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0470 - Die blutrote Nacht

0470 - Die blutrote Nacht

Titel: 0470 - Die blutrote Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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aber er spürte dabei immer noch Teris Hand, die ihn festhielt, schon im nächsten Moment wechselte die Umgebung ein zweites Mal, und sie befanden sich auf festem Boden. Zamorra strauchelte durch den heftigen Ruck und fing sich ab. »Was, zum Teufel…«
    Er verstummte, als er Teris grün leuchtende Augen sah. Er hätte es wissen müssen! Es war kein »Fehlsprung« gewesen.
    Um einen zeitlosen Sprung durchzuführen, bedurfte es dreier Dinge: der entsprechenden Para-Fähigkeit der Silbermond-Druiden; der auslösenden Vorwärtsbewegung, ohne die es nicht ging; und der bildhaft klaren Vorstellung von dem Ziel, das man erreichen wollte. Das konnte eine Landschaft sein, das konnte auch eine Person als Bezugspunkt darstellen. Beides aber war in diesem Fall nicht gegeben gewesen. Nur die Landkarte, die Teri sich eingeprägt hatte - und in ihrer Vorstellung hatte sie sie so umgemodelt, daß sie einem nächtlichen »Höhen-Foto« ähnelte. Demzufolge waren sie natürlich auch in großer Höhe angekommen - und von dort aus hatte Teri ihr Ziel, nämlich festen Boden direkt unter sich , konkret anpeilen können.
    Nun befanden sie sich in der Nähe ihres Ziels.
    Dunkelheit über ihnen und um sie herum, aber einige Nachttiere machten sich bemerkbar, und Zamorra glaubte auch das Klatschen von Flughäuten zu hören. Natürlich waren die Fledermäuse nachts aktiv.
    »Was nun?« fragte die Druidin.
    Zamorra zuckte mit den Schultern. »Fest steht nur, daß der Vampir nicht hier ist und wir deshalb völlig freie Hand haben. Er gefährdet uns jetzt nicht«, sagte er. »Mal was neues. Sonst, wenn man Vampire an ihrem Schlupfwinkel belauert, muß man damit rechnen, daß sie vorzeitig zurückkehren und einen überraschen. Das dürfte jetzt kaum der Fall sein; wenn die Bestie überlebt hat, wird sie Schwierigkeiten haben, zurückzukehren. Und wir sind nun hier, um ihre Schwierigkeiten mit dem Faktor ›unendlich‹ malzunehmen…«
    Allmählich paßten seine Augen sich an die hiesigen Lichtverhältnisse an. Drüben in der City war es anders gewesen; dort gab es künstliches Licht im Überfluß. Hier nicht. Hier fehlte lediglich noch der Bretterzaun mit dem Schild »Ende der Welt« und das Starfoto von Fuchs und Hase, wie sie sich gerade die Pfoten schütteln und sich gegenseitig eine gute Nacht wünschten.
    Im Nachtlicht erkannte Zamorra hohes Gras, die Silhouetten von Bäumen, und als er ein paar Schritte machte, stolperte er plötzlich über eine harte Erhebung. Er tastete sie ab. Moosüberwucherter Stein, direkt daneben eine Distelart vom gemeinen Typ, deren Stachelblattspitzen sich in seine unvorsichtige Hand bohrten.
    »Unkraut, verflixtes…«
    »Tolpatsch, ungeschickter«, kommentierte Teri trocken. »Selbst schuld - in ein Wespennest greifst du doch auch nicht!«
    »Zwischen Wespen und Disteln besteht ein grundliegender Unterschied«, erklärte Zamorra verdrossen.
    »Aber beide stechen«, bemerkte die Druidin, der es in der nächtlichen Hitze schon wieder zu warm geworden war. Ihre polizeilich züchtige Bluse hielt sie mittlerweile nur noch lässig in der Hand und benutzte sie als Moskito-Abwehr-Wedel.
    Zamorra erhob sich wieder. Worüber er gestolpert war, mußte ein Fundament-Rest eines der damaligen Häuser sein.
    »Da«, sagte Teri.
    Ihre Hand mit der Bluse deutete auf einen dunklen Schatten, der vielleicht vierhundert oder fünfhundert Meter von ihnen entfernt aus der Dunkelheit aufragte. Eine frappante Ähnlichkeit mit einer Kirchturmruine war nicht von der Hand zu weisen.
    »Das dürfte es sein - also hin!«
    Teri streckte die Hand nach ihm aus, um ihn im zeitlosen Sprung mitzunehmen. Aber Zamorra wehrte ab. »Die paar Meter können wir auch zu Fuß stolpern«, meinte er. »Du hast dich heute schon ganz erheblich verausgabt, nicht zuletzt mit deinen Demonstrationen gegenüber Careio. Du soll test deine Kräfte erst einmal schonen. Wer weiß, wofür wir sie noch brauchen.«
    »Ich fühle mich absolut fit«, behauptete Teri.
    Zamorra zweifelte das nicht an, aber er kam sich vor wie ein Arzt, der den Zustand seines Patienten aufgrund des Fachwissens besser beurteilen konnte als der Patient selbst. Daß Teri sich so fit fühlte, mochte an der Spannung liegen, unter der sie stand. Zamorra kannte die Kräfte seiner Freunde nur zu gut und wußte, wo sie ihre Grenzen fanden. Bei Teri war diese Grenze nicht mehr fern, auch wenn sie selbst es nicht wahrhaben wollte. Der Zusammenbruch würde dann überraschend schnell kommen. Ein wenig

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