0452 - Udexa kommt
Hintergrund abhoben.
Im Ort selbst, besonders in den schmalen Gassen, überwogen die grauen Schatten, die mit zunehmender Zeit immer dunkler und tiefer wurden. Auch der Krötenbrunnen wurde in diese geheimnisvolle Schattenwelt eingetaucht, so daß die jetzt grünliche Farbe der Figur aus der Finsternis hervortreten konnte.
Die Männer saßen ein paar Yards weg und unterhielten sich. Sie warfen dem Denkmal keinen Blick zu, jeder von ihnen kannte es, und so sahen sie auch nicht, daß sich die bleichen, hervorquellenden Augen bewegten, als säßen sie in einem Gelenk.
Auch weiterhin spie das Krötenmaul einen Wasserstrahl von doppelter Fingerbreite aus. Er klatschte in den Brunnen, lief ab, das Wasser wurde unterhalb der Erde in einem Becken gesammelt und durch eine Pumpe wieder hochgetrieben.
Ein ewiger Kreislauf, der nur in den Wintermonaten unterbrochen wurde. Da mußte man die Pumpe ausbauen, weil sie sonst vereiste.
Die Menschen hatten sich an das Spritzen und Klatschen des Wassers gewöhnt. Es fiel überhaupt nicht auf, daß der Brunnen lief, aber es störte, wenn dies nicht der Fall war.
Und genau das trat ein.
Plötzlich spie das Maul kein Wasser mehr.
Stille herrschte…
Die Männer redeten weiter, bis Griffith sich erhob und abwinkte.
»Ich werde jetzt verschwinden. Wir sehen uns dann im Zelt, und bringt den nötigen Durst mit, Freunde. Heute gebe ich eine…«
Schlagartig verstummte er. Zwei kleine Schritte ging er vor, seine Augen weiteten sich dabei, er schüttelte den Kopf, blieb wieder stehen, schaute zu seinen Kollegen zurück und streckte den Arm aus.
Jeder sah, daß sein Zeigefinger zitterte.
»Die… die Kröte speit kein Wasser mehr!« flüsterte er, aber so laut, daß es die anderen hören konnten.
»Dann hat es jemand abgestellt.«
»Wer denn?«
»Weiß ich doch nicht.«
Griffith schüttelte den Kopf und drehte sich seinen Kollegen zu.
»Den stellt keiner ab. Der Brunnen fließt immer.«
»Aber jetzt nicht!« quäkte der Mann, mit dem sich Griffith gestritten hatte.
»Ja, Jorge, das sehe ich. Und ich weiß auch, was das zu bedeuten hat.«
»Was denn?«
Jorge bekam keine Antwort. Statt dessen ging Griffith vor. Die Männer verfolgten seine zögernden Schritte. Er wirkte so, als hätte er ein schlechtes Gewissen und auch eine gewisse Angst.
Vor der Kröte blieb er stehen. Er drückte den Kopf ein wenig nach vorn, und krümmte dabei seinen Rücken so stark, daß dieser einen Buckel bildete.
»Nichts«, flüsterte er, »nichts strömt mehr aus dem Maul. Es ist trocken.« Er fühlte nach, fuhr mit den Fingerspitzen auch unter den Rand und nickte. »Nur ein paar Tropfen.« Dann hob er die Rechte und berührte die Haut der Kröte. Seine Augen zuckten dabei, ebenso der Mund und auch die Lippen. »Sie hat sich verändert, die Haut ist warm.«
»Ja, die Sonne hat auch geschienen«, sagte Jorge.
»Das ist es nicht. Ich kenne den Unterschied. Wenn sich ein Stein aufheizt, fühlt sich die Haut anders an. Ich kann doch Sonnenstrahlen von einer anderen Wärme unterscheiden, verdammt.«
»Welche ist es denn hier?«
Griffith hob die Arme. »Diese Wärme kommt von innen. Sie dringt aus irgendeiner Tiefe hoch. Man kann sie als dämonisch bezeichnen. Das ist etwas ganz anderes. Glaubt es mir.« Er winkte ihnen zu.
»Los, kommt her und überzeugt euch. Ich will es euch beweisen.«
Dazu hatte keiner Lust. Entweder glaubten sie ihm nicht, oder sie hatten Angst. Griffith nahm letzteres an.
»Wie ist es mit dir, Jorge?«
Der Streithahn erhob sich tatsächlich, drehte sich aber um und winkte ab. »Ich gehe schon ins Zelt. Ihr könnt ja nachkommen.«
Es war das Stichwort für die übrigen, sich zu erheben. Sie hörten Griffiths Stimme. »Jetzt ist es soweit«, sagte er. »Ja, ich spüre es genau. Udexa wird kommen.«
»Sag nicht so einen Blödsinn.«
»Doch, ich merke es. Ich brauche nur in die Augen der Kröte hier zu sehen, darin lese ich wie in einem Buch. Sie haben nämlich ihre Starre verloren. Sie leben, sie sind lebendig geworden. Das ist das Zeichen. Udexa wird erscheinen.«
»Und wann?«
»Heute noch.« Griffiths Hand zuckte von der Figur zurück, als hätte er sich verbrannt. In seinen Augen leuchtete plötzlich die Angst. »Nichts kann die Bestie noch aufhalten, aber ich will es versuchen.«
Die Männer nahmen ihn noch immer nicht ernst. »Was willst du denn dagegen tun.«
»Ich laufe zum Pfarrer.« Er nickte heftig, um sich selbst zu bestätigen. »Jawohl, ich laufe zum
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