0442 - Entführt ins Nichts
gab Nicole zu. »Wir sollten uns wirklich darum kümmern.«
»Hoffentlich haben wir die Zeit dafür«, wandte Zamorra ein. »Wenn ich daran denke, daß ich allein eine furchtbar lange Zeit dafür gebraucht habe, mich um das Amulett und das darin anscheinend entstehende Bewußtsein zu kümmern, weil ständig irgend etwas los war, das mich daran hinderte… na, ich weiß nicht…«
Zuweilen meldete sich eine geisterhafte Stimme in seinem Bewußtsein, die allem Anschein nach aus dem Amulett kam, und die ihm Hinweise oder Warnungen gab. Es war, als bilde sich in der Silberscheibe ein künstliches Bewußtsein. Aber Zamorra war mit seinen Erforschungsversuchen immer wieder ins Leere gestoßen. Er hatte nichts herausfinden können. Aber er fragte sich, wie dieses mutmaßliche Bewußtsein - was sonst sollte es sein, wenn sein Entstehen und seine Entwicklung auch völlig rätselhaft waren - auf die Ash’Naduur-Katastrophe mit der völligen Energieentladung reagieren würde. War es verloschen, oder hatte es sich irgendwie eine Mindestreserve retten können? Immerhin hatte es sich seit der Rückkehr nicht wieder bemerkbar gemacht.
Das brauchte allerdings nichts zu bedeuten; die Stimme meldete sich nicht bei jeder Gelegenheit…
Es war ohnehin schon phänomenal, daß die Kraft einer entarteten Sonne so total verausgabt werden konnte. Die Energie eines Sterns, den Merlin einst vom Himmel holte, um das Amulett daraus zu schmieden…
»Vielleicht sollten wir uns die Zeit für Merlin einfach nehmen«, sagte Nicole. »Chef, wir sind nicht allein auf der Welt. Warum müssen wir immer an die vorderste Front gegen die Dämonen oder die Ewigen? Da sind Gryf und Teri, da ist Ted, da ist Lord Saris, der sich verdammt rar macht… Die können sich ja auch einmal um etwas kümmern.«
»Zumindest Gryf und Teri scheinen sich derzeit um etwas zu kümmern, sonst hätte ich ja einen von ihnen in der Hütte auf Anglesey erreicht«, gab Zamorra zurück. »Und ansonsten -wenn wir nicht diesem Roswell-Vorfall nachgehen wollten, hätten wir doch die Zeit, uns schon jetzt um Merlin zu kümmern.«
Nicole verschränkte die Arme unter den Brüsten. »Das ist unfair, Chef«, protestierte sie.
Zamorra zuckte mit den Schultern. »Ich glaube eher, daß wir beide nicht wissen, wie wir Merlin helfen sollen, wo wir mit unseren Forschungen ansetzen sollen, und daß uns deshalb beiden recht gelegen kommt, uns hier in ein neues Abenteuer stürzen zu können. Als Alibi, damit wir sagen können: Wir hatten ja keine Zeit…«
Nicole runzelte die Stirn. »Da kannst du recht haben. Aber vielleicht gewinnen wir dabei auch Zeit, in der uns der richtige Einfall kommt.«
Der Parapsychologe nickte. »Genau deshalb gebe ich diesem Alibi-Abenteuer ja auch nach. Denn eigentlich hatte ich mir vorgenommen, künftig nur noch wichtige Dinge in Angriff zu nehmen und die unwichtigen den anderen zu überlassen…«
»Dann sind wir uns ja einig. Übrigens sieht es so aus, als würden wir bald landen«, sagte Nicole nach einem Blick auf die Uhr. »Hoffentlich finden wir in Roswell ein vernünftiges Hotel. Nicht so eins wie in Albuquerque…«
Aus dem waren sie hinauskomplimentiert worden. Andere Gäste hatten sich über Nicoles Balkon-Aktion beschwert, und man hatte ihnen nahegelegt, das Etablissement so bald wie möglich zu verlassen. Angesichts der Übertechnisierung, die sie beide nicht mochten, war ihnen das nicht sonderlich schwer gefallen. Sie hatten sich in den Kaufhäusern neu ausgestattet und den Flug nach Roswell gebucht.
Und sie waren beide gespannt, was dort auf sie wartete…
***
Ted Ewigk fand sich in Caermardhin wieder, in Merlins unsichtbarer Burg auf einem Berggipfel im südlichen Wales. Er war nicht zum ersten Mal hier, aber auch jetzt wunderte er sich wieder über die Raumausnutzung. In bestimmten Situationen wurde die Burg sichtbar, und so, wie Ted sie von außen gesehen hatte, hatten die Räumlichkeiten in ihrem Innern unmöglich innerhalb der Mauern Platz. Allein der Saal des Wissens übertraf in seiner Ausdehnung die äußeren Abmessungen. Die Burg müßte in eine andere Dimension hinein reichen.
Wie der ›kurze Weg‹ funktionierte, war ebenso rätselhaft. So, wie Ted es verstand, war es eine andere Art der Fortbewegung als die Téléportation, die die Silbermond-Druiden den zeitlosen Sprung nannten, die Versetzung von einem Ort zum anderen durch reine Geisteskraft und ohne meßbaren Zeitverlust. Und fest stand auch, daß Sid Amos eine andere
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