0445 - Horror-Quiz
Mit der Tarot-Magie ist nicht zu spaßen.«
Er nickte. »Das vermute ich inzwischen auch…«
***
Wo man in Calais, dieser Küsten- und Fährenstadt, auch hinkam, es roch überall nach Meer. Stets wehte ein frischer Wind, so daß eine sommerliche Schwüle erst gar nicht entstehen konnte. Die Menschen hier fühlten sich wohl. Es waren kernige Typen, wetterfest und bodenständig, wie sie selbst immer sagten, und auch Delormes war gern in der Stadt.
Um herauszufinden, wo van Akkeren abgestiegen war, fuhr er zur Touristik-Information. Jeder Hotelbesitzer meldete seine Gäste dort namentlich an.
Delormes kannte den Chef ziemlich gut. Sie hatten schon so manchen Zug gemeinsam unternommen und dem Brandy dabei sehr zugesprochen.
»Ach, du bist es, Jacques!« wurde Delormes begrüßt. »Willst du wieder eine Sause machen?«
»Später vielleicht.«
»Setz dich.«
Jacques Delormes nahm auf einem gepolsterten Stuhl Platz und fing an zu erzählen.
Der andere hörte zu. Er war einige Jahre jünger als der Anwalt, hatte aber schon graue Haare und trug als Manneszierde einen Kugelbauch vor sich her.
»Wenn es nicht mehr ist, das haben wir gleich.« Der Chef schaute selbst nach und fand auch, was er suchte.
»Ist er es?« Delormes war plötzlich nervös.
»Kann nur er sein. Vincent van Akkeren.«
»Genau. Wo ist er abgestiegen?«
»Im Jardin.«
Delormes überlegte einige Sekunden. »Das ist aber nicht hier in Calais.«
»Nein, es liegt ein wenig außerhalb.«
»Danke, ich weiß Bescheid.« Delormes stand auf.
»Du hast es aber verdammt eilig.«
»Ja, der Typ hat mich gelinkt. Regelrecht betrogen. Ich verkaufte ihm eine Insel, und er unterschrieb die Verträge mit einer Tinte, die schnell verschwand.«
»Dann sind sie doch ungültig.«
»Seiner ja wohl nicht. Es waren übrigens Versicherungssachen. Aber das spielt jetzt keine Rolle. Ich erzähle es dir mal später. Erst stelle ich van Akkeren zur Rede.«
»Kennst du den Weg?«
»Sicher.«
»Dann viel Spaß.«
»Danke, du Scherzbold.«
Der Anwalt hatte es mehr als eilig. Den Wagen hatte er vor dem Haus geparkt. Er fuhr einen großen Peugeot 604. Vor einem halben Jahr hatte er sich den Wagen gekauft.
Die Innenstadt hatte er schnell hinter sich gelassen und erreichte bald die Außenbezirke. Das Hotel lag ein wenig abseits und war über eine Nebenstraße zu erreichen. Manchmal führte sie dicht an der Küste entlang.
Möwen schwebten unter den blaugrauen Wolken. Aber der Anwalt hatte keinen Blick für die Schönheiten der Natur. Ihm ging es einzig und allein um van Akkeren.
Delormes hoffte nur, daß der Mann noch nicht abgereist war.
Dann war alles umsonst.
Er rechnete mit einer Fahrt von zehn Minuten durch die Einsamkeit. Die Abzweigung hatte er sehr bald gefunden.
Sanfte Wellen, grün wie Alpenmatten aussehend, nahmen ihm hin und wieder die weite Sicht. Da er es eilig hatte, fuhr er so rasch wie möglich. Nur einmal mußte er bremsen, als ihm einige Radfahrer entgegenkamen, die auf Tour waren.
Ein kleiner Junge, er fuhr als vorletzter, streckte ihm noch die Zunge heraus.
Danach war er wieder allein.
Das Fahrerfenster hatte er nach unten fahren lassen. Frischer Seewind wehte in den Wagen. Die Karte, die er van Akkeren vor die Füße werfen wollte, lag neben ihm auf dem Beifahrersitz.
Delormes hatte sich an den Geruch des Windes gewöhnt und war überrascht, als plötzlich ein regelrechter Gestank in seine Nase drang. Er roch nach Verbranntem oder Verätztem.
Er blickte nach links und rechts, weil er damit rechnete, daß irgendwo ein Feuer brannte.
Der Anwalt sah keines, denn von außen her drang kein Rauch in den Wagen. Der kam von innen.
Delormes Fuß nagelte das Bremspedal nach unten, als sein Blick den Beifahrersitz streifte.
Dort lag die Karte und qualmte! Sie war es, die den widerlichen Geruch abgab. Die Qualmschwaden vernebelten die Sicht und zwangen den Mann, langsamer zu fahren.
»Verdammt auch«, fluchte er, »was soll denn das!« Er wollte die Karte nehmen und sie aus dem Fenster schleudern, doch als er sie anfaßte, zuckte er zurück, denn sie war heiß.
Er stoppte.
Er konnte sich nicht gleichzeitig um die Karte und die Fahrerei kümmern. Zwar hatte er vorgehabt, sie van Akkeren vor die Füße zu schleudern, aber das konnte er jetzt vergessen. Er wollte sie aus dem Wagen werfen.
Um sich nicht die rechte Hand zu verbrennen, wickelte er ein Taschentuch um die Finger, bevor er die Karte behutsam anhob. Er hatte sie kaum berührt, da
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