0445 - Der Mann, der meinen Tod befahl
bat die Besucher herein. Sie trug einen kostbaren Morgenrock aus roter Seide mit Hermelinbesatz.
»Entschuldigen Sie meine Aufmachung«, sagte sie mit zarter Stimme. »Aber ich bereite mich für meinen Dienst vor.«
Die Wohnungstür schloß sich.
»So, Sie haben Nachtdienst?« fragte der Lieutenant.
»Ja, ich arbeite in einem Nightclub als Tänzerin. Bitte, kommen Sie doch durch in den Salon. Stören Sie sich nicht an der Unordnung«, sagte sie und räumte die Kleider von einem Sessel ab.
»Machen Sie sich keine Mühe, Miß Power«, sagte der Lieutenant. »Wir haben nur eine Frage. Haben Sie vor acht Tagen diesen Schuh beim Italian-Shoe-Shop in der 57. Straße West gekauft?«
Brandsom - lüftete den Deckel und hielt dem Girl den Karton hin.
»Bitte nicht berühren«, sagte er dazu.
»Was ist mit diesem Schuh?« fragte Nannie Power stockend. Sie hielt ihre Augen niedergeschlagen, als ob ihr Blick auf dem kostbaren Modell ruhte.
»Nichts ist mit diesem Schuh«, erwiderte Mehalic. »Wir wollten nur genau wissen, ob Sie vor acht Tagen diesen Schuh gekauft haben.«
»Nein, wie kommen Sie darauf? Für einen solchen Schuh habe ich kein Geld«, sagte sie ausweichend. »Der kostet doch bestimmt im Italian-Shoe-Shop seine zweihundert Dollar.«
»Nein, genau 187«, erwiderte Mehalic, »Mr. Joseflno hat Ihre Adresse hinter diesem Modell in seine Liste eingetragen. Sie scheinen also zu seinen Kunden zu gehören.«
»Nein, ich schwöre es Ihnen, ich habe den Shop noch nie betreten. Vielleicht ha,t eine Kollegin meine Adresse angegeben. Ich bin es bestimmt nicht gewesen.«
»Beruhigen Sie sich doch«, sagte Mehalic ärgerlich, »schließlich ist es kein Verbrechen, in diesem Laden einzukaufen. Wo haben Sie den zweiten Schuh?«
»Ich habe Ihnen doch schon gesagt, daß ich ihn nicht gekauft habe«, stammelte sie. Plötzlich schlug ihre Stimme um. Hysterisch schrie sie: »Wenn Sie mir nicht glauben wollen, bitte, machen Sie doch eine Haussuchung.«
Brandsom lächelte. Sein Blick fiel auf einen Packen Postkarten. Es waren Aufnahmen von Miß Power. Quer über die hervorragend geformten Beine lief ihr Autogramm.
»Oh, Miß, geben Sie mir solch eine Postkarte«, sagte Brandsom und warf Nannie Power einen schmachtenden Blick zu.
»Aber bitte, bedienen Sie sich«, sagte sie mit einem gekünstelten Lächeln.
»Darf ich drei nehmen?« fragte Brandsom. Mehalic starrte ihn ärgerlich an. »Bitte, natürlich.«
»Wo hielten Sie sich um fünf Uhr heute nachmittag auf?« fragte Mehalic.
»Hier in dieser Wohnung. Die Masseuse war bei mir. Sie können die Dame anrufen. Auf dem Tisch liegt die Telefonnummer.«
Mehalic griff nach dem Zettel und steckte ihn ein.
»Wann verlassen Sie das Haus, Miß Power?« fragte der Lieutenant.
»Jeden Tag um die gleiche Zeit, abends zehn Minuten nach neun.«
»Gut, vorher nicht?«
»Nein, nie. Die Nacht ist lang genug, Lieutenant. Aber warum diese Geheimnistuerei?« Sie trippelte dicht an ihn heran, schlug ihre Augen verführerisch auf und sah ihn mit einem Lächeln an. »Was hat der arme Schuh verbrochen, daß sich die Polizei um ihn kümmert?«
Mehalic schwieg einige Sekunden. Dann sagte er:
»Dieser Schuh wurde unter einem Mann gefunden, der ermordet worden ist.«
, Nannie Power wurde blaß.
»Unter einer Leiche?« stammelte sie. »Ja, es war ein schmächtiger Mann im Trenchcoat. Aber machen Sie sich nichts daraus, Miß Power, wenn Sie wirklich hier in der Wohnung waren und die Masseuse das bezeugen kann.«
»Wirklich, ich war in der Wohnung«, sagte sie mit steifen Lippen.
Die beiden Polizisten verließen das Apartment und fuhren mit dem Lift nach unten.
»Was wollen Sie mit den Fotos?« fragte Mehalic.
»Eines kommt in meine Westentasche. Das zweite vermutlich in Ihre und das dritte halten wir Mr. Josefino unter die Nase.«
»Nicht wir, sondern ich. Sie bleiben hier, Brandsom und passen auf, daß der Vogel nicht entwischt.«
»Sie glauben also auch, daß das Girl die Schuhe gekauft hat?«
»Natürlich. Lassen Sie sich nach Möglichkeit nicht blicken, Brandsom.«
»Okay, Chef. Und viel Erfolg.«
Mr. Josefino stand bereits an der Tür, als Lieutenant Mehalic aus dem Polizeiwagen stieg.
Händeringend kam ihm der Italiener entgegen.
»Major, ich habe Himmel und Hölle angerufen, um Sie zu erreichen. Etwas ganz Wichtiges ist passiert, heute nachmittag zwischen drei und vier.«
Die Passanten blieben stehen und betrachteten den Lieutenant und Mr. Josefino wie zwei
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