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0455 - Der Lord und die Geister-Lady

0455 - Der Lord und die Geister-Lady

Titel: 0455 - Der Lord und die Geister-Lady Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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besucht haben, als sie in der kalten Erde lag.
    Wann würde sie es jetzt erreichen? Vor allen Dingen, wer erwartete sie dort?
    Der Lord hatte sich auch mit den Berichten klinisch Toter befaßt und genau nachgelesen. Diese Leute waren stets von einem Verwandten oder Bekannten im Jenseits erwartet worden. Möglicherweise hatte Mary so etwas auch erlebt.
    Sie meldete sich wieder, ohne daß sie zuvor von ihrem Mann angesprochen worden war. »Ich bin immer noch unterwegs«, drang es stockend aus ihrem Mund. »Noch immer befinde ich mich auf der Reise. Das Ziel ist so weit, so weit…«
    »Kann es das Jenseits sein?«
    »Das Jenseits?« wiederholte Mary. »Nein, eine Welt, eine andere Welt. Nicht die unsere.«
    »Siehst du jemand?«
    »Die Sonne.«
    »Du meinst das Licht, zu dem alle Geister streben?«
    »Eine rote Sonne.«
    Die Lippen des Lords zuckten. Es gefiel ihm überhaupt nicht, daß dieser Geist einen Weg ging, der seinen eigenen Theorien widersprach. Er hatte damit gerechnet, einen Blick ins Jenseits durch Mary werfen zu können. Wie es jetzt aussah, verlief die Sache ganz anders.
    Allmählich wurde auch der Lord von einer gewissen Spannung erfaßt, die er als höchst ungewöhnlich empfand. Diese Hypnose verlief anders, als er es sich vorgestellt hatte. Dabei ging er nicht davon aus, daß seine Frau ihn anlog. Sie mußte tatsächlich etwas gesehen haben.
    Mary zeigte auch jetzt eine gewisse Erregung. Ihre Stimme verstärkte sich, die Tonlage wurde schärfer und gleichzeitig schriller.
    »Ja, ich kenne den Weg. Ich bin ihn schon einmal gegangen. Du trägst die Schuld daran, du hast mir das Gift eingespritzt. Nur deshalb konnte ich dorthin. Es ist gefährlich, sehr gefährlich. Kein Jenseits, eine andere Welt, eine völlig andere. Die rote Sonne, sie leuchtete so stark, sie ist so grausam, sie brennt mir das Fleisch von den Knochen!« schrie sie plötzlich, und ihre Stimme versackte in einem krächzenden Gurgeln. Das andere, das nur sie sah, mußte einen ungemein starken Druck auf sie ausüben, sonst hätte sie nicht so reagiert. Sie hatte von einer Sonne gesprochen, die das Fleisch von den Knochen brannte.
    Furchtbar… Der Lord machte sich Vorwürfe. Niemals zuvor war eine Hypnose so verlaufen. Es war zu befürchten, daß er die Kontrolle über sein Medium verlor. Das wollte er auf keinen Fall. Lieber holte er seine Frau zurück, doch sie ließ sich nicht beirren.
    Ihre Stimme nahm einen noch schrilleren Klang an. Wieder sprach sie davon, bald am Ziel zu sein. »Ja!« rief sie laut. »Ja, ich sehe es. Die Sonne ist nah, aber nicht nur die Sonne. Da ist noch etwas.«
    »Was?« rief der Lord dazwischen. »Was lauert noch dort?«
    »Ein Geist! Nein, kein Geist, das ist eine Frau, die ich sehe. Eine Frau und ein Geist, sie stehen vor der Sonne. Sie haben schwarze Haare, sie wehen…«
    »Kennst du die Frau?«
    »Ich habe sie zweimal gesehen. Sie ist mir unbekannt. Trotzdem weiß ich ihren Namen.«
    »Sag ihn mir!«
    Schnappend atmete die Frau ein. »Shao«, flüsterte sie. »Die Frau heißt Shao…«
    ***
    Nach diesem Wort verstummte die Geister-Lady, und ihr Mann dachte darüber nach, was sie wohl damit gemeint haben konnte.
    »Shao.« Er wiederholte den Namen. »Ich kenne niemand, der so heißt. Es klingt nicht europäisch. Ich bin viel gereist, war auch im Osten und habe das Gefühl, es mit einer Chinesin oder Japanerin zu tun zu haben. Kannst du mehr sagen?«
    Mary Danford war nicht mehr ansprechbar. Ohne zuvor eine Regung zu zeigen, kippte sie plötzlich nach vorn und wäre aufs Gesicht gefallen, wäre der Lord nicht so schnell aus dem Sessel gesprungen, um sie aufzufangen.
    Er hielt sie fest, spürte unter seinen Händen den Stoff und den eiskalt gewordenen Körper, so daß er das Gefühl bekam, eine Tote in den Armen zu halten.
    Ja, sie war so kalt wie eine Leiche!
    Schräg hinter ihr brannte das Feuer. Die Flammen waren wesentlich kleiner geworden. Sie hätten wieder neue Nahrung brauchen können, aber darüber machte sich der Lord im Moment keine Gedanken. Vorsichtig drückte er seine Gattin zurück und setzte sie wieder in den Sessel, so daß sie Kontakt mit der Rückenlehne hatte und nicht wieder nach vorn fallen konnte.
    Noch immer lief das Metronom. Danford konnte das Geräusch plötzlich nicht mehr hören. Er stellte das Gerät ab.
    Bleich wie ein Bettuch wirkte Mary. Aus ihrem Körper schienen das Leben und die Kraft herausgelaufen zu sein. Sie schaute ihren Mann an, ohne ihn recht zu sehen. Der Blick

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