0451 - Schwarze Träume
Sonne.
Gryf, der blonde Silbermond-Druide, der älter als 8000 Jahre war, aber aussah wie ein Zwanzigjähriger, dessen wilder Haarschopf noch nie einen Kamm aus der Nähe gesehen zu haben schien, rauchte Pfeife. Die Ruhe, die der Mann im verblichenen Jeansanzug ausstrahlte, war nicht gespielt. Es gab wenig, was Gryf erschüttern konnte. Wohlgefällig ließ er seinen Blick immer wieder zu den blonden Peters-Zwillingen wandern. Monica und Uschi Peters, die eineiigen Zwillinge mit der Para-Gabe der Telepathie, pflegten wieder ihr altes Hobby und bewegten sich hüllenlos. In diesem Freundeskreis störte sich längst niemand mehr daran, und auch der alte Raffael, der in einer viel prüderen und verklemmteren Zeit aufgewachsen war, schüttelte nicht mehr den Kopf, sondern nahm zufrieden hin, was seinen Augen an junger weiblicher Schönheit geboten wurde.
Nicole Duval, Zamorras Sekretärin und Lebensgefährtin und nur geringfügig züchtiger bekleidet, hob die Hand. »Also, rekapitulieren wir noch einmal. Julian Peters ist verschwunden und wurde in Baton Rouge, Louisiana, gesichtet; er suchte unseren Freund Ombre auf. Dessen Schwester rief hier an. Als wir versuchten, zum Flughafen zu fahren, wurden wir von einer fremden Macht daran gehindert. Die Illusionen unseres explodierenden Autos, Mauern, an denen wir zerschellten und ähnliches waren so stark, daß wir beide«, sie deutete auf Zamorra und sich, »nicht mehr die Nerven hatten, das noch ein weiteres Mal auf uns zu nehmen. Wir wollten den umständlicheren Weg über die Regenbogenblumen in den Tiefen der Kellergewölbe nehmen. Da taucht Gryf auf«, sie nickte dem Druiden zu, »und berichtet, daß Sid Amos aus Merlins unsichtbarer Burg verschwunden ist, und daß Merlin ihn auch mit seiner Bildkugel im Saal des Wissens nicht mehr aufspüren kann. Gleichzeitig hat Merlin aber auch irgendwie erfahren, daß die Hölle einen neuen Fürsten der Finsternis hat; daß mithin unser alter Feind Leonardo deMontagne abserviert worden sein muß. Das sind die Fakten, von denen wir auszugehen haben.«
»Noch ein Fakt mehr: Zwangsläufig muß Sid Amos wieder Asmodis geworden sein. Er ist logischerweise dieser neue Fürst der Finsternis…«
»Wobei Merlin aber den Namen des neuen Fürsten nicht wußte! Es kann jeder andere Dämon sein, und Sids Verschwinden muß damit nicht in direktem Zusammenhang sein«, warf Zamorra ein.
»Ich bitte dich!« protestierte Gryf. »Er war einmal Teufel, er bleibt immer Teufel. An seinen Sinneswandel habe ich nie geglaubt. Teri und ich und andere haben immer gewarnt. Aber ihr zwei Leichtgläubigen wolltet ja nicht auf uns hören. Jetzt haben wir alle den Salat.«
»Was noch zu beweisen wäre«, sagte Zamorra.
Gryf nahm einen Zug aus der Pfeife und blies den Rauch langsam wieder aus. »Den Beweis wird uns Asmodis schon in Bälde selbst bringen. Dadurch, daß er als Merlins Stellvertreter so lange gedient hat, ist er bestens über alles informiert, was mit uns zu tun hat. Wenn also demnächst unsere ohnehin schon zu lange Verlustliste sich weiter vergrößert, weil er einen von uns nach dem anderen killen läßt, dürftest du deinen Beweis haben, Alter. Bloß ist es dann zu spät zum Trauern. Schade, daß Teri und ich keine Möglichkeit mehr haben, uns auf den Silbermond zurückzuziehen, weil es den ja nach der Zerstörung der Wunderwelten nicht mehr gibt! Selbst in Merlins Burg sind wir nicht mehr sicher; Asmodis weiß ja, wie man ein- und ausgeht!«
»Ich glaube trotzdem nicht an deine Theorie«, sagte Zamorra. »Jemand ändert nicht so leicht seinen Charakter. Er hätte uns ein Zeichen gegeben. Er mag zwar auch als Merlins Stellvertreter noch recht düstere Methoden angewandt haben, aber er war immer ehrlich. Als Fürst der Finsternis war er der fairste Feind, den wir jemals hatten.«
»Na, vielleicht läßt er dann ja Nicole und dich am Leben, damit ihr sein Loblied weiter singen könnt.«
»Deinen Zynismus hättest du lieber daheim gelassen«, rügte Nicole.
»Was soll eigentlich dieser ganze idiotische Streit?« entfuhr es Uschi Peters. »Was ist daran so wichtig, ob Amos wieder Fürst der Finsternis ist oder nicht? Wichtiger ist es, Julian zu finden!«
»Wir haben es ja versucht«, sagte Nicole.
»Und ohne uns ein Wort davon zu sagen, daß ihr eine Spur von ihm hattet! Warum hast du uns schlafen lassen? Wenigstens mich hättest du wecken müssen, statt über Raffael eine Nachricht für uns zu hinterlassen!«
»Und? Hätte euer Wachsein
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