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046 - Penelope von der 'Polyantha'

046 - Penelope von der 'Polyantha'

Titel: 046 - Penelope von der 'Polyantha' Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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als der große Mann die Treppe herunterkam. Der Steward sah aus wie ein ertappter Schuljunge, den man beim Obstdiebstahl in einem fremden Garten abgefaßt hat.
    »Habe ich Ihnen nicht hundertmal gesagt, Sie dürften nicht malen?« fuhr ihn Mr. Orford wütend an. »Wozu soll denn das nützen?«
    »Es tut mir sehr leid, Mr. Orford«, erwiderte John kleinlaut. »Es war gedankenlos von mir.«
    Mr. Orford fuchtelte verzweifelt mit den Händen in der Luft herum.
    »Es wird noch eine Katastrophe geben«, sagte er düster. »In meinem ganzen Leben ist noch keine Sache schlechter gegangen!«
    Er polterte und fluchte, als er wieder nach oben ging. John sah Penelope lächelnd an, und es lag ein verschmitzter Ausdruck in seinen Augen.
    »Da sehen Sie nun, was Sie angerichtet haben!« »Was ich angerichtet habe?« rief sie entrüstet. »Ich habe doch nicht gemalt! Aber meiner Ansicht nach ist es nicht recht, daß Sie sich in Ihrer freien Zeit nicht mit Malen beschäftigen dürfen, wenn Sie es doch so gerne tun.«
    »Ich habe überhaupt keine freie Zeit. Ich habe vierundzwanzig Stunden Dienst am Tage. Entschuldigen Sie mich, ich muß jetzt versuchen, den dicken Mann wieder zu beruhigen.«
    Die Sonne neigte sich schon zum Horizont, als Penelope fern im Süden ein Schiff auftauchen sah, das direkt auf sie zuzufahren schien. Mr. Orford, der Captain und Bobby Mills sprachen lebhaft und ernst miteinander. Kurz darauf trat auch der Doktor zu ihnen. Plötzlich trennte sich Dr. Fraser von der Gruppe und ging auf Penelope zu.
    »Guten Abend, Miss Pitt«, sagte er und sah sie prüfend an. »Es scheint Ihnen nicht sehr gut zu gehen.«
    Er selbst fühlte sich anscheinend auch nicht wohl, denn sein Gesicht sah blaß aus, und seine Hände zitterten.
    »Ich bin so gesund wie immer«, erwiderte sie erstaunt.
    »Ich glaube nicht, daß das der Fall ist. Vielleicht haben Sie zu lange in der Sonne gesessen, und es ist so etwas wie ein Sonnenstich?« Er trat näher an sie heran und sah ihr in die Augen. »Ja, es geht Ihnen nicht gut. Sie müssen sich sofort zu Bett legen.«
    Sie starrte ihn entsetzt an.
    »Aber es geht mir doch wirklich gut!«
    »Das bilden Sie sich nur ein«, entgegnete er liebenswürdig. »Bitte, folgen Sie meinen Anordnungen.«
    »Ich soll - mich zu Bett legen?«
    Er nickte.
    »Wenn Sie sich gelegt haben, werde ich kommen und Ihnen ein Medikament geben.« »Aber das ist doch lächerlich!« rief sie aufsässig. »Ich sehe wirklich nicht ein, warum ich das tun soll, wenn ich mich gesund fühle -«
    »Wollen Sie jetzt endlich tun, was ich Ihnen sage, Miss Pitt?«
    Diesmal war seine Stimme hart und scharf, und sie erkannte, daß ihre Gesundheit nichts mit seiner merkwürdigen Forderung zu tun hatte.
    Sich zu widersetzen war nutzlos, da sie diesen Männern auf Gnade und Ungnade ausgeliefert war. Trotzdem fürchtete sie sich nicht.
    »Nun gut. Ich halte es zwar für ganz unnötig, da Sie es aber verlangen, werde ich es tun.«
    Als sie im Bett lag, hätte sie über diese sonderbare Situation lachen können, wenn nicht ihr Unmut so groß gewesen wäre.
    Der Schiffsarzt kam herein. Er hielt ein Glas in der Hand, das halb mit einer milchigweißen Flüssigkeit gefüllt war.
    »Trinken Sie das aus!«
    »Aber sagen Sie mir doch im Ernst, Doktor - glauben Sie wirklich, daß ich einen Sonnenstich habe? Ich kann Ihnen versichern, daß ich niemals einen klareren Kopf hatte!«
    »Trinken Sie jetzt das Medikament!« erwiderte der Schiffsarzt barsch.
    Sie gehorchte und schnitt ein Gesicht, als sie es hinunterschluckte, denn es schmeckte sehr bitter. Sie schüttelte sich, und der Doktor lächelte. Es war das erstemal, daß sie das sah.
    »Wie, es war nicht gut? Aber Sie werden sich sehr wohl danach fühlen. Das Medikament hat keinerlei Nachwirkungen. Das ist der große Vorteil dieses Trankes.«
    Schon seine letzten Worte schienen Penelope aus weiter Ferne zu kommen, und sie fühlte eine angenehme Müdigkeit.

11
    Es war ganz dunkel, als Penelope wieder aufwachte. Das Schiff war in Fahrt, aber es brannte kein Licht in ihrer Kabine. Sie langte nach dem elektrischen Schalter, machte Licht und richtete sich auf. Sie fühlte sich merkwürdig leicht im Kopf und hatte nicht die geringsten Schmerzen. Als sie aber aufstand, wankten ihre Knie. Der Arzt hatte also doch recht!
    »Um Gottes willen!« rief sie laut, als sie sich im Spiegel betrachtete. Ihr ganzes Gesicht, die Stirn, der Hals waren mit roten Flecken bedeckt.
    Sie mußte schwer krank sein, sie hatte

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