0450 - Sukos Totenfeier
fast taumelnd. Er hob den rechten Arm, presste die Hand gegen die Stirn und verzog das Gesicht. Schmerzen mussten ihn durchtosen, aber der Chinese gab nicht auf. Mein Ruf musste noch einmal zahlreiche Energien in ihm freigesetzt haben. Seine sitzende Bewegung verwandelte er in ein Hinknien, stützte sich diesmal auf und blieb auch in der Lage. Nur sein Kopf war nach vorn gesunken, so dass er den Bühnenboden anstierte. »Suko!«
Wieder hatte ich ihn angesprochen, und diesmal reagierte er besser. Er hob seinen Kopf an, sah Ondekoza und mich, wie wir dicht beisammenstanden, und musste auch die Beretta erkennen können, deren Mündung ich gegen den Schädel des Japaners gepresst hatte.
»John…?«
»Ja, zum Henker.«
Er verzog den Mund. Vielleicht sollte es ein Lächeln werden, er produzierte nur eine grinsende Grimasse. »Ich… ich habe es nicht geschafft, John. Shao ist…«
Ondekoza lachte kratzig und gleichzeitig triumphierend, was mich wiederum störte. »Halt dein Maul, verdammt!« Er schwieg, ich wandte mich wieder an den Inspektor.
»Shao ist hier auf der Bühne, Suko. Sie…« Verflucht, mir wollte das Wort nicht raus. »Sie liegt hinter dir!«
Suko schaute mich fast vorwurfsvoll an. Wahrscheinlich musste er über meine Worte nachdenken. Er schaute Shao an.
Und ich beobachtete ihn. Es war der Moment, auf den es ankam. Wie würde sich Suko verhalten? Würde er durchdrehen, schreien, toben oder sein Wissen um Shaos Schicksal in sich hineinfressen, denn sie sah tatsächlich aus wie eine Tote, so bleich, so starr, mit geöffneten Augen, in denen nichts mehr zu lesen stand.
Leer und tot…
Suko sah sie liegen. »Shao«, flüsterte er nur, bekam aber keine Antwort.
Ich wollte nichts sagen. Meine Erklärungen oder Worte hätten seine Qual nur vergrößert. Suko selbst musste merken, was mit seiner Partnerin geschehen war.
Auch die Trommler taten nichts. Ihre Gesichter blieben ausdruckslos, als würde die gesamte Szene sie nichts angesehen. Ich dachte anders darüber. Sicherlich standen sie auf dem Sprung, und sie gehörten auch zu den Typen, die sich durch eine gezogene Waffe nicht einschüchtern ließen.
Allmählich steigerte sich auch bei mir die Spannung. Sie wurde zu einem ungeheuren Druck, der sich wie eine große Klammer um mein Herz und die Seele gelegt hatte.
Dieser Druck sorgte dafür, dass mir der Schweiß aus den Poren getrieben wurde.
»Shao…«. Suko flüsterte den Namen abermals. Er streckte einen Arm aus, als wollte er sie erreichen, aber die Entfernung zu ihr war einfach zu groß.
So blieb ihm nichts anderes übrig, als zu kriechen. Es war schon ein für mich erbarmungswürdiges Bild, wie ein kräftiger Mann sich über den Boden wand, um sein Ziel, das ihm alles bedeutete, zu erreichen.
Das Trommelfeuer hatte Suko fertiggemacht, doch das Wissen um Shaos Schicksal mobilisierte noch einmal seine Kräfte. Die übrigen schauten fast teilnahmslos zu. Nicht einmal ein Lächeln wischte über ihre Lippen, obwohl sie doch die großen Sieger gewesen waren.
Suko hatte es nicht leicht. Kriechend bewegte er sich durch den Staub des Bühnenbodens, sein Gesicht glänzte nass, in seinen Augen lag ein flehender Blick, als der Inspektor seinen Weg unterbrach und sich direkt an mich wandte.
»John, was ist mit ihr?«
»Geh!« sagte ich hart. »Geh hin!«
Er sah mich an. Das spürte ich. Selbst wollte ich ihm nicht in die Augen sehen, zudem musste ich mich auf meinen Gefangenen konzentrieren.
Aber Suko hatte verstanden.
Ich hörte ihn schluchzen, dann wieder fragen. »Ist sie…? John, ist sie…«
»Du mußt weitergehen, Suko!« zischte ich durch den kaum geöffneten Mund.
»Ja, ja…«
Und er rutschte auf Shao zu. Seine Bewegungen waren schneller geworden. Er wollte es wissen, auch wenn die Wahrheit für ihn noch so furchtbar war.
Dann war er bei ihr.
Ich konnte meine Augen verdrehen. Auf der Oberlippe spürte ich die kalten Schweißtropfen liegen. Nur durch die Nase atmete ich. Dafür aber so tief wie eben möglich.
Suko kniete jetzt neben ihr. Er streckte die Arme aus und legte die Handflächen unter ihren Hinterkopf. Shaos Haar verteilte sich auf seinen Gelenken. Er beugte den Kopf weiter vor, damit er direkt in ihr Gesicht schauen konnte.
In ein Gesicht ohne Leben…
»Shao…« Suko hatte den Namen seiner Partnerin nur geflüstert.
»Shao, bitte…« Jetzt sprach er schon lauter, doch die Chinesin gab keine Antwort.
»Sag doch was, Shao, sag was!«
»Sie kann nichts mehr
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