0442 - Stets, wenn er die Peitsche nahm
der Besucher ungerührt. »Allerdings vertrete ich die Interessen einer Organisation, die entschlossen war, sich an das Ihnen gegebene Wort zu halten. Sie hätten dem Alten das Geld gegeben, und dafür wäre Percy Stout sofort freigelaslen worden. Ob Stouts jetztige Entführer aus dem gleichen Holz geschnitzt sind, wage ich zu bezweifeln.«
»Sie wissen also nicht, wer Percy entführt hat und wo er sich jetzt aufhält?«
»Wenn wir wüßten, wer ihn hoppgenommen hat, wäre ich nicht zu Ihnen gekommen. Sie sollen uns helfen, diese Burschen aufzuspüren!«
»Was erwarten Sie von mir? Erstens arbeite ich nicht mit Leuten Ihres Schlages zusammen, und zweitens kenne ich von Percys Entführern weder Namen noch Adresse.«
»Das ist mir klar«, meinte Nybo. »Aber diese Burschen sind gezwungen, mit Ihnen Kontakt aufzunehmen. Anders kommen sie an das Geld nicht heran. Telefonisch haben sie die ersten Schritte schon in die Wege geleitet. Ich bin hier, um mit Ihnen abzusprechen, wie wir den Banditen eine Falle stellen können.«
»Ich soll mit Ihnen gemeinsame Sache machen? Das ist ein schlechter Witz! Sie wünschen nur zu erreichen, daß das Geld an Sie, und nicht an die anderen Entführer geht. Was habe ich damit zu tun? Mir ist’s egal, wer das Geld bekommt. Hauptsache, Percy geschieht nichts!«
»Mein Boß«, sagte Nybo ernst, »liebt es nicht, wenn man ihm ins Handwerk pfuscht. Die Männer, die den Alten und seinen Diener niedergeschossen und anschließend Stout entführt haben, müssen deshalb mit der Rache meines Bosses rechnen. Das ist die eine Seite der Angelegenheit. Die andere ist für Sie nicht minder bedeutungsvoll. Von uns würden Sie Percy Stout gesund und munter zurückbekommen — ob seine jetzigen Entführer die gleichen humanen Absichten hegen, wage ich zu bezweifeln!«
Liza schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. Das Gerede wurde ihr einfach zuviel. »Sie haben es nötig, von Humanität zu faseln!« sagte sie erregt. »Sie wissen nicht einmal, was es bedeutet! Für mich sind die Menschen, die Percy entführt haben, allesamt Verbrecher. Warum sollte ich Ihnen mehr glauben als den anderen? Sie denken nur an das Geld und an die einfachste Möglichkeit, es in Ihren Besitz zu bringen.«
In diesem Moment klingelte es.
Nybo sprang auf. »Wer ist das?«
»Woher soll ich das wissen?« fragte Liza und erhob sich gleichfalls. »Ich muß rausgehen und öffnen.«
»Nein!«
Liza hob verwundert die Augenbrauen. »Aber man weiß doch, daß ich zu Hause bin.«
Nybo ließ seine Blicke nervös durchs j Zimmer huschen. »Wo kann ich mich verstecken?« fragte er hastig.
»Es wird am besten sein, Sie bleiben einfach hier«, sagte das Mädchen.
»Okay«, nickte Nybo und drückte die Zigarette im Ascher aus. »Wenn es ein Polyp ist, wird es Ihnen hoffentlich nicht schwerfallen, den Kerl abzuwimmeln. Falls das nicht klappen sollte, stellen Sie mich als Kollegen vor.«
»In Ordnung«, sagte Liza und verließ das Zimmer. Sie öffnete die Wohnungstür und zwang sich zu einem Lächeln. Es fiel ziemlich hölzern aus. »Guten Morgen, Mr. Cotton!« sagte sie. »Da sind Sie ja wieder.«
***
»In voller Lebensgröße«, erwiderte ich. »Ist es gestattet, einzutreten?«
Das Mädchen errötete. »Ich weiß nicht recht«, meinte sie zögernd.
»Haben Sie Besuch?«
»Ja.«
»Ich halte Sie nicht lange auf«, versprach ich und betrat die Diele. Ich marschierte geradewegs auf Lizas Zimmer zu. Als ich eintrat, sah ich den Mann. Ich wußte, daß ich ihn schon einmal kennengelernt hatte, aber es gelang mir nicht sofort, ihn richtig einzuordnen.
»Ein Kollege von mir, Mr. Nybo«, stellte das Mädchen hastig vor. »Mr. Cotton.«
Der Mann grinste. »Hallo«, sagte er. »Ich wollte nur mal feststellen, wie es Miß Goddenham geht. Sie ist sehr beliebt im Office, wissen Sie. Wir alle haben uns Sorgen gemacht, weil sie nicht ins Büro kam.«
»Wirklich rührend«, sagte ich. »Eine wohltuende Anteilnahme. Wie war doch gleidh Ihr Name?«
»Nybo. Warum fragen Sie?«
»Ich kann mir nicht helfen, aber mir ist es so, als hätte ich Sie vor einigen Monaten oder Jahren unter einem anderen Namen kennengelernt.«
»Tatsächlich?« grinste er. »Da liegt offenbar eine Verwechslung vor.«
»Gut möglich«, räumte ich ein. »Darf Ich mal Ihre Identity Card sehen?« Er legte die Stirn in Falten. »Bei Ihnen ist wohl ’ne Schraube locker?«
fragte er wütend. »Was fällt Ihnen denn ein? Sie können mich doch nicht wie einen Ganoven
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