0470 - Mörder jagen einen Mörder
Diamond.
Der Portier ließ mich wissen, daß das Unternehmen überfüllt sei.
»Ich brauche nur einen winzigen Stehplatz an der Bar«, antwortete ich und drückte ihm zwei Dollar in die Hand. Er gab den Weg frei. »Auf die Gesellschaft einer Lady dürfen Sie aber nicht mehr rechnen«, warnte er. »Sie sind längst vergriffen.«
Ich dachte, daß diese Knappheit dem FBI Spesen ersparte und daher durchaus willkommen sei. Tatsächlich hatte der Portier nicht übertrieben. Auch der Diamond-Club bot wenig Platz zum Stehen und wenig Luft zum Atmen. Es herrschte eine Stimmung wie in einem Saloon zur Goldgräberzeit.
Ich kämpfte mich bis zur Bartheke durch, fand einen winzigen Platz, auf dem ich einen Ellbogen deponierte, und drehte mich erst einmal um.
Auf der kleinen Tanzfläche mühte sich ein knappes Dutzend Paare ab, aber mindestens zwanzig Jungen umstanden die Fläche und blickten erbittert und neidisch auf die Kumpane, die ein Mädchen im Arm hielten. Auf diese Weise konnte ich die Leute, die an den Tischen jenseits der Tanzfläche saßen, nicht sehen. Ich begann ein Gespräch mit dem-Mann links neben mir. Er war zu betrunken, um vernünftige Antworten zu geben. Ich wandte mich an den Burschen auf meiner rechten Seite. Unterdessen hatte die Musik eine Pause eingelegt. Die Tanzpaare gingen zu ihren Tischen zurück. Den Beobachtern blieb nichts anderes übrig, als sich ebenfalls langsam wieder zurückzuziehen. Ich konnte die Tische jenseits der Tanzfläche wieder sehen. Es traf mich wie ein Fausthieb, als ich am letzten Tisch rechts von der winzigen Bühne, auf der die Vier-Mann-Combo saß, Joffrey Larham erblickte.
Er hatte sich den Schnurrbart abrasiert und trug eine Brille, deren Glas leicht getönt war. Auch seine Haarfarbe hatte er verändert. Er besaß jetzt schwarze Haare, die an den Schläfen und am Haaransatz grau schimmerten. Er trug einen beigen Tweedanzug und eine unauffällige Krawatte. Jemand, der nichts von ihm wußte, hätte ihn vermutlich für einen Vertreter gehalten.
Neben ihm saß ein schwarzhaariges Mädchen in einem tief ausgeschnittenen. Abendkleid. Das Girl besaß ein rundes, etwas törichtes Gesicht. Als ich hinübersah, legte Larham gerade einen Arm um ihre Schultern. Das Mädchen schmiegte sich an ihn und flüsterte ihm etwas zu. Er lächelte gönnerhaft, nickte und hob einen Arm, um den Kellner herbeizurufen.
In dieser Sekunde begegneten sich unsere Blicke. Nur für die Dauer eines Herzschlages sahen wir uns an. Die ganze Breite des Night-Clubs lag zwischen Larham und mir. Dennoch spürte ich das Mißtrauen in Larhams Blick.
Ich wich diesem Blick aus und sah mit einem kleinen Grinsen das Mädchen an. Der Chicagoer sollte glauben, sein Girl habe meine Aufmerksamkeit erregt, und meinetwegen sollte er ruhig mein Interesse an seinem Tisch für Neid halten.
Jemand tippte auf meinen geparkten Ellbogen] Ich drehte mich um. »Was soll es sein?« fragte der Keeper von der anderen Seite der Theke. Ich bestellte einen Whisky-Soda.
Vor Larhams Tisch war unterdessen der Kellner aufgetaucht. Ich sah, daß er eine Sektflasche aus dem Kühler nahm und davoneilte. Larham blickte nicht mehr zu mir herüber, sondern sah aus fünf Zoll Abstand dem schwarzhaarigen Mädchen in die Augen.
»Ihr Whisky-Soda«, meldete sich der Keeper. »Bitte einen Dollar zehn. An der Bar wird sofort gezahlt.«
Ich gab ihm zwei Dollar. »Wer ist die Schwarzhaarige an dem Tisch neben der Combo?«
»Decla«, antwortete er nach einem schnellen Blick. »Kommt aus Florida, wo sie eine große Saison hatte. Gefällt sie Ihnen?«
Ich gab einen Knurrlaut von mir, den er für einen Bewunderungsaufschrei hielt. »Heute nichts mehr zu machen, Mister«, tröstete er weise. »Der Knabe, an dessen Tisch sie sitzt, hat schon eine Menge investiert. Ist übrigens nicht von hier. Sie doch auch nicht, Mister?«
»Richtig geraten. Ich stamme nicht von hier. Bringen Sie mir noch einen Whisky-Soda.«
Die Musik legte wieder los. Joffrey Larham stand auf und hob die schwarzhaarige Decla von ihrem Stuhl hoch, indem er beide Hände um ihre Hüfte legte und sie hochstemmte. Er zeigte ihr, wie stark er war. Sie kreischte ein wenig. Dann setzte er sie auf der Tanzfläche ab, die sich im Handumdrehen füllte und das Paar meinen Blicken entzog.
Ich zündete mir eine Zigarette an. Alles in allem hatte ich ein Riesenglück gehabt, gleich in der ersten Nacht in Lakewood auf Larham zu stoßen. Offen blieb die Frage, auf welche Weise ich ihm am besten
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