0453 - Im Bann des Pegasus
erregter an. Wahrscheinlich diskutierten sie jetzt darüber, wo ich mich hatte verbergen können. Sie waren zu keinem Ergebnis gekommen.
Ich musste weiter.
Das sich Lösen von dieser Stelle glich einer Horror-Tour. Dass mein zitternder rechter Fuß noch eine Kante fand, war reines Glück oder auch Zufall.
Irgendwann erwischt es jeden. Auch ich machte da keine Ausnahme.
Plötzlich rutschte ich ab.
Zugleich verlor ich an den Händen und den Füßen den Halt, so dass ich fiel, Fast hätte ich noch geschrieen, statt dessen prallte ich schon nach kurzer Zeit auf den schrägen Boden, kippte weg, überschlug mich, deckte meinen Kopf mit den Händen ab, bekam irgendwelche Schläge mit und wurde schließlich von einem harten Hindernis aufgehalten.
Es war der Stamm einer Pinie.
Das aber erkannte ich erst, als ich mich direkt in seiner Nähe aufrichtete und tief durchatmete.
Überstanden! Geschafft und ohne Knochenbruch, was schließlich am meisten zählte.
Zwar taten mir einige Stellen am Körper weh, auch blaue Flecken würden zurückbleiben, das aber konnte ich leicht verkraften.
Wichtig war, dass mich keine Verletzung behinderte.
Aufatmend setzte ich mich auf den weichen Boden. Über mein Gesicht lief der Schweiß, noch immer zitterten meine Glieder. In den Schultern und Schenkeln war es besonders stark, und als ich aufstand, hatte ich Mühe, das Gleichgewicht zu halten.
Dies lag unter anderem auch am schrägen Hangboden, auf dem der Wald wuchs.
Ich schaute zurück.
Die Klostermauer ragte als düsterer Schatten vor mir hoch. An einem Ende wirkte der Lichtstreifen wie ein blasses, sich bewegendes Band, das sehr bald wieder verschwand, als sich die Mönche zurückzogen, weil sie die Suche aufgegeben hatten.
Diesmal hatte ich den ersten Sieg davongetragen. Aber noch längst nicht die Schlacht gewonnen.
Bei Tageslicht war es nicht schwer, die Stelle zu finden, wo mich Godfrey Shulz abgesetzt hatte. In der Dunkelheit würde ich große Mühe haben. Zum Glück war die Küste an dieser Stelle nicht so felsig. Ein Boot konnte durchaus auf dem schmalen Sandstreifen anlegen.
Sehr weit war es nicht bis zu meinem Ziel. Ich hastete durch den Wald, das Zittern in den Beinen wollte einfach nicht weichen. Manchmal kam es mir vor, als wäre jemand da, der mir die Beine unter dem Körper wegreißen wollte, so dass ich mich an den Stämmen der Pinien festhalten und ausruhen musste.
Zum Meer hin standen die Bäume nicht mehr so dicht zusammen.
Immer häufiger fiel mein Blick auf die dunkle Wasserfläche mit den hellen Kränzen, und schließlich stand ich am Ufer, wobei meine Schuhe fast im weichen, herrlichen hellen Sand versanken.
Wo befand sich das Boot! Vielleicht war Shulz so schlau und suchte mit seinem Nachtglas auch das Ufer ab. Da musste er mich unter Umständen sehen können. Ich wollte ihm einige Minuten geben.
Wenn dann nichts geschah, würde ich meine Lampe anzünden und signalisieren.
Ich lief einige Schritte nach rechts. Plötzlich hörte ich das helle Lachen einer Frau. Der Wind trug das Geräusch an meine Ohren. Danach folgte ein tiefes Seufzen, das in ein lustvolles Stöhnen überging, und was dann kam, war seit Adam und Eva das Menschlichste aller Dinge.
Ich wünschte dem innerlich Glück, ging auch nicht mehr am Strand entlang, dafür noch weiter zum Wasser, das dunkel und erst in Nähe des Strandes hell auf dem ebenfalls weißen Sand ausrollte.
Eine wunderschöne romantische Stelle.
Einmal war mir Pegasus mit seinem Reiter begegnet. Ein zweites Mal suchte ich das Tier vergebens. Das Meer rauschte heran und schwieg ansonsten.
Dann sah ich das Blinken. Zweimal kurz, einmal lang.
Unser Zeichen! Ein Grinsen glitt über meine Lippen. Godfrey Shulz hatte also geschaltet.
Wer sagte es denn! Es dauerte nicht lange, da vernahm ich ein tuckerndes Geräusch und sah auch den dunklen Bootsschatten. Ich lief ihm ein Stück entgegen, bis das Ägäis-Wasser meine Oberschenkel erreichte.
Shulz kniete in seinem Boot und streckte mir seine rechte Hand entgegen. Ich nahm sie und ließ mir hoch helfen.
»Weg«, sagte ich nur.
Shulz verstand, ging ans Ruder und wendete, während ich mich am Heck aufhielt, zurückschaute und oberhalb an der Klostermauer noch immer einen blassen Schein sah.
»Keine Sorge«, versprach ich. »Es war nicht mein letzter Besuch bei euch. Ich komme wieder, das steht fest!«
Dann ließ ich mich auf der Heckbank nieder und wrang die Beine meiner Hose aus.
Shulz kam mit Kaffee. Er hatte die
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