0447 - Der letzte auf dem Todesstuhl
Rücken. Der Vordermann ließ seine Pistole verschwinden. Er tastete mich ab. Dann stieß er mir die Faust in die Rippen.
»Vorwärts!« Sie schleiften mich zur Straße. Draußen war inzwischen die Morgendämmerung angebrochen. Die Kerle nahmen mich in die Mitte. Während sie mich über den Bürgersteig in Richtung auf einen schwarzen Cadillac drängten, sah ich mir die Jungen an.
Beide hatten Kleiderschrankfiguren. Sie trugen dunkle Brillen. Die Hüte hatten sie tief in die Stirn gezogen und die Kragen ihrer Trenchcoats hochgestellt. Ich sah nicht viel mehr von ihnen als die Nasen und die untere Partie ihrer Gesichter. Beide besaßen ein hartes kantiges Kinn.
Der Mann, der im Hausflur auf mich gewartet hatte, hatte die breitgeschlagene Nase eines Boxers. Der andere hatte eine kurze aufgestülpte Nase, in die es bei ungünstiger Haltung des Kopfes hineinregnen konnte.
Als wir den Cadillac erreicht hatten, rissen sie die Tür zum Fond auf.
»Einsteigen!« blaffte die Stupsnase nach. Ich fiel wie eine Schaufensterpuppe auf den Rücksitz. Ich war nicht allein in dem Wagen. In der linken Ecke saß ein Mann, auch in einem Trenchcoat, dessen Kragen hochgestellt war.
Er wandte mir das Gesicht zu, ein starres lächelndes Gesicht, dessen Augen ebenfalls von einer dunklen Brille bedeckt waren. Das Licht des beginnenden Tages war noch nicht so stark, daß ich die Einzelheiten des Gesichtes erkennen konnte.
Der Cadillac vibrierte, als sich die beiden Gorillas hinter das Steuer und auf den Beifahrersitz warfen. Der Gangster mit der aufgestülpten Nase drehte sich sofort um und richtete seine Pistole auf mich. Er nahm die dunkle Brille ab. Ich sah graue Augen mit entzündeten Rändern und schweren Tränensäcken. Sie verrieten, daß der Mann ein Trinker war.
Auch der andere Gorilla nahm die Brille ab. Ich konnte sein Gesicht im Rückspiegel sehen. Seine Augen waren klein und braun und hatten einen unangenehmen Drillbohrerblick.
Der Cadillac fuhr an. Ich drehte den Kopf dem Mann im Fond zu in der Erwartung, auch er würde die dunkle Brille abnehmen, aber er hob die Hand nicht. Immer noch zeigte sein Gesicht das starre unnatürliche Lächeln.
Ich blickte schärfer hin. Der Mann zeigte nicht sein Gesicht. Er trug eine dünne Gummimaske, deren Lächeln aus der Vulkanisierpresse stammte. Die dunkle Brille verhinderte es, die Farbe seiner Augen in den Sehschlitzen der Maske zu erkennen.
Er zog die Hand aus der Tasche und preßte sie vor den Mund, genauer gesagt, vor die Stelle der Maske, unter der sich sein Mund verbarg. Er hielt ein Taschentuch in der Hand. Er dämpfte damit seine Stimme, und er bemühte sich außerdem, sie zu verändern.
»Wer bist du?« quetschte er hervor. »Das möchte ich von dir auch gern wissen«, antwortete ich.
»Roy«, sagte der Maskierte, und der Gorilla mit der Himmelfahrtsnase schoß die linke Faust nach mir ab. Der Cadillac bot nicht genug Platz zum Ausweichen. Ich konnte den Kopf nur zur Seite drehen. Roys Faust streifte meinen Backenknochen.
»Wenn du mit den Antworten sparsam sein willst, wird Roy um so großzügiger mit Faustschlägen sein«, zischte der Maskierte. »Dein Freund Harper irrt sich, wenn er hofft, mich auf den Arm nehmen zu können. Wo ist Harper jetzt?«
»Das wüßte ich auch gern«, antwortete ich und behielt Roy im Auge. Ich war entschlossen, seinen nächsten Faustschlag nicht hinzunehmen.
»Für mich steht fest, daß Harper dich hergeschickt hat. Donovan hat auf eurer Seite mitgespielt.«
In diesem Augenblick prustete Roy ein gewaltiges Niesen heraus. Ich grinste. »Hast du dich bei den Turnübungen an der Küste von Atlantic Beach erkältet?«
Der Maskierte faßte nach meiner Jacke und riß mich herum. »Bist du der Bursche, der dort unten dazwischenplatzte?«
Ich antwortete nicht.
»Arme hoch!« befahl er.
»Arme hoch!« echote Roy. »Ich schlag dir den Lauf meiner Kanone ins Gesicht, wenn du nicht…«
Langsam nahm ich die Hände hoch. Der Maskierte griff mir in die Jackentasche. Er erwischte den FBI-Ausweis. »Du bist G-man«, stieß er überrascht hervor.
»Findest du nicht, daß das Bild mir ähnelt?«
»Harper arbeitet für euch?«
Ich zuckte die Achseln. »In der Kantine des Hauptquartiers bin ich ihm noch nie begegnet.«
»Warum bist du ihm dann zu Hilfe gekommen?«
»Ich hatte keine Ahnung, daß sich im Sand von Atlantic Beach ein Mr. Harper aufhielt. Ich war hinter dem Killer Chuck Donovan her, und ich hatte erfahren, daß er eine Verabredung in
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