0440 - Mein Boß saß in der Todeszelle
der immer noch schlief. Er merkte nichts von meiner Behandlung. Damit die drei nicht auf den Gedanken kamen, sich gegenseitig zu befreien, schleppte ich Mike in die Küche und Eddy vor die Hütte. Tab durfte vor dem Fernsehschirm liegenbleiben.
Ich schaute auf die Uhr. Ich hatte nur noch 20 Minuten Zeit.
***
Ich lief aus der Hütte zu meinem Wagen. Es regnete bereits, und der Nebel, der dem Sturm voranging, lag so dicht über dem Boden des Geländes, daß mich niemand von der Wache sehen konnte Das war mein großer Vorteil, denn die drei Gorillas würden nicht wissen, in welche Richtung ich verschwunden war, wenn sie zu früh wach wurden.
Am Wagen angekommen, sicherte ich vorsichtshalber noch einmal die Umgebung ab. Aber ich konnte niemanden sehen.
Dann warf ich mich auf den Boden und kroch unter den Wagen. Ich löste den Ledergurt, mit dem Phil das Sauerstoffgerät befestigt hatte. Diese Vorsichtsmaßnahme war erforderlich, weil ich ja vorher nicht wissen konnte, ob Harper den Wagen kontrollieren würde. Zusammen mit dem Atemgerät waren noch ein kleiner flacher Metalltank, sowie Schutzbrille, Flossen und ein mit Gewichten beschwerter Gürtel unter dem Wagen befestigt gewesen. Phil hatte gute Arbeit geleistet.
Ich rüstete mich auf und band den Tank auf den Bauch, während ich das Atemgerät am Rücken festschnallte. Die Flossen in der Hand, lief ich hinunter zur Mole.
Als er erste Blitz die Umgebung etwas aufhellte und den Bodennebel für ein paar Sekunden durchbrach, befand ich mich bereits bis zur Hüfte im Wasser. Ich tauchte schnell unter und legte die Flossen an, die ich bis jetzt in der Hand gehalten hatte. Mit schnellen Schlägen bewegte ich mich fort.
Erst als ich mit der Seite dagegen schlug, bemerkte ich den letzten Pfahl der Mole. Holzsplitter ratschten mir die Haut vom Leib, es brannte schmerzhaft.
Hier mußte es sein. Hier, wo vor einer Stunde noch der Gangsterboß Carl Harper gesessen hatte, ohne zu ahnen, daß in etwa sieben Fuß Tiefe zwei Millionen Dollar ruhten, eben jene Dollars, auf die er so scharf war.
Ich tauchte an dem Pfahl hinunter und tastete ihn mühsam ab. Plötzlich bemerkte ich einen Draht, den ich mit meinen Händen verfolgte. Das Wasser war zwar klar, aber ich konnte trotzdem nicht viel sehen.
Meine Hände erreichten einen flachen, metallenen Kasten. Das war er! Ich entflocht hastig den Draht, der um den Pfahl gespannt war, und drückte den schmalen Behälter in den Metalltank, den ich mir auf den Bauch geschnallt hatte. Um wieder hochzukommen, mußte ich einige Gewichte aus dem Gürtel ablegen, denn zwei Millionen in lauter Scheinen haben ein anständiges Gewicht.
Jetzt kam der schwierigste Teil des Unternehmens. Ich mußte in nördliche Richtung tauchen. Um mich zu vergewissern, tauchte ich an der Mole noch einmal hoch, denn die Umgebung dort war mir seit unserer Angelstunde noch recht vertraut. Aber es half mir nichts: Es war dunkel wie in einer Polarnacht. Der Sturm hatte losgelegt, der Neipel begann aufgerieben zu Werden, aber der heftige Strichregen war mit den Augen, die zudem noch durch die Taucherbrille behindert wurden, nicht zu durchdringen. Ich tändelte ein paar Sekunden an der Oberfläche und wartete auf den Blitz, der Licht in das Dunkel bringen würde.
Schon bald wurde meine Ausdauer belohnt. Zwei schnell hintereinander folgende Blitze durchleuchteten das Gebiet für mehrere Augenblicke. Sie genügten, um mir die Orientierung zu erleichtern.
Leicht schnaufend strampelte ich mich wieder hinunter. Der Tank auf meinem Bauch machte jegliche Bewegung allerdings überflüssig, ich merkte, wie er mich in die Tiefe riß.
Während ich nordwärts tauchte, mußte ich an Dantos Warnung denken: »Es hängt alles davon ab, wie Sie durch das Loch im Zaun kommen!«
Er hatte gar nicht so unrecht, denn an dem Zaun hingen kleine Sprengladungen. Wer immer Löcher in den Zaun schneiden wollte, würde dadurch Erschütterungen verursachen, die die Sprengladungen hochgehen lassen würden. Kein sehr angenehmer Gedanke!
Ungeheuer vorsichtig waren nun meine Schwimmbewegungen geworden, um den Zaun nicht an der falschen Stelle zu bewegen. Nach knapp zehn Minuten sah ich wenige Yards vor mir einen Pfosten. Ich drehte mich einmal um mich selbst, um meinen Körper genau in Kontrolle zu haben, und pirschte mich respektvoll an den tödlichen Draht heran. Wenn ich von der Mole schnurgerade nördlich geblieben war, mußte hier irgendwo das Loch sein. Die kleinen runden Platten, die an
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