0466 - Straße der toten Männer
trotzdem geben.«
»Okay. Und über die drei Highways sind wir um diese Zeit in dreißig Minuten am Broadway.«
»Fein!« sagte Bruno Wastling.
Genau zweiundsechzig Minuten nach diesem Gespräch nahm ein unauffälliger Zivilist von der Theke des TWA-Büros im East Side Air Lines Terminal einen Gepäckanhänger mit dem Signum des Zivilflughafens Nashville (Tenn), befestigte ihn an einem Lederkoffer und stellte diesen zu den anderen Gepäckstücken in eine Ecke des Raumes.
Der Koffer enthielt die komplette Uniform eines Airman der United Air Force, allerdings ohne jeden Hinweis auf die Identität des Besitzers.
Die kompletten Papiere des gleichen Luftwaffensoldaten waren vor einigen Minuten in Flammen auf gegangen.
Zum zweitenmal innerhalb von zwölf Stunden hatte der Airman Keever aufgehört zu existieren.
»Viel Vergnügen!« flüsterte Bruno Wastling unhörbar vor sich hin.
Das einzige, was den Bruno Wastling in diesem Moment störte, war die Tatsache, daß er zweihundert Dollar für einen alten, aber noch auf eine amerikanische Nummer zugelassenen Volkswagen aus München ausgegeben hatte, der nun herrenlos und nicht einmal als gestohlen gemeldet auf dem Parkplatz der Rhein-Main-Air-Base in Frankfurt stand und dort wohl langsam vor sich hinrosten würde.
***
»Machen Sie sich nichts daraus, Jerry — jeder erwischt einmal einen Tag, an dem ihm alles, aber auch alles schiefgeht«, sagte John D. High.
Meine Stimmung war auf dem Nullpunkt angelangt.
»Es tut mir leid, Chef«, sagte ich, »um mich jetzt wieder aufzumöbeln gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder Urlaub oder ein Fall, der so unmöglich ist, daß ich mit seiner Aufklärung die Bestätigung finde…«
In diesem Moment klingelte das Telefon auf Mr. Highs Schreibtisch.
»Jaaa…«, sagte der Chef. Dann hielt er die Sprechmuschel zu. »Blitzgespräch aus Frankfurt«, sagte er.
»Nanu?« wunderte ich mich. Wir haben zwar mit der ganzen Welt zu tun, aber Blitzgespräche über Telefon aus anderen Erdteilen sind eine Ausnahme.
»John D. High, Distriktchef FBI New York«, meldete er sich und hörte gespannt hin. Schon nach wenigen Sekunden bedeutete er mir, den zweiten Hörer zu nehmen. Außerdem drückte er auf den Knopf, der zur Zentrale meldete, das Tonband mitlaufen zu lassen.
»… Liebespaar in einem Wald unweit vom US-Flugplatz Frankfurt eine übel zugerichtete Leiche gefunden. Die deutsche Polizei hat uns sofort hinzugezogen, nachdem ein Forstbeamter…«
Gepannt lauschte ich den Worten des mir unbekannten Anrufers, der jenseits des Atlantiks schnell, aber präzise den Fall schilderte.
»… mit den Papieren des Clyde S. Keever in die Staaten geflogen ist, muß ein Mörder sein. Ich bitte Sie, den Fall von dort aus weiterzubearbeiten. Dies werde ich über die CID-Zentrale in Washington fernschriftlich offiziell beantragen, aber wir dürfen jetzt keine Minute verlieren. Ich werde außerdem Mitchel Air Base verständigen, so daß Sie dort keine Schwierigkeiten haben.«
»Well, Mister Morrisson, ich werde sehen, was sich tun läßt«, sagte der Chef und beendete dann schnell das Gespräch.
»Das ist der Fall, den ich suche!« sagte ich dem Chef. Es war keine Überheblichkeit, denn es war im Moment ohnehin kein anderer da, der in Sekundenschnelle starten konnte.
»Jerry«, sagte Mister High, »ich habe keine Bedenken. Der Unbekannte hat zweifellos die New Yorker Staatsgrenze überschritten, um sich auf anderem US-Territorium einer Verfolgung zu entziehen. Daß dieses andere Territorium ein Flugplatz ist, der in Europa liegt, spielt keine Rolle. Maßgebend ist, daß es nicht im Staat New York liegt. Darum ist es ein FBI-Fall.«
»Okay, Chef!«
»Dann suchen Sie mal Ihren Unbekannten. Viel Glück dabei!«
Auf dem Weg in mein Büro überlegte ich mir, welche Methode mir den Anfang des Fadens in die Hand geben könnte.
Es gab nur einen Ausgangspunkt: Mitchel Air Base, draußen auf Long Island. Auf der Karte suchte ich den Platz. Long Island Expreßway, merkte ich mir, dann weiter über den Grand Central Parkway, Floral Park…
Das Telefon schrillte in meine Überlegungen.
Fast automatisch griff ich danach. »Guten Abend«, sagte eine mir unbekannte Stimme. »Ich hoffe, Sie habeil sich von Ihrem Schreck erholt.«
»Wer spricht?«
Ein Gelächter war die Antwort. »Das kann Ihnen doch gleich sein. Sie erwischen ja doch immer den Falschen, G-man Jerry Cotton!«
Und sofort wußte ich, daß der andere Teilnehmer Ernie Brooks sein
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