0464 - Gemälde des Grauens
ein Leben hinter sich?«
»Vielleicht reagierte er auch so wie Ihr Gatte«, sagte Suko.
»Nein!« Die Antwort klang spontan. »Godfrey ist nicht geisteskrank, aber Vargas muß es gewesen sein, wenn ich da an seine Bilder denke.«
»Möglicherweise hat er sie sich heimlich angesehen«, vermutete der Inspektor.
Mrs. Lester war dagegen. »Das hätte ich bemerkt.«
»Hat Ihr Mann Ihnen immer alles gesagt?« fragte ich.
»So etwas schon.«
Wir kamen gegen diese Frau nicht an. Sie wollte einfach nicht klar und nüchtern denken. Das war schade.
Mir fiel ein, was auf dem Zettel gestanden hatte. Der Vampir mit der Axt hat wieder zugeschlagen. Dabei stolperte ich über das Wort wieder.
Es mußte also schon einen ähnlichen Mord gegeben haben. Oder den gleichen. Wo, wann und wie, das hatten wir leider nicht herausfinden können.
Ich sprach Harriet darauf an. Sie hob nur die Schultern. »Nein, ich kann mich an so etwas nicht erinnern. In dieser Gegend ist es eigentlich immer ruhig gewesen.«
»Das braucht nicht unbedingt hier gewesen zu sein.«
»Trotzdem.«
Ich holte tief Luft. »Also gut, Mrs. Lester, mein Kollege und ich werden uns die Ausstellung einmal ansehen. Wir kommen dann zu Ihnen zurück und suchen Ihren Mann gemeinsam.«
»Vielleicht ist er dann schon hier. Es kann sein, daß er das Haus beobachtet und wartet, daß Sie es verlassen.«
»Ja, möglich. Ist es weit bis zum Schloß?«
»Nein, mit dem Wagen nur einige Minuten. Ich erkläre Ihnen den Weg.«
Suko und ich hörten zu. Harriet blieb vor der offenen Tür stehen.
Sie trat erst wieder zurück ins Haus, als wir anrollten.
»Was hältst du von der Sache?« fragte Suko.
»Bisher ist alles schwammig.«
Suko warf einen letzten Blick zum Haus zurück. »Es steht ziemlich offen«, sagte er. »Irgendwie habe ich Angst um die Frau. Jeder kann hineinschauen. Viel Glas kann manchmal schlecht sein.«
»Denkst du an den Vampir?«
»Auch.«
Wir fuhren über einen schmalen Weg, der in einen breiteren mündete. Rechts ging es ab zum Schloß. An dieser Seite stand auch der inzwischen licht gewordene Wald. Der graue Nebel trieb hindurch und schien sich am Humus festgekrallt zu haben.
Mittlerweile war es früher Abend geworden. Die Dämmerung hatte den Tag längst abgelöst. Viel dunkler war es auch nicht geworden. Unser Scheinwerferpaar glotzte in den Nebel hinein. Mehr sahen wir trotzdem nicht. Wir ahnten die Auffahrt zum Schloß, umrundeten Rondells und hielten uns an die Beschreibungen der Frau.
Im Haupttrakt leuchtete hinter einigen Fenstern mattes Licht. Wir rollten daran vorbei und fuhren auf den linken Seitentrakt zu, wo die Ausstellung stattfand.
Neben dem Eingang stellten wir den Rover ab. Stille umgab uns.
Der Nebel schluckte die Geräusche und dämpfte unsere Stimmen zu einem Flüstern. Suko ging bereits auf die portalartige Tür zu und blieb so plötzlich stehen, daß ich aufmerksam wurde.
»Was hast du?«
»Schau dir mal die Tür an, John.« Suko hatte seine Lampe hervorgeholt und leuchtete gegen das Schloß.
Es war aufgebrochen worden. Das Holz in seiner unmittelbaren Umgebung war zersplittert. Ein wuchtiger Gegenstand mußte es so aufgerissen haben.
Wir konnten die Tür ohne Mühen aufziehen und schauten in die düstere Halle hinein.
Es blieb ruhig. Auch wir beide dämpften unsere Schritte und waren trotzdem sehr gespannt.
Anscheinend hielten wir uns allein im Trakt auf. Niemand kam uns entgegen, und wie wir festgestellt hatten, war die Tür auch von innen aufgebrochen worden.
»Das sah aus, als hätte jemand mit einer Axt oder einem Beil dagegengeschlagen«, sagte Sinclair.
»Der Vampir mit der Axt!«
»Glaubst du das?«
»Ich verbanne es zumindest nicht aus meinen Überlegungen«, erwiderte ich.
Unangefochten erreichten wir den ersten Raum der Ausstellung.
An den Wänden hingen die Bilder, wurden von den Strahlen unserer Leuchten berührt, und ich mußte den Leuten recht geben, die Angst vor den Gemälden gehabt hatten.
Diese Motive waren wirklich nichts für empfindliche Nerven. Sie zeigten stets die grauenvolle Düsternis einer unwirtlichen Landschaft, als hätte der Maler Eindrücke aus anderen Dimensionen auf die Leinwand gepinselt.
Auch die Bilder im zweiten Ausstellungsraum zeigten dem Beschauer das Grauen. Diesmal allerdings personifiziert in den Gesichtern der zahlreichen Menschen.
Der dritte Raum brachte uns zu den Monstren. Da hatte der Künstler seine Phantasien so gemalt, wie er sie sah. Dieser Antonio Vargas
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