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0452 - Die finstere Seele

0452 - Die finstere Seele

Titel: 0452 - Die finstere Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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war eine dumpfe, kehlige Sprache. Die Sprache dieser Teufelsgeschöpfe, denn auch die bizarren Kreaturen, die wenig später auftauchten und Befehle des Fürsten entgegennahmen, benutzten diese Sprache, deren Klang allein schon unheilvoll war.
    Ombre fragte sich, weshalb der Fürst ihn hierher entführt hatte. Es ergab keinen Sinn. Gut, er hatte behauptet, es gäbe etwas zwischen ihnen, das ihre Schicksale miteinander verknüpfte. Ombre konnte da nicht einmal unbedingt widersprechen. Aber der Fürst hatte darüber hinaus vorgeschlagen, Ombre solle sich an seine Seite gesellen und ihn unterstützen, mit ihm zusammenarbeiten…
    Nein. Das kam nicht in Frage.
    Ombre wollte sich nicht an den Fürsten binden. Wollte sich nicht in dessen Abhängigkeit begeben. Auch nicht in die Abhängigkeit anderer. Selbst das Angebot jenes Parapsychologen Zamorra hatte er abgelehnt, sich mit ihm zusammenzutun, obgleich Zamorra ihm wahrscheinlich eine Menge über das Amulett hätte sagen können. Immerhin besaß er auch so eine Silberscheibe mit eigentümlichen Kräften…
    Ombre wollte nichts anderes, als in Ruhe gelassen zu werden.
    Aber es sah nicht so aus, als würde sein Wunsch je in Erfüllung gehen. Im Gegenteil, immer wieder wurde er in Geschehnisse hineingezogen, mit denen er lieber nichts zu tun haben wollte. So wie jetzt.
    Was war das hier? Wirklich die Hölle? Die hatte er sich immer etwas anders vorgestellt. Genau genommen hatte er sogar überhaupt keine Vorstellung davon; für ihn war sie immer etwas Abstraktes gewesen, etwas Imaginäres, das es nur in der Fantasie der Menschen gab. Aber magische Wesen hatte er kennenlernen müssen, an die er früher nie geglaubt hatte, und jetzt hatte er diese nackte geflügelte Teufelin gesehen und später jene unheimlichen, unbeschreiblichen Kreaturen, die nichts Menschliches an sich hatten, etwas Tierisches, ohne dabei wirklich Tier zu sein.
    Ombre machte vorsichtig ein paar Schritte rückwärts. Der Fürst reagierte nicht darauf.
    Als Herr der Träume hatte Ombre ihn in jener Fantasiewelt kennengelernt, in welcher er einen grausamen Herrscher verkörpert hatte. Mittlerweile war ihm klar, was ihm an diesem Herrn der Träume so bekannt vorkam.
    Er mußte das Kind gewesen sein, das eines der beiden. Mädchen in Tendyke's Home erwartet hatte. Ein Kind, das Ombre jetzt unheimlich geworden war, denn kein Menschenkind konnte innerhalb eines Jahres erwachsen werden. Und jetzt saß dieses Wesen auf einem Thron aus Menschenknochen.
    Plötzlich erhob sich der Fürst. Er streifte Ombre mit einem kurzen Blick. »Warte hier auf meine Rückkehr«, sagte er. Er machte ein paar Schritte, verließ das Podium, blieb dabei aber auf gleicher Höhe mit der kleinen Plattform. Schwebend legte er noch ein paar Schritte zurück - und war dann fort. Von einem Moment zum anderen, wie Licht, das ausgelöscht wird.
    Ombre zuckte unwillkürlich zusammen.
    Die Geflügelte war auch verschwunden, aber auf eine völlig andere Weise. Sie hatte ein paar düstere Worte hervorgestoßen, sich um die eigene Achse gedreht und aufgestampft. Und wo sie verschwunden war, hatte sich häßlicher Schwefelgestank ausgebreitet.
    Hier gab es nichts davon. Der Fürst war auf eine wesentlich elegantere Weise verschwunden.
    Ombre blieb allein in dem großen Saal zurück.
    Das Amulett, das vor seiner Brust hing, glühte immer noch. Es war heiß wie zuvor, aber auch jetzt konnte diese Hitze Ombre nicht verletzen. Es war seltsam - die Glut hinterließ keine Brandblasen. Sie war nicht einmal unangenehm. Etwas unangenehmer war dagegen das schwache Vibrieren der Silberscheibe, die am Halskettchen vor seiner Brust hing.
    Wieder war es Ombre, als wartete das handtellergroße Amulett auf etwas. Aber worauf? Auf einen Befehl?
    Er wußte, daß die Scheibe seltsame Dinge bewirken konnte. Aber wie sollte er sie auslösen?
    Langsam machte er den ersten Schritt auf den Knochenthron zu…
    ***
    Nicole Duval runzelte die Stirn. »Was willst du damit sagen, Gryf?« stieß sie hervor.
    »Wir müssen ihn unschädlich machen, ehe er uns an den Kragen gehen kann!« wiederholte Gryf.
    »Im Klartext - ihn umbringen?« fuhr Nicole auf.
    »Das ist ein brutales Wort«, sagte Gryf unbehaglich. »Aber es trifft wohl den Kern. Verflixt, wenn ich mir vorstelle, wie ihn die Hölle gefürchtet hat - und nun hat sie ihn zum - Oberhaupt… ob sie das geahnt haben und ihn deshalb umbringen wollten? Und Tendyke hat ihn ahnungslos herangezogen, vielleicht sogar ohne zu wissen,

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