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0468 - Der Mordgötze

0468 - Der Mordgötze

Titel: 0468 - Der Mordgötze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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herumschleppen. Blitz ist ohnehin nicht gut, gibt zu harte Schlagschatten. Und für Scheinwerfer fehlt uns in der Anlage der Strom.«
    »Du bist eine elende Sklaventreiberin«, protestierte Felicitas. »Kannst du dir vorstellen, daß es auch noch etwas Schöneres gibt als Fotografieren?«
    »Geldverdienen«, sagte Patrizia trocken. »Aber vor das Vergnügen haben die Götter den Schweiß gesetzt.«
    »Der Teufel soll sie holen«, sagte Felicitas überzeugt. Sie leerte die Coladose, zerdrückte sie und warf sie in hohem Bogen in einen der Abfallkörbe, die überall in versteckten Winkeln dieser Mischung aus Privatwohnung und Künstleratelier standen. Dann erhob sie sich, die hölzerne Figur immer noch in der Hand.
    »Fühlt sich komisch leicht an«, sagte sie. »Bist du sicher, daß das wirklich Holz ist?«
    »Sieht so aus, oder? Kannst ja mal mit dem Schnitzmesser drangehen. Ich glaube nicht, daß dann Plastikspäne fallen. Vielleicht ist sie innen hohl.«
    »Vielleicht bist eher du innen hohl«, spöttelte Felicitas. »Wie soll eine aus einem Stück geschnitzte, rundum nahtlos geschlossene Holzfigur innen hohl sein?«
    Delorno hatte bereits wieder drei Kameras vor der Brust baumeln und hängte den vierten Apparat ihrem hübschen Modell um den Hals, nahm Felicitas die Holzfigur aus der Hand und stellte sie an ihren erst heute früh nach dem Kauf zugeteilten Platz zurück. Dann gab sie Felicitas einen auffordernden Klaps auf die Kehrseite. »Gehen wir.«
    »He, so was dürfen nur Männer, die sich dann hinterher Lüstlinge schimpfen lassen dürfen!« protestierte die nackte Blondine. Sie tat einen Blick über die Schulter zurück. Die Holzfigur schien sie gerade anzusehen, und für einen Augenblick hatte Felicitas den Eindruck, als würden die Augen aufleuchten.
    Aber das konnte nicht sein.
    Holz leuchtete doch nicht!
    »Nehmen wir sie mit?« fragte die Blonde. »Vielleicht können wir sie als Dekoration irgendwo zwischen die Ruinen stellen. ›Altrömischer Blutgötze‹ könntest du das Werk dann nennen.«
    »Rom hat nie Blutgötzen aus Holz gekannt«, rügte Patrizia. »Nur welche aus Fleisch und Blut. Caligula zum Beispiel, und ein paar seiner weniger berüchtigten Amtskollegen.«
    »Würde nicht ins Milieu passen«, sagte auch die dunkelhäutige Yasmin und griff nach dem Mantel, um ihn sich locker überzuziehen. Es lohnte sich zwar nicht, sich anzukleiden, aber sie mußte ja nicht unbedingt auch draußen die ganze Zeit splitternackt herumlaufen. Das Auge des Gesetzes sah derlei nur ungern, und heute nachmittag bei der Fotoserie mit dem Schaufensterbummel und dem Kleiderkauf-Gag hatten sie unverschämtes Glück gehabt, daß die Gesetzeshüter um ein paar Sekunden zu spät gekommen waren. Es hätte sonst eine Menge Geld gekostet. Für Delorno kein Problem; sie holte die Bußgelder beim Verkauf der Fotoserien an die einschlägigen Zeitungen und Magazine wieder heraus. Aber es waren unangenehme Prozeduren, die auch noch unnötig Zeit kosteten. Und römische Polizeiwachen von innen kennenzulernen, daran war zumindest die aus den USA eingewanderte Yasmin herzlich wenig interessiert. »Sieht doch nicht altrömisch, sondern allenfalls altindianisch aus«, fuhr sie fort. Sie nahm die Figur wieder aus dem Wandregal und betrachtete sie jetzt ebenfalls aus der Nähe. »Komisch. Eben war mir so, als würden die Augen mich anfunkeln. Aber da gibt's nichts, was funkeln kann.«
    Felicitas, ihre eigene ›Notbekleidung‹ erst mal nur locker in der Hand, hob kurz erstaunt die Augenbrauen. Sie hatte diesen Eindruck von der Figur doch auch gehabt, aber beiden Mädchen entging, daß Patrizia irritiert zusammenzuckte.
    Funkelnde Augen… hatte sie nicht auch geglaubt, sie glitzern zu sehen, ehe sie die Figur kaufte? Und nun sprach Yasmin davon!
    »Was habt ihr bloß mit dieser verflixten Figur?« fragte sie kopfschüttelnd. »Erst fährt Felicitas darauf ab und macht mich nervös, und jetzt auch noch du!«
    »Na, wenn jemand sich solche ein widerliches Monster hinstellt, muß Frau sich doch Gedanken darüber machen«, sagte Yasmin. »Wo wir gerade von widerlichen Monstern reden - bei der Gelegenheit könntest du dein verdammtes Krokodil erschießen.«
    »Nein!« protestierte Delorno entsetzt. »Kommt gar nicht in Frage!«
    »Du brauchst das abscheuliche Mistviech doch nicht mehr, wenn du jetzt diese Holzkreatur hast«, fuhr Yasmin fort.
    »Und es würde eine hübsche Handtasche geben, und modische Stiefel«, fügte Felicitas hinzu.

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