0464 - Gemälde des Grauens
deren Enden ansonsten in der Finsternis verschwanden.
Da gab es Menschen.
Vielleicht war das eine spätere Beute für sie. Zunächst galt es, den Plan durchzuführen, und der war furchtbar genug.
Sie mußten ihn finden, und deshalb teilten sie sich auch auf. Ein jeder ging in eine andere Richtung davon.
Eigentlich konnte er nicht mehr entkommen…
***
Harriet stand vor uns. Sie sah aus, als wollte sie uns in die Gesichter schlagen. Statt dessen ballte sie die Hände zu Fäusten, senkte dann den Blick und schüttelte den Kopf. »Weshalb haben Sie Godfrey nicht aufgehalten?«
»Was wäre für ein Grund vorhanden gewesen?« fragte Suko.
»Grund, Grund!« schrie sie. »Sie haben doch gesehen, daß er durcheinander war. Er ist weggelaufen, er hat das Haus verlassen…«
»Was nichts Unrechtes ist.«
Harriet schwieg. »Nein, eigentlich nicht, da haben Sie recht. Aber es tut mir leid, wenn ich da anders denke. Sie kennen meinen Mann nicht. Er hat sich so schrecklich verändert, und ich weiß, daß er in sein Verderben laufen wird. Denken Sie immer daran, daß ein Killer in der Gegend umherschleicht. Ein Opfer hat es schon gegeben. Er wird sich auch ein zweites oder drittes holen. Ich möchte nicht, daß sich mein Mann darunter befindet.«
Ich mischte mich ein. »Welchen Grund soll es denn geben, Ihren Mann einfach zu töten?«
»Nur so.«
»Nein, das nehme ich Ihnen nicht ab, Mrs. Lester. Auch dämonische Wesen haben ein Motiv.«
»Dämonische Wesen?« wiederholte sie leise.
»Ja.«
Sie ging wieder einen Schritt zurück. »Ich begreife das nicht…«
»Denken Sie an den Mord. An die Bißstellen.«
Harriet faßte sich an den Hals.
»Ja«, sagte Suko. »So ist es. Vampire saugen das Blut der Menschen am Hals aus.«
»Dann könnte auch mein Mann auf diese Art und Weise von ihm getötet werden.«
»Das wollen wir einmal dahingestellt sein lassen«, sagte ich. »Wir haben noch immer nicht über das Motiv gesprochen. Weshalb sollte Ihr Mann von diesen Wesen umgebracht werden?«
Mrs. Lester setzte zweimal an, um die Antwort formulieren zu können. »Weil er sich doch so verändert hat.«
»Ist das ein Motiv?«
»Ich weiß sonst keines.« Sie schüttelte den Kopf, nahm ihr Glas und leerte es.
»Hat er nie mit Ihnen über seine Probleme gesprochen, Mrs. Lester?«
»Nein, nie. Er war stets auf dieses andere fixiert, daß angeblich Besitz von ihm ergriffen hat. Verstehen Sie das?«
»Sicher.«
Sie fuhr herum. »Aber Sie können mir nicht sagen, was dieses andere ist – oder?«
»Nein!«
»Da, Sie sind auch hilflos.«
Suko mischte sich ein. »Es kann natürlich eine andere Macht gewesen sein«, sagte er. »Eine Kraft aus dem Unsichtbaren, die sich herangeschlichen hat, um Ihren Mann zu besitzen. Einen Grund allerdings kann ich mir da nicht denken.«
»Und ich auch nicht.«
»Belassen wir es dabei. Sie können sich also nicht vorstellen, wo Ihr Mann hingelaufen ist?«
»Nein.«
»Ich denke an das Schloß, wo die Ausstellung stattfindet. Kann er dort sein?«
Harriet schüttelte den Kopf. Ihre Haarmähne zitterte dabei mit.
»Nein, Mr. Sinclair. Er wollte nie in diese Ausstellung. Im Gegenteil, er hat sich davor gefürchtet.«
»Und hat sich deshalb so verändert.«
»Meinen Sie wirklich?« fragte sie nach kurzem Überlegen. »Aber wie kann ihn eine Ausstellung, die er nie gesehen hat, so verändern?«
»Das müßten wir herausfinden.«
»Und wie?«
»Indem wir uns die Bilder einmal anschauen«, sagte Suko.
»Da kommen Sie zu spät. Die Türen sind längst verschlossen. Wir hätten sofort hinfahren müssen.«
»Es gibt zwar Hindernisse, Mrs. Lester, aber die sind für uns keine. Wir werden auch so hineinkommen.«
»Einbrechen?«
»So kraß würde ich das nicht nennen.«
»Ja«, sagte sie leise. »Ich kann Ihnen da keine Vorschriften machen. Schließlich habe ich Sie hergeholt. Aber ich möchte Sie fragen, ob ich mit zum Schloß muß?«
»Wollen Sie?«
Sie verzog den Mund. »Eigentlich nicht. Ich habe gehört, daß dort Bilder aufgehängt wurden, die schreckliche und sehr düstere Motive zeigen. Ganz anders als die, die mein Mann malt.«
»Woher wissen Sie das denn?«
»Ich sprach mit Leuten, die in der Ausstellung waren. Sie kamen nie mit fröhlichen Gesichtern heraus. Die meisten hatten sich gefürchtet. Ich glaube, sie waren froh darüber, sie so schnell wie möglich verlassen zu haben. Dieser Antonio Vargas muß fürchterlich gewesen sein. Meine Güte, was hat dieser Mann wohl für
Weitere Kostenlose Bücher