0450 - Sukos Totenfeier
sollte.
Nur sehr langsam bewegten sich die beiden Hälften des Vorhangs aufeinander zu. So konnten die Zuschauer einiges davon erkennen, was sich auf der Bühne abspielte.
Einige waren aufgesprungen und schrien uns etwas zu. Einer wollte mir nacheifern, erreichte die Treppe, stolperte dort, legte sich lang und gab auf. Zwei seiner Kumpane zogen ihn zurück. Möglicherweise spürten sie, dass es gefährlich war, wenn sie sich einmischten.
Ich hatte meine Waffe hervorgeholt. Weder Ondekoza noch die Trommler hatten damit gerechnet. Sie schauten zu, wie ich mit langen Schritten auf den Anführer der Trommler zulief, ihn packte, herumwirbelte und die Mündung der Waffe gegen seine Stirn drückte.
Nicht zum ersten Mal hatte ich eine Aktion wie diese hier gestartet. Ich kenne die Tricks, die man anwenden muss, hatte auch meinen Arm um seine Kehle gepresst und ihn zurückgezogen. Die Mündung der Beretta berührte seine Schläfe, allerdings einen Kopf, der anders wirkte als ein normaler. Er kam mir viel härter vor, als bestünde er nicht aus Knochen, dafür aus Holz.
War der Trommler eine Puppe?
Aber er konnte reden, handeln und sich bewegen wie ein Mensch, und auch so reagieren, denn er blieb steif stehen und gab ein zischendes Geräusch von sich, was wohl ein Atmen sein sollte.
Aus dem linken Auge schielte ich zum Vorhang hin, dessen Hälften mit letzten, wehenden Bewegungen aufeinander zuschwangen und sich dann trafen.
Jetzt waren wir unter uns.
»Okay«, sagte ich hart und laut. »Wo ist sie? Wo ist die Frau, die geschrien hat?«
»Welche?«
Ich nahm die Mündung weg und stieß sie wieder vor. Ondekoza zeigte keine Reaktion. Seine Trommler standen in lauernder Erwartung. Sie schienen eingefroren zu sein und warteten nur darauf, endlich eingreifen zu können. Noch hatten sie keinen Befehl dazu bekommen. Wenn ich daran dachte, wie schnell sie waren und ich mir vorstellte, dass sie auch gegen mich angehen würden, bekam ich Magenschmerzen.
Etwas anderes geschah!
Nicht nur ich wurde von dieser Aktion überrascht, auch die Trommler hatten damit nicht gerechnet.
Den platzenden Knall hörten wir alle, gleichzeitig auch das Reißen, und ich brauchte nicht einmal den Kopf zu drehen, um erkennen zu können, was geschehen war.
Jemand hatte die Bespannung der Trommel von innen auf gehämmert.
Mit einem wohlgezielten Karatestoß, wie ihn nur ein Meister seines Fachs ansetzen konnte.
Ein Meister wie Suko!
Seine Faust war durch. Wie ein eckiges Stück Stahl war sie aus dem Trommelrohr gedrungen, wir sahen auch den Körper, der von dem Schwung des Schlags vorgeworfen wurde, aber nicht mehr aus der Trommel fiel, sondern auf halbem Wege hängenblieb.
Kopf und Oberkörper hingen aus der Trommel, die Arme waren ausgestreckt, und die Fingerspitzen berührten den Bühnenboden. Suko konnte nicht mehr, der letzte Hieb hatte ihn einfach zuviel Kraft gekostet. Er befand sich an einem Punkt der Erschöpfung, wo es einfach nicht mehr weiterging. Kein Wunder, nach dem, was er durchgemacht hatte.
Suko würde mir keine Hilfe sein, aber es war ja nicht um ihn gegangen.
Ich wollte Shao!
»Steckt das Mädchen in einer zweiten Trommel?« schrie ich.
»Sie muss tot sein!« sagte Ondekoza.
»Hol sie raus!«
»Sie ist tot!«
Ich drückte fester. »Verdammt, ich will keine Wiederholungen von dir. Gib den Befehl, dass sie rausgeholt wird, oder meine Silberkugel wird deinen verdammten Schädel durchsägen!«
Ob es nun die Erwähnung der Silberkugel gewesen war oder die Tatsache, dass ich schießen wollte, jedenfalls sperrte sich Ondekoza nicht gegen meine Anordnung und gab einem seiner Trommler zu verstehen, die Bespannung zu lösen. Er sagte die Worte in Englisch. Für mich ein Beweis, dass er wohl kein falsches Spiel treiben wollte.
Der Trommler machte es spannend. Zunächst verbeugte er sich, dann ließ er seine Trommelstöcke fallen und schritt auf das übergroße Instrument zu. In seinem Gesicht war nicht zu erkennen, was er dachte.
Er hatte sich völlig unter Kontrolle.
Dicht vor der mittleren Trommel stoppte er seine Schritte. Uns drehte er den Rücken zu. Ich sah seinen durchtrainierten Körper.
Natürlich war ich misstrauisch, als er die Arme hob und sich an der Bespannung zu schaffen machte. Was er genau tat, konnte ich nicht sehen, doch es dauerte nur Sekunden, bis er es geschafft hatte, die straffe Haut zu lösen.
Er legte sie zur Seite und drehte sich um.
»Hol sie raus!« Meine Stimme hatte belegt und krächzend
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