0454 - Der blutrote Zauberteppich
ist genau richtig.«
»Dann können wir Jacques Molay retten!« Ein anderer hatte den Satz gesagt. Die Erregung ließ seine Stimme dabei zittern.
Sollte ich ihnen die Wahrheit sagen? Noch achteten sie nicht auf mich, denn sie unterhielten sich, schmiedeten Pläne, bis ich in ihr Gespräch hinein sagte: »Es tut mir leid, aber Jacques de Molay wird auf dem Scheiterhaufen sterben.«
De Valois fuhr herum. Sein Blick wollte mich bannen. »Woher weißt du das?«
»Sieh mal, es ist viel über diese Zeit niedergeschrieben worden, und nicht alles ging verloren. Jacques de Molay ist gestorben. Niemand konnte ihn retten. Er ging mit zwei seiner Begleiter dem Scheiterhaufen entgegen. Die drei Männer starben in den Flammen. Es tut mir leid, daß ich euch keine andere Nachricht geben konnte.«
Bisher hatte sich der Gnom nicht eingemischt. Jetzt aber meldete er sich wieder zu Wort. »Er lügt!« kreischte er. »Ich weiß genau, daß er lügt.«
»Nein, Claron, ich spreche die Wahrheit!«
»Dann bist du ein anderer.«
»Wieso?«
Er funkelte mich an. »Dann gehörst du zu den Menschen, die mit dem Satan und dem König im Bunde stehen. Du bist keiner von uns. Ich nenne dich einen Verräter.«
Er redete sich nicht nur in Rage, er wollte mir auch beweisen, was er von mir hielt.
Zwei Templer stieß er zur Seite, sprang auf mich zu und riß seine Dolche hervor.
Ehe noch einer meiner neuen Freunde eingreifen konnte, handelte ich. Mit einem blitzschnellen Karatetritt erwischte ich ihn an der Brust, so daß er hart zurückgeschleudert wurde, auf dem Rücken landete und plötzlich Kontakt mit dem Teppich besaß.
»Ein Unwürdiger!« schrie Bertrand.
Es war bereits zu spät. Wie gefährliche Blumen aus dem Boden wuchsen aus dem Teppich die sechs Hände in die Höhe und umklammerten den Zwerg so hart und zangenhaft, wie sie es auch bei mir getan hatten…
***
Für einen Moment war selbst ich verblüfft. Als ich reagierte, hob der Teppich bereits ab. Vor unseren Augen stieg er in die Höhe. So schnell, daß wir ihn nicht halten konnten.
Was dann geschah, war für uns alle ein kalter Horror, denn wir erlebten die Macht des Zauberteppichs in all ihrer Stärke und Bösartigkeit mit. Der Gnom war ein Unwürdiger. Er versuchte zwar, gegen die Kraft anzukämpfen, es war vergeblich.
Der Teppich und die Hände machten mit ihm, was sie wollten. Er wellte sich plötzlich wie bei mir, als er durch den Raum fegte, deren Decke so hoch war, daß er noch über unsere Köpfe hinweghuschen konnte, wir aber nicht herankamen, obwohl ich es mit einem Sprung versuchte, um die Kante ergreifen zu können.
Der Gnom schrie.
Er mußte Schlimmes durchmachen.
Leider konnte ich nicht erkennen, was ihn so quälte. Manchmal, wenn der fliegende Teppich tiefer sank und ich für einen Moment nur Umrisse zu sehen bekam, da entdeckte ich, wie der Gnom um sich schlug, denn sie hielten nur seine Beine fest. Er konnte den Oberkörper bewegen, drückte ihn hoch, fiel wieder- zurück auf den Teppich, so daß sein Gesicht ebenfalls darin verschwand.
Die Templer hatten sich zur Seite gedrückt. Sie griffen nicht ein, nahmen es als Schicksal hin.
Ich war da anders. Im Raum hatte ich mich aufgestellt. Wenn ich sehr hart sprang und der Teppich günstig flog, mußte es mir einfach gelingen, ihn zu packen und mich an seinem Rand festzuklammern.
Leider waren seine Wege zu unstet. Ich erriet nie, welche Drehung und Kurve er in der nächsten Sekunde schlagen würde.
Der Gnom schrie!
Es waren fürchterliche Schreie, die durch den Raum gellten. Rufe, wie sie nur ein Mensch ausstoßen konnte, der in Todesangst schwebte. Einmal sah ich ihn. Die Hände hatten es ihm sogar erlaubt, sich aufzurichten. Er hatte seine Arme in die Höhe gerissen, sein Gesicht war verzerrt, die Haut an der rechten Seite leuchtete noch intensiver, und einen Augenblick später jagte der Teppich in einer parabelförmigen Kurve der Decke entgegen. Jetzt hätte es den Gnom erwischen müssen. Das aber war leider schon vorher geschehen.
Als der Teppich sich drehte und dabei dicht unter der Decke hinwegwischte, war von dem Gnom nichts mehr zu sehen. Eine winzige Staubfahne zog noch hinter dem magischen, durch die Luft fliegenden Gegenstand her, das war auch alles.
Wir schauten zu, wie er landete. Nicht weit von unseren Füßen entfernt, sank er beinahe lässig zu Boden und blieb dort ruhig liegen.
Keine Hände, kein Blut und auch keine Spur von dem Zwerg!
Was sollte man dazu sagen? Und wer raffte
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