0455 - Der Lord und die Geister-Lady
noch einen Sinn ohne sie? Wenn Sie sich weigern, Sir, werde ich Shao niemals finden können. Ich brauche den Würfel, und ich kann nicht mehr so lange warten, bis John zurückkehrt.«
»Es kann nicht lange dauern. Er ist in Paris…«
»Meinetwegen kann er in Australien sein. Ich gehe den Weg allein, und Sie werden ihn mir ebnen. Erheben Sie sich, Sir!«
Der Superintendent schaute seinen Inspektor scharf und lauernd an. Er sagte nichts. In Sukos Gesicht und in seinen Augen las er den unbeugsamen Willen, den Weg bis zum bitteren Ende zu gehen, auch wenn dieser ins Verderben führte.
»Wollen Sie nicht, Sir?«
»Doch, Suko, ich will. Ich hätte mich auch weigern können. Mich hat Ihre Drohung nicht einmal geschreckt, nur betroffen gemacht. Ich appelliere aber an Ihren gesunden Menschenverstand, daß Sie es nicht zu weit treiben. Denken Sie immer daran, daß auch Sie den falschen Weg eingeschlagen haben können.«
»Es ist der richtige.«
»Wie Sie meinen, Suko.« Sir James stemmte sich in die Höhe. Er schüttelte dabei den Kopf, weil Sukos Handlung seiner rationalen Denkweise widersprach.
»Wo haben Sie den Schlüssel, Sir?«
»Hier im Büro.«
Der Superintendent ging auf einen Teil der holzgetäfelten Wand zu und schob ihn zur Seite, so daß ein kleiner Safe sichtbar wurde.
Suko kannte den Safe. Sir James hatte ihn vor seinen Mitarbeitern nie verborgen gehalten.
Nur die Kombination war dem Inspektor nicht bekannt. Er wollte sie auch nicht wissen, für ihn war der zweite Schlüssel wichtig, den Sir James aus dem Safe hervorholte.
Sorgfältig schloß er die Tür wieder zu und drehte sich um. »Ich habe den Schlüssel, Suko.«
»Dann gehen wir.«
»Mit der Waffe in der Hand?« Sir James deutete auf Sukos Beretta.
»Nein, die brauche ich nur einmal.« Mit diesen Worten sprang Suko auf seinen Vorgesetzten zu.
Der Superintendent sah noch den gewaltigen Schatten. Er traf nicht einmal Anstalten, auszuweichen. Etwas prallte gegen seine Schläfe und löschte sein Bewußtsein aus.
Um Sukos Mundwinkel lag ein schmerzlicher Zug, als er den fallenden Körper auffing. »Es tut mir leid«, sagte er flüsternd. »Mir blieb keine andere Wahl.«
Vorsichtig schleifte er seinen Chef zu dessen Sessel und drückte ihn dort nieder.
Sir James blieb sitzen. Der Kopf sank zur Seite, wurde aber abgestützt. Suko interessierte der Schlüssel. Sein Chef hatte ihn in der rechten Hand gehalten, die Faust beim Fall aber geöffnet, so daß der Schlüssel auf dem Teppich lag.
Suko hob ihn auf und steckte ihn ein. Er hatte keine andere Möglichkeit mehr gesehen, als so zu handeln. Sicher, er hätte Sir James vertrauen können, doch verlassen konnte er sich nur auf sich selbst.
Bis er an den Würfel herankam, war es noch ein langer Weg. Suko würde ihn gehen und auch sämtliche Hindernisse zur Seite räumen, sollten sie ihn behindern.
Um diese Zeit war in der oberen Etage, in der die Büros der Geisterjäger lagen, nichts los. Selbst die Putzfrauen hatten das Gebäude bereits verlassen.
Im Lift steckte Suko die Waffe erst weg. Gedanklich konstruierte er seinen Weg noch einmal nach und kam zu der Überzeugung, keinen Fehler gemacht zu haben.
Direkt bis in die Unterwelt fuhr er. Sie wurde von den Kollegen so genannt, denn in den Kellerräumen gab es keine Fenster und auch keine Freundlichkeit. In den wissenschaftlichen Abteilungen wurde knallhart gearbeitet und geforscht.
Suko betrat den Trakt, wo die Panzerschränke lagen. Man kannte ihn und gewährte ihm auch Zutritt zu diesen Räumen. In eine Art von Besucherbuch mußte er sich noch eintragen, dann konnte er den Raum betreten, wo er den Würfel finden würde.
Es gab Zeiten, da hatte hier jemand als Wache gesessen. Das allerdings war zu gefährlich gewesen. Dämonische Kräfte hatten schon zugeschlagen und diese Wache getötet.
Unangefochten konnte Suko den Raum betreten, auf den es ihm ankam. Er sah den großen Panzerschrank und steckte beide Schlüssel in die dafür vorgesehenen Schlösser.
In die entgegengesetzten Richtungen drehte er sie herum. Wenig später konnte er die Tür öffnen.
Suko hatte nur noch Augen für den Würfel. Vorsichtig nahm er ihn aus dem Fach und hielt ihn wie einen kostbaren Edelstein zwischen den Händen.
Als er lächelte, war es nicht freundlich, eher triumphierend. Sie hatten ihm Shao genommen, aber Suko war fest entschlossen, sich dafür auf seine Art und Weise zu rächen.
Auch auf dem Rückweg begegnete ihm niemand, und selbst der Kollege
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