0446 - Der Fluch aus dem Grab
dass man von einer Abkühlung kaum sprechen konnte.
Zum Glück wehte ein leichter Wind. Er brachte den sommerlichen Blütengeruch mit, was wir beide als sehr angenehm empfanden.
Natürlich wollten wir das Haus betreten. Allerdings nicht von der Vorderseite, es gab bestimmt noch einen zweiten Ausgang an der Rückseite. Den suchten wir.
Das Grundstück mochte zwar groß sein, aber niemand hatte die nähere Umgebung des Hauses gepflegt. Mir kamen das Gras und das Gestrüpp vor, als würde ich durch einen Urwald laufen.
Auch an den Seiten besaß das Gebäude mehrere Fenster. Sie waren ebenso dunkel wie die anderen, die wir schon gesehen hatten.
Sarah Goldwyn schüttelte den Kopf. »Jane scheint noch nicht eingetroffen zu sein.«
»Wieso?«
»Dann hätten wir Licht gesehen. Oder glaubst du, dass sie im Dunkeln durch die Räume streicht?«
»Es ist alles möglich.«
Wir befanden uns bereits auf der Rückseite. Ich holte meine kleine Lampe hervor und ließ den Strahl über das Gemäuer wandern. Sehr bald schon tauchte er in eine schmale Nische, und dort befand sich auch die Tür, die wir gesucht hatten.
Ich drückte die Klinke nach unten. Natürlich war sie abgeschlossen. Als ich den Kopf drehte, stand Lady Sarah hinter mir. Sie hatte die Hände in die Seiten gestützt und fragte: »Wie geht es jetzt weiter?«
»Ich weiß es nicht.«
»Willst du die Tür nicht mit Gewalt öffnen?«
Ich lächelte. »Wollen unter Umständen. Vergiß aber nicht, dass ich Polizist bin? Was habe ich denn in der Hand? Nur einen gewissen Verdacht, der das Aufbrechen einer Tür nicht berechtigt.«
»Ich bin kein Polizist.«
»Trotzdem, ich kann auch nicht dabei zusehen, wie ein anderer sich strafbar macht.«
»Bist du pingelig.«
Ich hob die Schultern, verließ die Nische und schaute an der Rückseite hoch.
Auch hier sah ich kein Licht hinter den Fenstern. Das Haus lag in der Dunkelheit und Stille vor mir.
»Wir könnten es am normalen Eingang versuchen. Möglicherweise ist der nicht verschlossen.«
»Ja, komm.«
Lady Sarah hielt gut mit mir Schritt, für ihr Alter war das enorm.
Wir befanden uns noch an der Schmalseite des Hauses, da hörten wir die Schritte.
Von der Straße her klangen sie auf.
Sofort blieb ich stehen. Auch die Horror-Oma stand da, ohne sich zu rühren.
Beide konzentrierten wir uns auf die Geräusche, und die Schritte hörten sich an wie die einer Frau.
Ging die Person vorbei?
Nein, plötzlich verstummten die Geräusche. Ich lief vor, blieb auf dem Grundstück und auch in Deckung der Mauer. Sie war mit Efeu und anderen Rankengewächsen bedeckt. Die Blätter strichen über meinen schweißfeuchten Nacken.
Die Person konnte ich nicht mehr erkennen. Sie musste in der Haustürnische verschwunden sein, aber ich vernahm einen Laut, der entsteht, wenn jemand eine Tür öffnet.
Als ich die Tür erreichte war sie schon wieder zugefallen, und ich hatte keine Chance gehabt, den Besucher zu sehen. Allerdings ging ich davon aus, dass es Jane Collins gewesen sein musste.
Der Meinung war auch Lady Sarah, die plötzlich neben mir stand und mir dies zuflüsterte.
»Und noch etwas«, sagte sie. »Ich habe mich umgesehen und eine Leiche gefunden.«
»Was?«
»Ja, an der Rückseite liegt ein Toter. Er sah aus, als hätte er sich erhängt. Wahrscheinlich liegt er dort schon einige Tage. In der Wärme ist das kein guter Anblick gewesen.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
»Kannst du denn mit der Leiche etwas anfangen, John?«
»Nein, nicht, aber ich kenne den Fall. Wahrscheinlich war es einer dieser Selbstmörder. Man wird ihn dort abgelegt haben.« Ich schüttelte den Kopf. »Eigentlich hätten wir jetzt einen Grund, das Haus zu betreten.«
Lady Sarah nickte mir zu. »Weshalb tust du es dann nicht?«
»Hast du eine Ahnung«, sagte ich und schaute mir das Schloss der Eingangstür genauer an.
Das bekam ich nicht so leicht auf. Deshalb blieb uns nichts anderes übrig, als es an der Rückseite zu versuchen…
***
Jane Collins hatte von Miles Banion genaue Instruktion bekommen, wie sie sich in dem Haus zu verhalten hatte. Nicht nur das. Ihr war auch empfohlen worden, ein Taxi zu nehmen, den Wagen aber nicht bis direkt an das Ziel heranfahren zu lassen.
Sie hatte sich an alles gehalten. Der Fahrer war ziemlich geschwätzig gewesen, hatte über Gott und die Welt geredet, es aber dann aufgegeben, als Jane keine Antwort gab.
Die ehemalige Hexe zahlte und legte ein kleines Trinkgeld hinzu. Sie ging die letzten Yards zu
Weitere Kostenlose Bücher