045 - Schizophrenia - Nächte des Wahnsinns
die beiden PSA-Agenten herum. »Hier
gibt’s kein Ballhaus und keinen Palast... da müssen Sie weiter runter
fahren...« Er deutete in die betreffende Richtung.
»Wir
wollen in kein Ballhaus und keinen Palast«, redete Larry den Burschen an,
»sondern in das Haus Nummer 87... da wohnen doch die Rossis, nicht wahr?«
»Das
stimmt. Und zu denen wollen Sie?« fragte der Knabe neugierig. »Ja.«
»Ich
bin ein Rossi«, verriet er ihnen. »Enio Rossi... wollen Sie zu Franca?«
»Du
hast’s erraten.«
Enio
winkte ab. »War kein Kunststück. Wenn Fremde zu uns kommen, dann meistens wegen
Franca...«
»Hat
denn noch jemand nach ihr gefragt? Oder ist jemand angekommen?« Larry mußte
sofort an Juan y Ramonez denken.
»Nein...
niemand...« Enio wirbelte plötzlich herum und lief vor den beiden Männern in
das kühle, schummrige Haus. »Mama! Franca!« brüllte er schon von unten,
daß es durch den Hausflur schallte. »Besuch. Da sind zwei Typen, die wollen zu
Franca...« Er raste los.
Die
vibrierende Treppe und das Kreischen waren wohl nicht die auslösenden Faktoren
für das, was dann geschah. Es knallte, als würde ein Schuß abgefeuert. Larry
und Iwan duckten sich unwillkürlich. Da flogen ihnen auch schon wie ein Schwarm
gereizter Hornissen die Splitter um die Ohren. Die Fensterscheibe im Flur zum
ersten Stock war geplatzt. Die scharfkantigen Scherben sausten gegen die Wände,
klatschten auf den steinernen Fußboden und flogen hinunter auf die Straße. Ein
wahrer Hagel von kleinen und kleinsten Glassplittern ergoß sich auf den
Bürgersteig und in den Hausflur.
Instinktiv
hatten Larry und Iwan schon bei Beginn des Knalls schützend ihre Hände vors
Gesicht gehalten und sich abgewandt, so daß sie außer zwei, drei kleinen
Schnittwunden auf ihren Handrücken nichts davontrugen. Der Junge lag drei Meter
von ihnen entfernt auf der Treppe und verbarg den Kopf zwischen den Händen. Als
der Splitterhagel vorbei war, sprang Enio Rossi auf. »Sie spinnt!« brüllte
er, daß man es im ganzen Haus hören konnte. »Solche Sachen passieren immer
wieder... Entweder es fallen Bilder von den Wänden, oder es verbiegen sich
Messer und Gabeln, Vasen, Gläser und Birnen zerspringen oder, wenn sie
besonders in Fahrt und aufgeregt ist, dann fliegen auch schon mal die Scheiben
aus den Fenstern... Oder es wackeln die Lampen...« Während er das sagte,
deutete er strahlend in die Höhe. Zwischen den Stockwerken hingen an langen
schwarzen Kabeln Fassungen mit Birnen. Lampenschirme gab es in diesem Haus
nicht. Und die Lampe über ihnen schwang kräftig hin und her, als würde ein
unsichtbarer Tarzan daran hängen, um sie in Schwingung zu versetzen.
Im
Flur war es völlig windstill. Luftzug konnte es nicht sein, der die Bewegung
erzeugte. Es war eine andere Kraft, eine, wegen der die Familie in Verruf
gekommen war...
●
Der
Junge eilte ihnen wie ein Botschafter voran. Seine silberhelle Stimme
informierte nicht nur den Rest der Familie in der vierten Etage, sondern rief
auch die anderen Hausbewohner auf den Plan. Türen wurden aufgerissen. Neugierige
blickten ihnen nach. Zwei Stockwerke weiter unten zeterte eine Frau. Sie
beschimpfte die Rossis wegen der zerstörten Scheibe. Andere Hausbewohner fielen
in die Beschimpfungen mit ein. Türen knallten, Drohungen wurden ausgestoßen,
und aus einer Wohnung im dritten Stock kam eine Frau gerannt, als Enio Rossi an
ihrer Tür vorbeilief. Die Bewohnerin schwang eine eiserne Bratpfanne und
verfolgte damit den Jungen, der losspurtete, als er die Gefahr erkannte.
Larry
Brent war im nächsten Moment zur Stelle und umklammerte das Handgelenk der
zeternden Alten, die im gleichen Augenblick zufällig auch von einer männlichen
Stimme zurückgepfiffen wurde. »Her mit der Pfanne!« brüllte es im
Hintergrund, und dann waren schwere Schritte zu hören. »Ich hab keine Lust, länger
auf die gebratenen Eier zu warten. Mama mia!« Ein Kerl, breit wie ein
Kleiderschrank und mit einem respektablen Bauch, der sich wie ein
überdimensionaler Ballon unter einem schmuddeligen Unterhemd blähte, tauchte in
der Türfüllung auf. Da hatte X-RAY-3 auch schon das begehrte Haushaltsgerät in
der Hand und reichte es dem verdutzten Dicken weiter, der ihm mit vor Wut
gerötetem und verschwitzten Gesicht gegenüberstand.
»Für
Sie!« sagte Larry freundlich. »Guten Appetit!«
Der
Dicke hatte eine andere Situation erwartet und war nicht in der Lage, geistig
so schnell umzuschalten. »Heh?« machte er, öffnete
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