0451 - Schwarze Träume
ihn doch noch in ihren Bann zu schlagen. Wenn er erst einmal zu ihrer Marionette geworden war, dann war sie selbst die eigentliche Herrscherin, auch wenn die anderen Dämonen ihm huldigten.
Doch sie war sich noch nicht ganz sicher, welche dieser Methoden die bessere sein würde…
***
Julian selbst war froh darüber, daß Stygia gegangen war. Einerseits reizte ihn ihr Körper. Sie zeigte sich ihm, einmal von den Hörnern und aus dem Rücken ragenden Flügeln abgesehen, als eine aufregend schöne Frau. Hörner und Flügel konnte sie jederzeit verschwinden lassen, besonders, wenn sie sich getarnt unter Menschen bewegte.
Doch andererseits störte sie ihn.
Sie versuchte, ihn unter ihre Kontrolle zu bringen. Das gefiel ihm nicht. Er hatte lange genug nach der Pfeife anderer tanzen müssen, auch wenn das objektiv betrachtet nicht einmal ein Jahr gewesen war. Aber subjektiv waren es achtzehn Jahre! Eine ganze Entwicklungsphase! Mittlerweile hatte seine Entwicklung sich verlangsamt und fast schon normalisiert; er alterte nicht mehr schneller, denn seine Entwicklung war abgeschlossen.
Er hatte sich nicht umsonst ausgerechnet auf den Knochenthron gesetzt. Hier wußte er, daß er herrschen konnte. Und das wollte er erst einmal auskosten. Er wollte sich dabei nicht von anderen dreinreden lassen.
Auch nicht von Stygia.
Er grinste. Sie hätte es schlauer anfangen müssen. Nicht so dilettantisch. Natürlich würde sie jetzt erst einmal versuchen, gegen ihn zu arbeiten. Sollte sie ruhig! Sie würde schon begreifen, wie sinnlos das war…
Ihn entfernte niemand aus dieser Position. Er war von ganz anderer Art als seine Vorgänger.
Er brauchte sie nicht einmal zu beobachten, obgleich es natürlich reizvoll gewesen wäre festzustellen, was sie jetzt unternahm. Aber was auch immer sie tat, sie konnte ihm nicht schaden. Er war sich seiner Sache sicher.
Stattdessen konnte er sich um etwas anderes kümmern.
Schon einmal hatte er einen Vorstoß gemacht. Jetzt wollte er es ein zweites Mal versuchen.
Damals war er zurückgewiesen worden. Vielleicht diesmal nicht…
Er aktivierte wieder seine unheimliche Fähigkeit des Träumens, und Träume wurden Wirklichkeit.
***
Vorsichtshalber tauchten sie in einem Randgebiet der Stadt auf. Es brauchte sich niemand zu wundern, daß Gryf, Professor Zamorra und Nicole Duval einfach aus dem Nichts erschienen. Deshalb zogen sie es vor, bei ihrer Ankunft nicht beobachtet zu werden.
Hier, am Stadtrand, ragten Mietshäuser auf. Häßlich anmutende Zweckbauten, kleine, ineinandergeschachtelte Wohnungen, enge Parkplätze, Straßen, in denen keine Kinder zu spielen wagten, ein paar kleine Läden in den unteren Etagen. Unrat neben überquellenden Mülleimern.
»Sieht fast aus wie im Hafenviertel bei Ombre«, kommentierte Zamorra.
»Nur stehen da die Häuser nicht so eng, und da gibt es auch, bis auf ein paar Stehkneipen, keine Geschäfte«, gab Nicole zurück.
Sie zupfte an ihrem Kleid, das ihr am Körper klebte. »Fast bedauere ich schon, daß ich etwas angezogen habe. Bei uns diese Kältewelle mit Regen und Nebel und hier diese Affenhitze…«
»Wie gehen wir weiter vor?« fragte Gryf. »Direkt zu Ombre zu ›springen‹, verbietet sich wohl, sonst wären wir im zeitlosen Sprung ja eh direkt dorthin gegangen.«
»Wir werden sehen, daß wir ein Taxi auftreiben«, sagte Zamorra.
»Ein Leihwagen wäre ja das Effektivste, dann wären wir ständig mobil«, meinte Nicole. »Aber nach unserem Verschleiß in früheren Abenteuern dürfte es hier kaum noch eine Verleihfirma geben, die uns ein Fahrzeug zur Verfügung stellt.«
»Wofür brauchen wir einen Leihwagen? Wir haben zur Not Gryf«, sagte Zamorra.
»He, Alter, sehe ich etwa aus, als hätte ich Räder?« fuhr der Druide auf. »Nee, ich besorge euch einen Wagen. Ich besorge euch auch ein Hotelzimmer. Hauptsache, ich habe dann meine Ruhe. Am besten wartet ihr hier. Ich regele das schon.«
Im nächsten Moment war er im zeitlosen Sprung verschwunden.
Zamorra und Nicole sahen sich an.
»Ist er nun beleidigt oder ist er's nicht?« fragte Nicole kopfschüttelnd.
» Eher nicht«, gab der Parapsychologe zurück und stieß mit der Schuhspitze gegen den kleinen Einsatzkoffer. »Ich frage mich nur, wie er an einen Leihwagen kommen will. Er hat zwar 'nen Führerschein, glaube ich, aber der gilt nicht hier, und mit Kreditkarten ist auch nix. Gryf hat doch schon immer frei von Geldsorgen gelebt…«
»Na, lassen wir uns überraschen.« Nicole zuckte mit
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