0449 - Der Tod im Mädchen-Pensionat
Asbest-Spezialaufbau und der großen Aufschrift: DANGER - GEFAHR! Wieder einmal mussten sie irgendwo in New York eine Bombe gefunden haben, eine Höllenmaschine, eine Sprengladung. Es hat schon Tage gegeben, an denen das zehn Mal passiert ist.
In der großen Halle brannte nur die Hälfte der Neonröhren. Für den gewöhnlichen Betrieb hier war es sehr still, aber aus den oberen Stockwerken drang ein stetes Brausen von dem nie abreißenden Betrieb. Ein einzelner Mann versuchte mit ausgebreiteten Armen auf den Linien zwischen den Fußbodenfliesen entlangzubalancieren. Ich erkannte ihn sofort an seinem fuchsroten Haarschopf, und als er sich umdrehte, schoß er auch schon auf mich zu. Es war Sammy Middlebye, der Polizeireporter der »Tribüne.«
»He, Cotton«, krähte er vergnügt. »Endlich kommt mal ein bißchen Leben in die Bude. Die Brüder hier schlafen ja noch ein, wenn das so weitergeht. Und das in einer Freitagnacht. Man kann an der Menschheit verzweifeln.«
»Nichts los?« fragte ich verwundert.
Er machte eine lässige Handbewegung.
»Überhaupt nichts. Achtzehn Messerstechereien, zwei Bandenkämpfe, ein Großbrand, ein Lynchmord in Harlem und dann noch so der übliche Kleinkram. Ich warte, daß wirklich mal was Richtiges passiert, aber heute nacht tut mir keiner den Gefallen.«
»Sie haben ein Gemüt wie ein Fleischerhund, Sammy.«
»Ich? Ich bin sensibel wie ein Seismograph. Aber ich bin Reporter, einer der besten, die in dieser lausigen Stadt herumlaufen, und ich habe meinen Lesern etwas aufzutischen, was wenigstens um einen Zoll aus dem verfluchten Alltag herausragt. Seien Sie ein netter Kerl, Cotton. Wenn Sie vom FBI um diese nachtschlafende Zeit im Hauptquartier der Stadtpolizei auftauchen, dann ist doch irgendwo ein dicker Hund passiert. Los, Cotton, geben Sie mir einen Tip! Sie wissen, daß ich die Arbeit der Polizei immer fair gewürdigt habe!«
»Ich würde Ihnen gern helfen, Sammy, aber ich habe auch nichts auf Lager. Ich habe schon die ganze Woche Nachtdienst, und bin nur hier, um mir im Archiv ein paar Fotos anzusehen.«
»Was für Fotos?« schnappte er gierig.
»Nichts zu machen, Sammy. Sie wissen, es ist unser Prinzip, nie etwas an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, solange sich ein Verdacht noch nicht so verdichtet hat, dass man schon fast von einer Gewissheit sprechen kann.«
Middlebye blies enttäuscht die Luft aus.
»Selbst das FBI hat nichts zu bieten«, stöhnte er. »Lieber Gott, wo soll das noch hinführen.«
Er hatte jedes Interesse an mir verloren und fing an, auf einem Bein über die Fliesen zu hüpfen, wobei er seinen Ehrgeiz daran setzte, jeweils zwei Fliesen zu überspringen. Ich schüttelte den Kopf und schob mich in einen der Lifte.
Das Archiv der Stadtpolizei enthält alles über jedes Verbrechen, das jemals innerhalb der Stadtgrenzen von New York begangen wurde, abgesehen von den Selbstverständlichkeiten wie der Fingerabdrucksammlung und dem »Familienalbum«, der Sammlung v'wj Fotos der Verbrecher und straffällig Gewordenen, gibt es Karteien unter allen erdenklichen Gesichtspunkten. Wenn der Einbrecher Miller immer mit einem Messer loszieht, vorwiegend Kioske aufbricht und eine Narbe hat, kann man Hinweise finden in den Karteien »Einbrecher«, »Messertäter«, »Personen mit Narben«, »Kiosk-Einbrüche« und wahrscheinlich noch in einem halben Dutzend Untergruppen der Registrierung. Und wenn es den Aufwand lohnt, prüft ein Elektronengehirn die Millionen Karten aller Karteien innerhalb weniger Minuten.
Als ich den großen Saal betrat, in dem Tausende von Karteikästen in Hunderten von Regalen stehen, wäre ich fast mit einem großen schweren Mann zusammengestoßen. Der Mann war Detective Lieutenant und hieß Ambers.
»Hallo«, sagte ich. »Was machen Sie denn hier? Ich denke, Sie liegen im Bett.«
»Das hatte ich auch vor, aber ich wollte mir noch schnell die Kartei von Mädchenmördern und die Liste der ungeklärten Morde an jungen Mädchen durchsehen.«
Mir brauchte er nichts zu erzählen. Dieser Gedanke war ihm garantiert nicht erst gekommen, als er seine Leute schon nach Hause geschickt hatte.
»Haben Sie etwas gefunden?«
»Nichts Direktes. Ich lasse mir sechzehn Karten fotokopieren und werde die Leute überprüfen. Aber ich glaube nicht, daß unser Mann dabei ist. Es sieht nicht danach aus. So was habe ich im Gefühl.«
Ich erzählte ihm von dem gestohlenen Schmuck.
»Bei denen überrascht mich nichts mehr«, war sein Kommentar. »Und was
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