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0456 - Der Geisterseher

0456 - Der Geisterseher

Titel: 0456 - Der Geisterseher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Nicole auf die Beine. »Wir sollten uns auch etwas überlegen, den Forscherdrang meines leibhaftigen Ahnherrn zu bremsen, sonst läßt er tatsächlich noch deinen Wagen auseinandernehmen, wenn er mit meinem fertig ist!«
    »Man könnte ihn und den Gnom fesseln«, schlug Nicole vor. »Mit Hand- und Fußschellen und schweren Eisenketten. So was sollte doch auch irgendwo im Keller-Fundus seit Jahrhunderten vor sich hinrosten.«
    »Apropos Keller - von den Zwillingen hast du noch nichts wieder gesehen und gehört?«
    »Wie denn, wenn ich mich mit Tentakelbestien herumschlagen muß!«
    »Sorry, da hast du natürlich recht.« Er griff nach ihrer Hand und zog sie hinter sich her. Er streckte die andere Hand aus und rief das Amulett zu sich; sich an der Tür noch einmal bücken zu müssen, erschien ihm als etwas zuviel des Guten. »Holen wir den Dhyarra-Kristall aus dem Safe.« Er strebte in Richtung seines Arbeitszimmers. Vorbei an Raffael und auch dem Mann aus der Vergangenheit, dem er nur kurz und unfreundlich zunickte.
    Die Treppe hinauf. Nach rechts. Die Tür auf. Stehenbleiben.
    An der Deckenlampe im Arbeitszimmer hing ein Strick mit einer Schlinge.
    In der Schlinge pendelte der Gnom.
    ***
    Julian Peters sah wie ein normaler Teenager aus, nicht wie der Fürst der Finsternis. An ihm war nichts Furchterregendes - zumindest nicht äußerlich.
    Das einzige, was ihn auffällig machte, war seine Hautfarbe. In dieser Slum-Gegend am Hafen von Baton Rouge lebten vorwiegend Schwarze. Die späten Nachfahren der Negersklaven, die sich mit Franzosen, Engländern und Deutschen vermischt hatten. Der französische, also kreolische An teil, überwog hier bei weitem. Und dunkel waren sie alle, die Kinder eines internationalen Schmelztiegels.
    Julians Haut war hell. Aber ansonsten glich er den Leuten hier, in Turnschuhen, geflickten Jeans, einem knallbunten T-Shirt mit Reklameaufdruck, Sonnenbrille und Walkman am Gürtel. Das einzige, was noch auffiel, waren seine halblangen Haare - hier war derzeit Streichholzkurz wieder Moderichtung. Und solange das Siegesfieber anhielt, das der erfolgreiche Zerstörungskrieg gegen den hoffnungslos unterlegenen Irak ausgelöst hatte, würde dieser Soldatenhaarschnitt auch in Mode bleiben.
    Julian schlenderte vorbei an den Abfalltonnen, welche die Gehsteige verunzierten, teilweise umgestürzt und ihren Inhalt auf den Weg ergießend - wo dies nicht war, hatten liebenswerte Zeitgenossen Abfall auch so auf die Straße geworfen, um das an sich schon malerische Bild noch bunter zu machen. Vorbei an den Autos, die vor sich hinrosteten und teilweise bereits halb ausgeschlachtet waren. Vorbei an halbnackten Kindern, an Jugendlichen, die die Schule Schule sein ließen, weil sie gezwungen waren, jenseits der Legalität Geld für die Familie heranzuschaffen, das die Eltern dann in Alkohol und Drogen umsetzten - die negative Seite des Landes der einstmals unbegrenzten Möglichkeiten. Des Landes, in dem die Reichen immer reicher und die Armen immer ärmer wurden. Des Landes, in dem es immer mehr Arme und immer weniger Reiche gab. Des Landes, in dem 5,5 Millionen Kinder hungerten, während eine Handvoll Multimilliardäre im Überfluß schwelgten. Des Landes, in dem jeder, der länger als ein Jahr Sozialhilfeempfänger war, aus der Sozialhilfeversorgung und somit auch aus der Statistik herausfiel, so daß die Öffentlichkeit niemals erfuhr, wie verarmt dieses Land längst war.
    Julian erreichte die unverschlossene Haustür, trat ein und stieg die Kellertreppe hinab. Er berührte den Klingelknopf, wartete aber nicht ab, bis ihm geöffnet wurde, sondern trat einfach ein. Das Türschloß setzte seiner Magie keinen Widerstand entgegen.
    Der Neger, dem die Wohnung gehörte, fuhr mit wutblitzenden Augen hoch. Erkennen blitzte in ihm auf. »Was willst du? Verschwinde!« stieß er hervor. »Laß mich in Ruhe, Peters!«
    »Deine Schwester braucht Hilfe«, sagte der Fürst der Finsternis. »Deshalb bin ich hier.«
    ***
    Zamorra und Nicole wechselten einen schnellen Blick. Dann spurtete Zamorra los, sprang auf den hufeisenförmig geschwungenen Arbeitstisch, der von elektronischen Hilfen übersät war und griff zu. Er griff nach einer Schere und bearbeitete in Ermangelung eines Messers den Strick des Selbstmörders damit. Er schaffte es, ihn mit der scharfen Schneide zu durchtrennen. Der Gnom polterte zu Boden. Nicole zerrte an der Schlinge um den Hals des kohlschwarzhäutigen Zauberers und lockerte sie. Dann tastete sie nach dem

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