht, daß er mich sieht. Sag, ich bin in der Stadt. Irgendwo in einer Bar. Das
täte ich oft .«
Achselzuckend
ging sie hinaus und schob den Riegel wieder von dem Guckloch.
»Er ist nicht
da. Wahrscheinlich betrinkt er sich wieder. Sein Bett ist unberührt .«
»Danke .«
Larry Brent
wußte, daß es gelogen war. Er hatte die leisen Stimmen vernommen. Die dünnen
Wände waren kein besonderer Schutz.
Der
Amerikaner ging ein letztesmal um das einsame, stille
Haus.
Er kam an der
Hintertür vorbei, den brackigen Tümpel wieder im
Rücken. Eines der winzigen Fenster neben dem verriegelten Eingang war nicht
ganz verhängt. Ein Spalt war freigeblieben. Der reichte aber, um dem Agenten
einen Blick in das armselige Arbeitszimmer Soliers zu
gestatten.
Solier saß mit
nacktem Oberkörper an einem klobigen Tisch, auf dem diverse Utensilien lagen.
Ein verbeulter Blechnapf, eine ramponierte Tasse, auf einem flachen Holzbrett
ein Messer. Links neben der gegenüberliegenden Tür stand auf dem Boden die
dicke Mappe, in der Solier seine Bilder aufbewahrte.
Darüber an der Wand eine vergilbte, alte Karte. Zahlreiche Meerestiere waren
darauf eingezeichnet.
Seltene
Fische aller Gattungen, Exemplare, die in sehr großen Tiefen vorkamen, waren in
einem dunkelblauen Feld eingezeichnet. Mehrere Quallenarten .
Die Karte war
französisch beschriftet, und Larry Brent hatte beim Anblick dieser Karte ein
eigenartiges Gefühl.
Solier war ein mehr
als interessanter Mann. Warum ließ er sich verleugnen? Hatte er das nötig?
Nachdenklich
wandte der Agent sich ab. Er wollte der Sache auf den Grund gehen. Wenn nicht
jetzt, dann später. Er hatte Zeit, den längeren Atem. Und einen Verdacht...!
Gedankenverloren
schritt er über den weißen Sand. Seichtes Wasser
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