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046 - Penelope von der 'Polyantha'

046 - Penelope von der 'Polyantha'

Titel: 046 - Penelope von der 'Polyantha' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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plötzlich auf. Das Schiff lag so schräg, daß sie aus der Koje gefallen wäre, wenn das silberne Gitter sie nicht daran gehindert hätte. Entsetzt stand sie auf, aber gleich darauf lag die ›Polyantha‹ wieder richtig. Sie schob die Vorhänge zurück, die die Fenster bedeckten, und blickte hinaus. Fern am Horizont sah sie einen Lichtschimmer. Während sie ihn noch betrachtete, hörte sie ein Rasseln und Klingeln. Sie war zuerst darüber bestürzt, bis sie sich daran erinnerte, daß sich die Kommandobrücke über ihrer Kabine befand und daß sie den Schiffstelegrafen gehört hatte.
    Sie stieß das Fenster auf. Die Stimme des Captains drang zu ihr.
    »Dort ist das Schiff - wir haben seine Signale seit zwei Stunden aufgefangen. Glauben Sie, daß man uns drüben gesehen hat?«
    »Nein, der Scheinwerfer hat uns nicht erreicht. Wieviel Uhr ist es?« fragte Mr. Orford.
    »Fast zwei. Wir haben noch anderthalb Stunden bis Tagesanbruch, und wir fahren jetzt sechsundzwanzig Knoten die Stunde. Wenn sich der Captain drüben nicht in den Kopf setzt, uns zu folgen, werden wir bei Morgengrauen außer Sicht sein.«
    Ein tiefes Schweigen folgte, und Penelope nahm an, daß die Leute oben ins Kartenzimmer gegangen waren.
    Aber plötzlich ertönte Mr. Orfords Stimme.
    »Was war das?«
    »Ein Flugzeug«, entgegnete der andere kurz. »Ich habe es schon vor einer Stunde gehört. Sind alle Lichter an Bord gelöscht, Simson?«
    »Die Hauptlichtleitung ist abgeschaltet.«
    »Sind auch die Navigationslichter aus?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Schauen Sie auf beiden Decks nach, ob jemand von der Wache raucht.« Dann sprach er plötzlich mit veränderter Stimme: »Maschinenraum - sind Sie da, Ferly? Ist es möglich, daß irgendwelche Funken aus den Kaminen kommen? Ergreifen Sie alle nötigen Maßregeln, um das zu verhüten.«
    Plötzlich hörte das Geräusch der Schiffsmaschinen auf, und Penelope vernahm einen Laut, ähnlich dem Summen einer Kreissäge, die Hartholz schneidet. Allmählich verstummte dieses Surren wieder, und nach einer weiteren langen Pause hörte sie Schritte über ihrem Kopf.
    »Dieser Funkspruch der Admiralität ist soeben aufgefangen worden, Sir«, sagte jemand.
    »Wie lautet er?« fragte der Captain brummig.
    Der Mann wußte den Inhalt anscheinend auswendig, denn auf der Brücke waren alle Lichter gelöscht.
    »An alle Schiffe, die über den Ozean fahren, vom Kap Dungeness bis Kap Land's End. Bitte berichten Sie sofort durch Funk an die Admiralität, ob Sie das Wrack eines Flugzeuges gesichtet haben.«
    »Dieser verdammte Hollin und seine Kappe! Ich wußte doch, daß dieses Schwein uns alles verderben würde!«
    Penelope ging zurück und setzte sich auf die Bettkante. Nun wußte sie, warum die Maschinen angehalten hatten. Das Schiff hatte die Richtung wieder gewechselt. Wovor fürchteten sich diese Leute? Warum mußten alle Lichter gelöscht werden?
    Die ›Polyantha‹ hatte ein Geheimnis - und dieses Geheimnis war mit Hollin und seiner Mütze verknüpft. Sie schüttelte den Kopf und ging dann zu Bett. Als sie gerade wieder am Einschlafen war, rasselte und klingelte oben der Maschinentelegraf aufs neue, und sie merkte, daß das Schiff mit höchster Geschwindigkeit weiterfuhr.
    Dann schlief sie ein und erwachte erst wieder, als es am nächsten Morgen an ihre Tür klopfte.
    »Würden Sie heute Kondensmilch nehmen?« fragte Johns Stimme. »Unserer Kuh ist nämlich nicht ganz wohl.«

10
    Der zweite Tag auf der ›Polyantha‹ begann grau und kalt, die See war nicht mehr spiegelglatt, und es regnete in fast regelmäßigen Zwischenräumen.
    Penelope war froh, daß sie wenigstens eine Wolljacke hatte. Auch den Schiffsmantel, den John ihr brachte, nahm sie dankbar an. Sie erlaubte ihm sogar, die Ärmel aufzurollen und ihn bis unter das Kinn zuzuknöpfen.
    »Es ist der kleinste Mantel, den wir an Bord haben«, erklärte er. »Ich glaube, er gehört Bobby Mills.«
    »Aber Sie nennen ihn doch nicht Bobby in seiner Gegenwart?« fragte sie interessiert.
    »Ich nenne ihn in seiner Gegenwart überhaupt nicht«, erwiderte er kühl. »Das ist nun zufällig einmal sein Name, und ich kann hier an Bord nicht alle Leute mit Mister anreden. Außerdem paßt dieser Name außerordentlich gut für ihn. Er ist der feinste Kerl auf der Erde, so ehrlich wie ein alter Seehund -«
    »Sie scheinen ihn ja sehr gut zu kennen.«
    »Ich weiß sehr viel von ihm - jeder kennt Stamford Mills dem Namen nach, selbst so ein kleiner Student aus Aberdeen wie ich. Sind

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