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0464 - Gemälde des Grauens

0464 - Gemälde des Grauens

Titel: 0464 - Gemälde des Grauens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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niemand mehr fahren, so gehörte die Straße den beiden Frauen allein.
    »Hast du dir die Strecke noch gemerkt?«
    Jane nickte. »Die habe ich im Kopf.«
    »Wie gut.«
    Das Dorf hatten sie hinter sich gelassen. Rechts und links wuchsen Schatten heran. Manchmal waren es alte Scheunen oder Schuppen, dann wieder der Wald.
    Jane fuhr sehr langsam. Hindernisse sah sie erst im letzten Augenblick. Zudem lag überall feuchtes Laub auf der Straße und machte sie glatt wie eine Eisbahn.
    Obwohl sich Sarah Goldwyn angeschnallt hatte, saß sie doch angespannt neben Jane. Hin und wieder fuhr ihre Zunge aus dem Mund und umkreiste die Lippen.
    »Was hast du?« fragte Jane.
    Sarah Goldwyn winkte ab. »Eigentlich nichts, aber meine Unruhe ist geblieben.«
    »Rechnest du mit Überraschungen?«
    »Eigentlich immer.«
    Jane mußte lachen und bog in die große Kurve ein, die sie schon von der Herfahrt kannte. Allmählich beschlugen außen wieder die Scheiben. Tropfen rannen von oben nach unten. Mal schräg, mal gerade.
    Die Wischer putzten sie weg.
    Und vor dem Wagen wallte der Nebel, drehte sich durch die Lichtlanzen, als wollte er sie auffressen. Der Untergrund glänzte matt wie angefeuchtetes Leder. Wenn sich die Räder drehten, schmatzten auch die Reifen. Lady Sarah drehte ihre Finger ineinander. Sie starrte durch die Scheibe, als hätte sie etwas auf der Straße gesehen.
    »Spürst du nichts?« fragte sie.
    »Was denn?«
    »Du bist doch sensibel. Am Bild hast du auch bemerkt, daß etwas nicht stimmt.«
    »Aber hier ist alles normal.«
    »Das empfinde ich nicht so.«
    »Soll ich anhalten?«
    »Nein, fahr weiter. Ich gebe schon acht.«
    »Wir werden gleich die Einmündung erreichen, wo es rechts zum Schloß geht«, erklärte Jane. »Soll ich da stoppen?«
    »Mal sehen.«
    Es dauerte noch ein halbe Minute, bis sie die von Jane erwähnte Stelle erreicht hatten. Dort ließ die Detektivin den Wagen langsam ausrollen, das Licht aber brennen.
    Sarah Goldwyn kurbelte auf der linken Seite die Scheibe hinab.
    Stille umhüllte sie. Der Nebel deckte alles zu, er dämpfte die Geräusche fast bis zur Lautlosigkeit.
    »Eine trügerische Ruhe«, flüsterte Lady Sarah.
    »Ich sehe sie als ganz normal an.«
    Die Horror-Oma schüttelte den Kopf. »Nein, so darfst du das nicht sehen. Die ist nicht normal.«
    Jane lehnte sich zurück. Es hatte keinen Sinn, Sarah zu widersprechen. Wenn sie etwas spüren wollten, dann spürte sie es auch. Da war bei ihr sogar der gesunde Menschenverstand ausgeschaltet.
    Eine halbe Minute verstrich.
    »Soll ich weiterfahren?«
    Sarah schüttelte den Kopf. »Noch nicht, warte«, hauchte sie. »Ich habe etwas gehört.«
    »Und was?«
    »Ein Rascheln…«
    »Das war der Wind oder ein Tier.«
    »Kann, aber muß nicht sein. Ich werde mal aussteigen.«
    Das ist doch Unsinn, wollte Jane sagen, aber sie schwieg, denn plötzlich vernahmen die beiden Frauen ein schauriges Geräusch. Es war ein Heulen, das sich klagend und fast schmerzerfüllt anhörte.
    »Das war es!« sagte Lady Sarah. Sie drehte sich um und löste dabei den Gurt. »Hast du es auch vernommen, Jane? So heult nur einer. Ich kenne mich da aus.«
    »Und wer?«
    »Ein Werwolf«, erwiderte Lady Sarah dumpf. »Diese Bestie muß in der Nähe lauern.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.«
    Sarah umfaßte Janes Oberarm. »Denk doch an dein Gefühl, das dich überkam, als du dir das Bild angesehen hast. Dann das Blut an deinen Fingern. Auf dem Bild war ein Werwolf zu sehen.«
    »Ja, auf dem Bild.«
    »Na und?«
    »Meinst du, daß er echt gewesen ist?«
    »Ich glaube mittlerweile alles, mein Kind.« Lady Sarah öffnete die Tür. »Und jetzt steige ich aus.«
    »Bleib lieber im Wagen.«
    »Bist du auch mißtrauisch geworden?«
    »Du kannst einen Menschen schon verrückt machen.«
    Die Horror-Oma winkte ab und schwang sich sogar noch ziemlich gelenkig aus dem Honda. Früher hatte sie oft einen Gehstock mitgenommen, auf den verzichtete sie in der letzten Zeit, wie auch jetzt.
    Jane Collins schnallte sich sicherheitshalber los, damit sie, wenn es nötig war, schneller aus dem Wagen kommen konnte. Sie verfolgte den Weg der Sarah Goldwyn. Die schritt um den Honda herum und befand sich schon bald vor der Kühlerhaube, wo sie mit behutsam gesetzten Schritten weiterging und sich dem Rand der Straße näherte, denn aus dieser Richtung war das Jaulen erklungen.
    Auch der Detektivin wurde allmählich mulmig zumute. Es lag nicht allein an Sarahs Reaktion. Sie überkam wieder das Gefühl,

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