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0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat

Titel: 0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat Kostenlos Bücher Online Lesen
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ausschläft. Er scheint eine gute, widerstandsfähige Konstitution zu haben, und die — im Verein mit einem guten Schlaf — wird uns am besten helfen.«
    Ich strahlte ihn an. So übel fand ich das Weiß rings um mich herum gar nicht mehr.
    »Danke, Doc«, sagte ich. »Danke. Sie sind der erste Lichtblick in dieser lausigen Freitagnacht. Vielen Dank.«
    Er nickte mir lächelnd zu. Draußen graute der Morgen. Ich hörte Vögel zwitschern und Nebelhörner vom East River herüberhallen. New York erwachte zu neuem brausenden Leben. Es war ein Samstag, aber im Hafen riß die Arbeit nicht ab und an hundert anderen Ecken auch nicht. Nur die Börse würde geschlossen bleiben, die Wolkenkratzer der Versicherungsgesellschaften und tausend andere Büros auch. Gegen zehn würde es die ersten Verstopfungen durch die Weekend-Ausflügler auf der Washington-Brücke und im Holland-Tunnel hinüber nach Jersey geben. Für mich würde es ein Wochenende mit Arbeit bedeuten, nicht das erste Mal, weiß Gott nicht. Aber auch Arbeit ohne Phil. Immerhin, sagte ich mir, immerhin kann er sich jetzt mal ausschlafen.
    Im Jaguar griff ich nach dem Hörer des Sprechfunkgeräts.
    »Cotton ruft Leitstelle. Cotton ruft Leitstelle. Bitte, melden.«
    »FBI-Leitstelle. Sprechen Sie, Jerry.«
    »Verständigen Sie den Chef vom Nachtdienst, den Einsatzleiter und Mr. High: Phil Decker wurde zwischen vier Uhr zehn und vier Uhr vierzig von unbekannten Tätern überfallen und zusammengeschlagen. Tatort: Center Street, Ecke Hester Street. Zeugen: keine. Tathergang: unbekannt.«
    Ein paar Sekunden blieb es still.
    Dann kam die Stimme wieder aus dem Zusatzlautsprecher am Armaturenbrett. Nur klang sie jetzt nicht mehr so maschinenhaft sachlich, sondern hastiger, rauher — menschlicher:
    »Wie — wie geht es ihm denn, Jerry?«
    Ich schmunzelte:
    »Alles okay, ihr Angsthasen. Er braucht sich nur auszuschlafen. Sicher, er hat ein paar Schrammen und wird wohl, wenn er zu sich kommt, auch einige Schmerzen spüren. Aber hat das schon mal einen G-man umgeworfen, he? Noch nie, sage ich euch. Noch nie. Und jetzt rutscht mir den Buckel ‘runter.«
    Ich legte den Hörer in die Aufhängung und atmete tief. Mit Genuß steckte ich mir eine Zigarette an, sah zum offnen Seitenfenster hinaus und lauschte auf die zunehmenden Geräusche einer erwachenden Millionenstadt. Der kritische Zeitpunkt war überwunden. Ich fühlte mich nicht mehr müde, höchstens ein bißchen abgespannt. Ich dachte an so manches, ließ mir alles noch einmal durch den Kopf gehen, seit wir gestern abend meine Wohnung verlassen hatten — und dann bohrte sich in meinem Gehirn etwas fest.
    Manchmal stutzt man bei diesem oder jenem Vorkommnis, ohne daß man eigentlich genau weiß, warum. Mit der Zeit scheint sich eine Art von sechstem Sinn in einem heranzubilden. Vermutlich ist es nichts weiter als die selbst noch im Unterbewußtsein wirkende Summe seiner Erfahrungen. Ich drehte den Zündschlüssel, startete und fuhr wieder hinüber in die Center Street. Nach einigem Hin- und Hertelefonieren von der Halle aus wußte ich, wohin ich mich zu wenden hatte.
    An der Tür stand -die Nummer 1001. Das war alles. Ein breitschultriger Bursche in hochgerollten Hemdsärmeln wartete auf mich. Er sah übernächtigt aus.
    »Ich bin Cotton«, sagte ich.
    »Detective-Sergeant Bill McKenzie. Was können wir für Sie tun?«
    Ich zeigte auf die Tür.
    »Wie geht es da drin?«
    »Er streitet alles ab. Aber er würde auch leugnen, daß die Erde rund ist, daß zwei und zwei vier sind oder daß wir heute den fünfundzwanzigsten September haben.«
    »Wird es ihm nützen?«
    »Keine Spur. Wir haben das Geschoß, an dem Eddy starb, die Waffe, aus der es abgefeuert wurde, bis jetzt sechs Augenzeugen für den Mord, und wir werden, wenn es sein muß, noch ein Dutzend dazu ausfindig machen.«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn ich mal ein Wort mit ihm spreche? Ich war dabei, als er verhaftet wurde. Und mich interessiert da etwas.«
    »Sicher, klar doch!«
    Er öffnete die Tür zu dem Vernehmungszimmer. Es war so trostlos eingerichtet wie alle diese Buden. Nackte Wände, nackter Fußboden. Nur ja keine Ablenkung bieten, weder dem Auge noch dem Ohr.
    Roller hockte mit hängenden Schultern und breitbeinig auf seinem Stuhl. Auf der Schreibtischkante vor ihm stand ein halbvoller Pappbecher mit schwarzem Kaffee.
    Ich nickte den Detektiven zu, die genau wie McKenzie in Hemdsärmeln waren. Dann trat ich neben den Gangster und hielt ihm meine

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