0469 - Der brennende Inka
am hinteren Körperdrittel gepackt hatte. Die Schlange krümmte sich in der Luft hin und her und versuchte in bessere Kampfposition zu gelangen. Das wilde Schlenkern hinderte sie aber daran - aber für wie lange noch? Tendyke stürmte der splitternackten Archäologin entgegen, hielt sie mit der einen Hand fest und erwischte mit der anderen die herumwirbelnde Schlange direkt hinter dem Kopf. Er riß sie der Archäologin aus der Hand, ließ das zornig zischende Reptil wie eine Bola kreisen und schleuderte es einige Dutzend Meter weit in die Nacht hinaus. »Töten Sie es, schnell! Töten Sie es!« schrie Dr. deRomero. »Das Biest wollte mich ermorden.«
Tendyke ließ die Nackte los, zuckte mit den Schultern und hob seine Pistole wieder vom Boden auf, die er fallengelassen hatte, als er nach Frau und Schlange griff, prüfte kurz, ob der Lauf nicht verschmutzt war, und versenkte die Waffe dann gesichert in der Gesäßtasche. »Zu spät«, sagte er. »Nun ist sie weg. Wissen Sie, Julia, daß Sie mit dieser Nummer im Theater auftreten könnten? Das Drehbuch steht in der Bibel, die Szene nennt sich ›Eva und die Schlange‹. Fehlt bloß der wurmstichige Apfel und Freund Adam, der dumm wie die ersten Menschen sich die Frucht andrehen läßt…«
»Sie nehmen mich nicht ernst!« fauchte sie ihn an. »Ich habe Todesängste ausgestanden und…«
Tendyke schüttelte den Kopf. »Meinetwegen können Sie Ihr ganzes Leben lang textilfrei durch die Pampas geistern«, sagte er. »Aber wenn Sie hier herumspuken, tragen Sie gefälligst Ihre Stiefel! Verdammt, wo eine Giftschlange ist, können sich auch noch andere herumschlängeln! Ein Batu-Sprichwort sagt: ›Fuß und Schlange bewegen sich auf dem Boden. Sie werden sich daher nicht verfehlen.‹«
»Das - das Biest war wirklich giftig?« stieß die Archäologin entsetzt hervor.
»Ziemlich«, bekannte Tendyke. »Je schwärzer die Schlange, desto…«
Mit einem neuerlichen Aufschrei wirbelte die Frau herum und stürmte in ihr Zelt zurück. Wenig später tauchte sie wieder auf - mit den Stiefeln an ihren Füßen. Auf alles andere glaubte sie immer noch verzichten zu können, und es störte sie auch wenig, daß inzwischen die anderen aus ihren Zelten gekrochen waren.
»Wo haben Sie das liebe Tierchen gefunden?« fragte Tendyke. »Doch nicht etwa in Ihrem Zelt?«
»Wo sonst?«
»Dann würde mich doch mal interessieren, wie es da hineingekommen ist«, sagte der Abenteurer. Die Ultraschall-Vibratoren sollten eigentlich auch Schlangen abschrecken. Und bisher hatte das doch auch immer recht gut geklappt. Demzufolge hätte dieses Reptil sich überhaupt nicht in Julias Zelt verirren dürfen.
Sie streckte den Arm aus. »Er da!« behauptete sie. »Er hat mir das Biest hineingeschmuggelt! Er wollte mich erschrecken…«
Julio Azarro zog den Kopf ein. »Ich war's nicht!« fauchte er. »Sehe ich so aus, als laufe ich nachts in die Landschaft hinaus, um Giftschlangen zu fangen und anderen ins Zelt zu legen? Überhaupt, warum sollte ich das tun?«
»Er kann es auch gar nicht gewesen sein«, warf Lopez trocken ein. »Er kam aus dem Zelt, mußte mal austreten, und dann hat er sich einen Tee geholt. Er hätte überhaupt nicht die Zeit gehabt, eine Schlange zu suchen und zu fangen.«
»Sie haben ihn unter Beobachtung, seit er aus dem Zelt kam?« hakte Tendyke leise nach. Lopez nickte. »Natürlich. Ich schlafe doch nicht auf Wache!« So leise, daß nur Tendyke es hören konnte, fügte er hinzu: »Er konnte auch sonst nichts anstellen, falls Sie das vermuten…«
Tendyke legte ihm die Hand auf die Schulter. »Okay, Lopez. Dann scheint unsere Absicherung defekt zu sein. Äh, Julia… und das gilt für alle anderen auch: wenn Sie das nächste Mal nach einer Schlange greifen, fassen Sie sie nicht am Schwanz an, weil sie dann vorne noch beißen kann, sondern direkt hinter dem Kopf. Dann wird sie ihren Körper zwar um ihren Arm ringeln, kann ihre Giftzähne aber nicht mehr einsetzen.«
»Aber wie soll ich sie vorn packen, wenn sie vorn beißt?« protestierte die Nackte.
»Sie können sie natürlich auch erschießen. Aber selbst mit einem Loch im Schädel zuckt sie noch ein bißchen und kann beißen.« Er wandte sich ab und nickte Lopez zu. »Kommen Sie, wir überprüfen mal die Vibratoren, ob sie noch funktionieren. Ich möchte nicht, daß sich noch mehr von diesen Biestern hierher verirren.«
Sie suchten die kleinen Geräte auf und leuchteten sie mit den Taschenlampen an; sie waren nach wie vor
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